Von der Geschichte zur Gegenwart und Zukunft: Mehrdimensionale Arbeitswelten rund um das "Mare Balticum" / From the Past through the Present to the Future: Multidimensional Labour Diversity around the “Mare Balticum”

Von der Geschichte zur Gegenwart und Zukunft: Mehrdimensionale Arbeitswelten rund um das "Mare Balticum" / From the Past through the Present to the Future: Multidimensional Labour Diversity around the “Mare Balticum”

Veranstalter
Helmut Schmidt Universität in Zusammenarbeit mit dem Hanse-Parlament und dem Haus Rissen. Internationales Institut für Politik und Wirtschaft
Veranstaltungsort
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.10.2006 - 14.10.2006
Deadline
31.01.2006
Website
Von
PD Dr. Burghart Schmidt

Von der Geschichte zur Gegenwart und Zukunft: Mehrdimensionale
Arbeitswelten rund um das „Mare Balticum“

Call for papers
Die Helmut Schmidt Universität (Universität der Bundeswehr) veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Hanseparlament vom 12.-14. Okt. 2006 in Hamburg eine Tagung zum Thema:
Von der Geschichte zur Gegenwart und Zukunft: Mehrdimensionale Arbeitswelten rund um das „Mare Balticum“.
Mehrdimensionale Arbeitswelten gab es in der Antike, im Mittelalter, in der Frühen Neuzeit, es gibt sie noch heute und es wird sie auch zukünftig geben, wenn auch in veränderter Form. Ihren Ursprung finden Arbeitsverhältnisse, in denen eine einzelne Person mehrere Tätigkeiten gleichzeitig oder in wechselnden Abständen ausübte, in den geographischen und klimatischen Besonderheiten der natürlichen Umgebung, in der saisonalen Begrenzung der Arbeitsmöglichkeiten im Bereich der Schifffahrt und des Fischfangs, in der Landwirtschaft oder der von ihr abhängigen industriellen Produktion, im Bauhandwerk oder anderen Bereichen, heute insbesondere auch im Tourismus. Ihren Ursprung finden mehrdimensionale Arbeitswelten dieser Art auch in der ökonomischen und sozialen Differenzierung der Gesellschaft, die eine Arbeit in verschiedenen Berufsfeldern entweder überlebensnotwendig machte oder als Perspektive zusätzlicher Gewinnmöglichkeiten darstellte. Während die sozial schlechter gestellten Gesellschaftsschichten, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft, des Handwerks oder der Dienstleistungen vielfach darauf angewiesen waren, mehreren Berufen gleichzeitig nachzugehen und daraus manchmal auch eine Möglichkeit sozialen Aufstiegs ableiteten, nutzten die besser gestellten sozialen Schichten die Möglichkeit, mehrere Berufe gleichzeitig auszuüben, als Chance der Gewinnsteigerung oder der persönlichen Entfaltung. Auch wenn in der historischen Forschung – vor allem quellenbedingt – meistens einzelne Berufsfelder und Tätigkeiten im Vordergrund der Analyse stehen, gehörte die Mehrdimensionalität der Arbeitswelt zu den realen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen tatsächlicher ökonomischer und sozialer Entwicklung über weite Strecken der mittelalterlichen, frühneuzeitlichen und neueren Geschichte.

Mit dem Zeitalter der Industrialisierung sollten sich diese Bedingungen zwischenzeitlich verändern. Die Entstehung neuer, aus dem industriellen Produktionsprozess folgender sozialer Gegensätze, eine Erosion traditioneller Wert- und Gesellschaftssysteme, eine extreme Arbeitsteilung, der Verlust an Ganzheitlichkeit und Überschaubarkeit, die verstärkte Herausbildung von Spezialisten, die Unterdrückung von Bedürfnissen und Werthaltungen durch zentralisierte Machtstrukturen, eine zunehmende Fremdbestimmung, ein Rückgang der selbständigen Tätigkeit und Eigenverantwortung sowie die Herausbildung von eindimensionalen Erwerbstätigkeiten seien beispielhaft genannt, langfristig auch die Verfestigung der ungleichmäßigen Entwicklung industrieller Sektoren sowie der Industrieländer und der Entwicklungsländer. Betrachtet man dieses Zeitalter ausschließlich unter makroökonomischen Gesichtspunkten der Kapitalbildungs- und Wachstumsprozesse, waren die positiven Begleitumstände dieser Entwicklung unverkennbar. Bezieht man auch die kulturellen und gesellschaftlichen Voraussetzungen und die sozial- und geistesgeschichtlichen Begleitumstände und Folgeerscheinungen ein, fällt die Bilanz deutlich differenzierter aus.

Sicher erscheint, dass diese Epoche überwiegend eindimensionaler Arbeitswelten gegenwärtig in der Auflösung begriffen zu sein scheint und wir am Anfang einer grundsätzlich neuen Entwicklung stehen. So wie in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in keiner Weise abzusehen war, wie die Arbeitswelten der hochindustrialisierten Gesellschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts aussehen würden, so sind wir heute kaum in der Lage uns vorzustellen, wie die Arbeitswelten des Jahres 2100 im Kontext von Automatisierung, Computerisierung und Informatisierung beschaffen sein werden. Die Mehrdimensionalität von Aufgaben, Beschäftigungsverhältnissen, Erwerbs- und Einkommens-quellen scheint sich jedoch abzuzeichnen, was einen Vergleich mit vergangenen Welten nahe legt.

Im Zusammenhang mit der anstehenden Umgestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, im Hinblick auch auf das Selbstverständnis des Menschen, seine Menschenrechte und seine Menschenwürde, im Hinblick auf politische Mitgestaltungsansprüche und konkrete Arbeitsbedingungen und
-perspektiven stehen wir vor großen Herausforderungen. Wollen wir diese Zukunft nicht erleiden, sondern bewusst gestalten und beeinflussen, kann ein historischer Rückblick auf die Arbeitswelten vergangener Zeiten hilfreiche Anregungen und Hinweise für die Zukunft geben. Drei Schwerpunktfragestellungen sollen deshalb im Zentrum der Tagung stehen, die sich im wesentlichen auf den Raum der Ostseeanrainerstaaten konzentrieren wird:

- Geschichte als Orientierung:
Wir wollen uns mit den mehrdimensionalen Arbeitswelten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit in der Landwirtschaft, im Handwerk, Gewerbe und Handel befassen und die daraus entstehenden Vor- und Nachteile thematisieren (Fragen nach der Verschiedenartigkeit der Einkommensquellen und der Größe der Wirtschaftseinheiten, nach den Mischformen aus selbständiger und abhängiger Beschäftigung, nach der Ganzheitlichkeit und Eigenverantwortung, nach der sozialen, geographischen, produkttechnischen und kulturellen Differenzierung bestehender Arbeitswelten und der Notwendigkeit ihres Bestehens, etc.).

- Die Gegenwart als Bestandsaufnahme:
Wir wollen eine Bestandsaufnahme mehrdimensionaler Arbeitswelten in der Gegenwart rund um das „Mare Balticum“ vornehmen und dabei ökonomische, soziale, arbeitsrechtliche Faktoren genauso einbeziehen wie Fragen nach der Mobilität, Qualifikation, Eigenverantwortung und Selbständigkeit. Auch die „Schattenwirtschaft“ und das Spannungsfeld von „legaler“ und „illegaler“ Beschäftigung sollen hinterfragt werden.

- Zukunftschancen und -risiken:
Wir wollen schließlich versuchen, auf der Grundlage der gewonnenen historischen Erkenntnisse Lösungsansätze und Denkmodelle zu entwickeln, die die veränderten Rahmenbedingungen des technologischen Fortschritts und der Globalisierung berücksichtigen und nach der Gestaltung künftiger Arbeitswelten fragen (Neuentwicklung mehrdimensionaler Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle, variierende Erwerbstätigkeiten und Einkommensbezüge, Rückverlagerung optimaler Betriebsgrößen, Zunahme betrieblicher Mischformen, stärkere Dezentralisierung und höhere Selbstbestimmung der Arbeitswelt, Veränderung bestehender Machtstrukturen und Hierarchien, Wertewandel, etc.). Dabei sollen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken aufgezeigt und analysiert werden, die über das Ökonomische hinausgehen. Auch hier kann nämlich das Nachdenken über die Vergangenheit zu einem besseren Verständnis von Gegenwart und Zukunft beitragen.
Konkret geplant sind die folgenden fünf Sektionen:

- Mehrdimensionale Arbeitswelten im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit
(die Ausübung verschiedener Erwerbstätigkeiten gleichzeitig: Handwerk, Landwirtschaft, ehrliches, unehrliches Gewerbe, etc. – Besonderheiten einzelner Ostseeanrainerstaaten und einzelner Regionen (Küstenbewohner, etc.) – Saisonale Faktoren (Jahreszeiten))

- Mehrdimensionale Arbeitswelten als Folge ökonomischer und sozialer Notwendigkeit
(die Ausübung verschiedener Erwerbstätigkeiten gleichzeitig zur Sicherung des Lebensunterhaltes aus sozialer Notwendigkeit heraus (z. B. Handwerker, Fischer, Bauer, etc.) (Beispiele aus dem Mittelalter, der Frühen Neuzeit, der Gegenwart und Zukunft)

- Mehrdimensionale Arbeitswelten als Chance
(die Ausübung verschiedener Erwerbstätigkeiten gleichzeitig aus persönlichen Gründen oder statusbedingt (Identität, Gewinnsteigerung, etc.) (z. B. Ratsherr, Schiffsmakler, Reeder, Kaufmann, Jurist, etc.) (Beispiele aus dem Mittelalter, der Frühen Neuzeit, der Gegenwart und Zukunft)

- Mehrdimensionale Arbeitswelten und die Industrialisierung / Technisierung
(Das Zeitalter der Industrialisierung als Ende mehrdimensionaler Arbeitsformen?) (Chronologische Zäsuren?) (Veränderte mehrdimensionale Arbeitsformen im Zeitalter der Industrialisierung – Geschlechtsspezifische Unterschiede?)

- Mehrdimensionale Arbeitswelten in der Zukunft
(Mehrdimensionale Arbeitswelten als Antwort auf die technologische Revolution und Globalisierung (Informations- und Kommunikationstechnologie, PC, Roboter, etc. – Personalisierung der Arbeitswelt, Flexibilität, Identitätsverlust?, etc.)

Formales:
Kurzvorstellungen möglicher Vorträge zu einer der Sektionen oder einem der Schwerpunktbereiche sollen in Form von kurzen Abstracts (deutsch oder englisch / 2000-3000 Zeichen) bis zum 31. Jan. 2006 an folgende Adresse gesendet werden:

PD Dr. Burghart Schmidt / Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg / Hol-stenhofweg 85 / D-22043 Hamburg / email: Burghart.Schmidt@hsu-hh.de

Die ausgewählten Referenten werden von den Organisatoren zur Tagung nach Hamburg eingeladen, wobei die Reise- und Unterbringungskosten übernommen werden können. Die Vorträge sollen in deutscher oder englischer Sprache gehalten werden. Die ausgearbeiteten schriftlichen Beiträge müssen bis zum Tagungsbeginn bei den Veranstaltern eingereicht werden.

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From the Past through the Present to the Future: Multidimensional Labour Diversity around the “Mare Balticum”

Call for papers
The Helmut Schmidt University in cooperation with the Haus Rissen – International Institute for Poli-tics and Economics – and the Hanse-Parlament are organising in Hamburg from 12.-14.10.2006 a convention with the subject:
From the Past through the Present to the Future: Multidimensional Labour Diversity around the “Mare Balticum”.

Multidimensional Labour Diversity was present in Ancient History, the Middle Ages, and Early Modern History, it exists today and will exist in the future, even if in another form. Its origins can be found in the particular climate and geography of the natural surroundings, in the seasonal constraints on labour possibilities in Shipping and Fishing, in Agriculture or the productivity in its dependant industry, in Masonry and other building trades and other areas, today Tourism is of special importance. Its origins can also be found in the economical and social differentiation in society that make working in different fields attractive either simply to survive or as a perspective for additional profit. While the lower classes, in particular those involved in Agriculture, Hand Crafts or the Service Industry where repeatedly advised to follow more than one trade to possibly achieve an improvement of their social position, it is the socially advantaged that utilize the opportunities offered by following more than one “career” as a better way to improve their chances for profit. Even if in historical research – especially concerning source material – mostly individual occupations and forms of employment are presented at the forefront of the analysis, Multidimensional Labour Diversity belongs to the real circumstances and conditions of actual economic and social development over large periods of the Middle Ages, Early Modern and Modern History.

With the Age of Industrialisation this situation had briefly changed. Through the advent of new, from the industrial production process derived social opposites, an erosion of traditional values and social structure, an extreme distribution of labour, the loss of entirety and overview, the amplified creation of specialists, the suppression of personal requirements and ethics through centralised power structures, an increased acceptance of external counsel, a deterioration of self-employed labour and self responsi-bility as well as the consequential creation of one-dimensional occupations (with many examples), also the long term solidification of the dissimilar development of industrial sectors in industrial as well as developing countries. Observing this time period merely from a capital gain, economic growth process, “macro economic” point of view, the positive accompanying circumstances of this development are unrecognisable. When one includes the cultural and social circumstances, and the accompanying historical social and philosophical conditions and consequential results, the balance looks distinctly different.

What seems certain is that this era of singular employment appears to be currently in dissipation and that we are at the beginning of a completely new development in employment structures. As in the first decades of the 18th century it was impossible to foresee how the employment structures of the highly industrialised societies of the end of the 20. century would look like, we today are barely capable of imagining how the employment structures of the year 2100 in the context of automation, computerisation and information technology shall appear. The multidimensional application of tasks, occupational relationships, employment and income sources seems to prove itself worthy of comparison with previous worlds.

In combination with the continuing alteration of the economic structure, and in view of the selfish expectance of humanity, human rights and human dignity, political demand for influence and control, stable working conditions and career opportunities, we stand before a very large challenge. If we do not want to suffer our future, but instead, consciously form and influence it a historical retrospective in relation to the labour diversity of the past can give helpful suggestions and indications for the future. Therefore three main points are central to the Convention that concentrate principally around the neighbouring states of the Baltic Sea:

- Historical Events as Orientation:
We wish to concentrate on the theme of Multidimensional Labour Diversity during the Middle Ages and Early Modern, in Agriculture, Hand Crafts, Commerce and Trade, and the ensuing positive and negative effects (questioning the differentiation in income sources and business size, the combination from self-employed and dependant labour, over all control and individual responsibility, about the social, geographical, product orientated and cultural differentiation of existing labour structures and its necessity, etc.).

- The Present as an Inventory:
We wish to take an inventory on the Multidimensional Labour Diversity in the present around the “Mare Balticum” including the economical, social, and employment rights issues, as well as including questions about mobility, qualification, individual responsibility and independence. Also the subject of the “Shadow Economy” and the conflict between “legal” and “illegal” employment should be put to question.

- Future Possibilities and Risks:
We finally would like to attempt to develop, based upon the gained historical knowledge, solutions and strategic models that take into account the transformed economic structures through technological advances and globalisation, and discuss the development of future forms of employment (innovative development of employment forms and structures, variety in employment opportunities and income, optimal retraction of business size, increase in “mixed” business forms, stronger decentralisation and more self determination of employment structures, modification of existing power structures and hierarchies, value transfer, etc.). This should include the identification and analysis not only of the positive chances, but also the risks involved that extend beyond the mere economical. Even here the study of the past can assist a better understanding of the present and future.

Application:

Brief descriptions of possible lectures about one of the main subjects should be sent in the form of Abstracts (German or English / 2000-3000 characters) before the 31.01.2006 to the following address:
PD Dr. Burghart Schmidt / Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg / Hol-stenhofweg 85 / D-22043 Hamburg

e-mail: Burghart.Schmidt@hsu-hh.de

The selected speakers are invited by the regulators to the Convention in Hamburg, inclusive travel and accommodation expenses. The lectures should be held in German or English. The completed lectures must be submitted before Convention begin.

Programm

Kontakt

PD Dr. Burghart Schmidt

Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr HH
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg

Burghart.Schmidt@hsu-hh.de