Identitätskonstruktionen für das Ruhrgebiet seit den 1970er-Jahren

Identitätskonstruktionen für das Ruhrgebiet seit den 1970er-Jahren

Veranstalter
Dr. Sarah Thieme, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Jun.-Prof. Dr. Juliane Czierpka, Ruhr-Universität Bochum; Jun.-Prof. Dr. Florian Bock, Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltungsort
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
23.09.2021 - 25.09.2021
Deadline
31.08.2020
Website
Von
Sarah Thieme

Auch im zweiten Jahr nach der Schließung der letzten Zeche im Ruhrgebiet und einem guten halben Jahrhundert Strukturwandel ist der Steinkohlenbergbau in der Region allgegenwärtig. Neben einer Vielzahl von Industriedenkmälern erinnern im Ruhrgebiet zahlreiche weitere materielle und immaterielle Hinterlassenschaften, aber auch verschiedenste an die lokale Geschichte angelehnte Alltags- und Konsumartikel an die montanindustrielle Vergangenheit der Region. Nudeln in Form eines Fördergerüsts sind ebenso im Handel zu finden wie Quietscheentchen im Bergmannsoutfit oder schwarze Kumpel-Seife in Form eines Kohlestücks. In zahlreichen Dokumentationen und Publikationen wird an die Vergangenheit des Reviers erinnert und nicht nur Politiker stilisieren sich gern als Teil der Gruppe hart arbeitender, einfacher und ehrlicher Menschen, die die Region groß gemacht haben und deren Tugenden in der Erinnerung an die Blütezeit der Region weitergetragen werden.
Soweit der oberflächliche Blick auf die regionale Folklore, die bestimmte Ideen einer gemeinsamen regionalen Identität vermittelt. Doch schaut man genauer hin, bleibt die Identität des Ruhrgebietes und seiner Bewohner/innen jenseits der Stereotype von Schimanski und Pommes-Currywurst merkwürdig unbestimmt. Es scheint als habe der schrumpfende traditionelle montanindustrielle Führungssektor hier ein Vakuum hinterlassen, das von der folkloristischen Hülle umschlossen wird. Wir möchten in einem Workshop nach der Existenz von Identitäten abseits von Bergbau und Stahlindustrie fragen. Hierbei soll die Konstruktion der vordergründig sichtbaren und der versteckten Identitäten im Ruhrgebiet untersucht und die Entstehung vor dem Hintergrund des Strukturwandels seit den 1970er Jahren kontextualisiert werden.

Die nachfolgenden Themenkomplexe und Fragestellungen, vor allem in Hinblick auf Brüche und Kontinuitäten, Motive und Konflikte, stehen im Fokus unseres Interesses:

Das Ruhrgebiet als Region
Was hielt bzw. hält die Städte des Ruhrgebietes zusammen? Wie gestalteten sich Formen regionalen Bewusstseins seit der De-Industrialisierung? Welche Definition der Region liegt den verschiedenen Identitätskonstrukten zugrunde? Auf Basis welcher Kriterien erfolgt die Abgrenzung der Region? Wie verändert sich die Definition der Region seit den 1970er Jahren?

Identitäten und Narrative
Welche Narrative stützen die Identitätsentwürfe für ein Ruhrgebiet? In welchem Verhältnis stehen Narrative und Identitätsentwürfe? Welche Narrative werden von verschiedenen Akteursgruppen geteilt oder übernommen und warum? Welche Konflikte zwischen verschiedenen Narrativen oder Identitätsentwürfen lassen sich identifizieren? Wie wird mit konkurrierenden Identitätsentwürfen umgegangen?

Akteur/innen
Welche Akteur/innen (etwa aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Politik, Gewerkschaften, Unternehmen, Religionsgemeinschaften, Medien, Tourismus und Kultur) brachten sich mit ihren Identitätsentwürfen für die Region in den Diskurs ein und warum? Mit welchen Mitteln versuchten sie ihre Ideen vom Ruhrgebiet zu vermitteln und möglicherweise das Bild der Region zu verändern? Unterschieden sich die Identitätsentwürfe innerhalb einer Akteursgruppe (z. B. Gewerkschaften) zwischen verschiedenen Instanzen dieser Gruppe (z. B. IG Metall vs. DGB)? Lassen sich hier parteipolitische Variationen identifizieren? Welche Auswirkung hatten Regierungswechsel auf die Identitätsentwürfe?

Außenansicht
Decken sich die in der Region konstruierten und verbreiteten Identitäten mit der Außensicht auf das Ruhrgebiet? Welchen Einfluss hatte die Sicht von außen auf die Selbstwahrnehmung innerhalb der Region?

Ähnlich dem Potsdamer Forum Neue Zeitgeschichte (ZZF) möchten wir diesen Workshop „bottom up“ aufziehen. Das heißt, es wird von den Organisator/innen außer der zeitlichen Fokussierung seit den 1970er-Jahren und der lokalen Beschränkung auf das Ruhrgebiet keine weiteren inhaltlichen Vorgaben geben. Der Identitätsbegriff beispielsweise wird nicht vordefiniert, vielmehr legen wir zunächst ein recht offenes Verständnis von „Identität“ zugrunde und erhoffen uns von der Veranstaltung grundsätzliche Einsichten in Identitätskonstruktionen an der Ruhr seit den 1970ern.

Der Workshop ist auf maximal 30 Personen ausgelegt, um einen intensiven kollegialen Austausch zu ermöglichen. Besonders freuen wir uns über Beiträge von Nachwuchswissenschaftler/innen, zumal der Workshop eine Vernetzungsmöglichkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs darstellen soll. Auf einen traditionellen Tagungsablauf wird verzichtet. Stattdessen entwickeln die Organisator/innen auf der Grundlage der eingereichten Paper Forschungsthesen, die an die Teilnehmenden zurückgesandt werden. Während des Workshops sind die Referierenden dann gebeten, auf der Grundlage ihres eigenen Themas zu diesen Thesen Stellung zu nehmen. Dafür sind pro Teilnehmenden 45 Minuten (inkl. Diskussion) vorgesehen. Die Präsentation sollte präzise gehalten werden, um möglichst viel Raum für die Diskussion zu lassen.
Die Veranstalter/innen bemühen sich um eine Finanzierung, durch welche die Reisekosten sowie die Verpflegungs- und Übernachtungskosten der Referent/innen übernommen werden können. Bitte senden Sie Ihr Paper, das zwischen 200 und 400 Wörter (inkl. Leerzeichen) enthalten sollte, samt einem kurzen CV bis zum 31. August 2020 an ws-identitaeten-ruhrgebiet-2021@rub.de. Bitte versenden Sie Ihre Unterlagen in einer pdf-Datei.
Mit einer Rückmeldung auf Ihren Paper-Vorschlag ist bis Ende September zu rechnen.

Programm

Kontakt

Sarah Thieme

Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Exzellenzcluster »Religion und Politik«

sarah.thieme@uni-muenster.de


Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung