Der Laizismus in Europa. Zum 100. Jahrestag der Trennung von Staat und Kirche in Frankreich

Der Laizismus in Europa. Zum 100. Jahrestag der Trennung von Staat und Kirche in Frankreich

Veranstalter
Stiftung Genshagen Berlin-Brandenburgisches Institut für Deutsch-Französische Zusammenarbeit in Europa
Veranstaltungsort
Schloss Genshagen, 14974 Genshagen
Ort
Genshagen
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.10.2005 - 29.10.2005
Deadline
20.10.2005
Von
Noémie Kaufman

Am 9. Dezember 2005 wird der einhundertste Jahrestag des französischen Gesetzes zur Trennung von Staat und Kirche gefeiert. Dieses Gesetz kristallisierte sich als Ergebnis aus einer Reihe von juristischen Verordnungen zur Laizisierung des französischen Staates seit der Französischen Revolution heraus. Die daraus entstandenen Prinzipien sind untrennbar mit dem eigenen Selbstverständnis der französischen Republik verbunden. Heute wird die neu entbrannte Debatte um den Laizismus in Frankreich von einer neuen Herausforderung dominiert: dem Sonderfall des Islams. Aus dieser Debatte ist ein neues Gesetz bezüglich des Tragens von religiösen Zeichen in öffentlichen Einrichtungen entstanden, das im März 2004 verabschiedet wurde.

Wenn Deutschland auch kein laizistischer sondern ein säkularisierter Staat ist, der auf eine andere historische Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche zurückblicken kann, so ähnelt die aktuelle hiesige Debatte über das Kopftuchverbot doch der französischen Diskussion. Auch hierzulande betrachteten einige Bundesländer es als notwendig, diese Frage gesetzlich zu klären. Ausgangspunkt der Diskussion war der Wunsch einer Lehramtsbewerberin, im Unterricht das Kopftuch zu tragen. Zwei Positionen, die beide vom Art I,1 des Grundgesetzes geschützt wurden, standen sich dabei gegenüber: einerseits die kopftuchtragende Lehrerin (positive Religionsfreiheit) und andererseits die Schüler und Eltern, die einen Unterricht von einer kopftuchtragenden Lehrerin nicht wünschen (negative Religionsfreiheit). Das aus diesem Streit entstandene Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe vom 24. September 2003 besagt, dass es den für die Gestaltung des Schulwesens verantwortlichen Ländern freisteht, ein Gesetz zum Verbot des Tragens religiöser Zeichen in der Schule zu erlassen. Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland ein solches Verbot erlassen, das am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist. Weitere Bundesländer folgten diesem Beispiel.

Die leidenschaftliche Debatte über den Laizismus, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland, zeigt, wie Religionsfragen unsere Gesellschaft nach wie vor wesentlich prägen und wie stark der Diskussionsbedarf ist.

Programm

Freitag, 28. Oktober 2005

14:00 Begrüßung und Einführung
- Prof. Dr. Rudolf von Thadden, Vorstandsvorsitzender und Direktor des Instituts, Genshagen

14:30 Die Geschichte des Verhältnisses von Staat und Kirche in Deutschland, Frankreich und Polen
- Jean Baubérot, École Pratique des Hautes Études, Paris
- Prof. Dr. Vinzenz Pfnür, Katholisch-theologische Fakultät, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
- Dr. Christian Krause, emeritierter Landesbischof von Braunschweig, Wolfenbüttel
- Dawid Binemann-Zdanowicz, Jurist, Ciechocinek

Moderation: Prof. Dr. Rudolf von Thadden

16:30 Kaffeepause

17:00 Die verschiedenen Positionen im Kopftuchstreit
- Esther Benbassa, Forschungsleiterin Geschichte des modernen Judentums, École Pratique des Hautes Études, Paris
- Prof. Dr. Friedhelm Hufen, Juristische Fakultät, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
- Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz, Bundesverfassungsrichter a. D., Karlsruhe

Moderation: Henri de Bresson, Le Monde, Paris

19:00 Abendessen

20:15 Wie halten wir es mit der Religion heute?
Podiumsdiskussion
- Bernard Stasi, ehemaliger Minister, Paris
- Pierre Joxe, Conseil constitutionnel, Paris
- Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Berlin
- Prof. Dr. Rita Süssmuth, ehemalige Präsidentin des Bundestages, Berlin

Moderation: François Scheer, französischer Botschafter a. D., Paris

Samstag, 29. Oktober 2005

9:00 Nachwort zur Religionsdebatte
- Prof. Dr. Alfred Grosser, Institut d’Études Politiques, Paris

9:15 Der Islam als Herausforderung in der Laizismusdebatte
- Dr. Nikola Tietze, Hamburger Institut für Sozialforschung, Hamburg
- René Rémond, Präsident, Nationale Stiftung für politische Wissenschaften, Paris
- Dr. Lale Akgün, Islambeauftragte der SPD Bundestagsfraktion, Berlin

Moderation: Edith Kresta, die tageszeitung, Berlin

11:00 Kaffeepause

11:30 Die Diskussion zur Präambel der europäischen Verfassung
Podiumsdiskussion
- Olivier Dord, Universität Paris X, Paris
- Jean-Paul Willaime, Direktor, Europäisches Institut für Religionswissenschaften, Paris
- Jan Kułakowski, Mitglied des Europäischen Parlaments, Brüssel
- Prof. Dr. Rudolf von Thadden

Moderation: Jean-Marc Tétaz, Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Lausanne

12:25 Gedanken zum Laizismus – aus Brandenburg
- Prof. Dr. Johanna Wanka, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Potsdam

12:40 Schlusswort
- Prof. Dr. Rudolf von Thadden

Kontakt

Noémie Kaufman

Stiftung Genshagen, Im Schloss
14974 Genshagen
03378-805935
03378-870013
kaufman@stiftung-genshagen.de

www.stiftung-genshagen.de
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