Kontinuität und Wandel: Neue Ansätze zur Buchgeschichte der Habsburgermonarchie im langen 18. Jahrhundert

Kontinuität und Wandel: Neue Ansätze zur Buchgeschichte der Habsburgermonarchie im langen 18. Jahrhundert

Veranstalter
PD Dr. Thomas Wallnig und Dr. Mona Garloff, Österreichische Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts (OGE18) / Universität Wien
Veranstaltungsort
Universität Wien, Institut für Geschichte
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
26.11.2020 - 27.11.2020
Deadline
15.05.2020
Website
Von
Mona Garloff

Kontinuität und Wandel: Neue Ansätze zur Buchgeschichte der Habsburgermonarchie im langen 18. Jahrhundert

[For an English Version see below]

Der Workshop widmet sich der Geschichte des Buchhandels in der Habsburgermonarchie im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert. In der Buchgeschichte wird die Mitte des 18. Jahrhunderts bis heute als Zäsur betrachtet: Mit ihr wird im Fortschrittsnarrativ fortlaufend die Entstehung des modernen Buchhandels angesetzt, die damit von den Entwicklungen vorausgegangener Jahrzehnte getrennt wird. Tatsächlich erscheint es jedoch notwendig, die Entstehung des (modernen) Großverlages seit den 1680er Jahren mit der Buchhandelsgeschichte des späteren 18. Jahrhunderts in engeren Bezug zu setzen. Häufig ist die Wahrnehmung von Umbrüchen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit einer Englenkung auf den Buchhandel der Leipziger Messe verknüpft, womit der mitteldeutschen-protestantischen, aufklärungsorientierten Literaturproduktion eine überhöhte Rolle zugeschrieben wird. Es geht darum, die Eigengesetzlichkeiten einer auf den Süden und Südosten des Heiligen Römischen Reichs ausgerichteten, in weiten Teilen katholischen Buchproduktion zu verstehen, die lange vor Johann Thomas Trattner den Büchernachdruck perfektioniert hatte und an der gleichwertig protestantische Verlagshäuser partizipierten. Für eine angemessene Betrachtung des Buchmarkts ist es notwendig, von der Fokussierung auf ein Corpus der Aufklärungsliteratur abzurücken und das Angebot in seiner ganzen Breite mit Großauflagen von Gebets- und Erbauungsbüchern, Predigten, Ratgeberliteratur, volkstümlichen Werken, Gelegenheitsdrucken sowie Kalendern in den Blick zu nehmen.
Ebenfalls muss die Bedeutung der Reformpolitik Maria Theresias für den Buchhandel des 18. Jahrhunderts stärker aus einer Rückbindung an Reformansätze früherer Jahrzehnte bemessen werden, etwa was die wirtschaftspolitische Steuerung des Gewerbes oder Versuche einer institutionellen Vereinheitlichung der Zensur betreffen. Ebenfalls ist es in vielen Fällen angebracht, die Etablierung von Verlegerdynastien nicht erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts, sondern in generationsübergreifender Perspektive zum Zeitpunkt ihrer Begründung um die Jahrhundertwende zu verfolgen und beispielsweise die längerfristige Integrationsgeschichte auswärtiger Händler in städtische Märkte zu betrachten.
Der Workshop soll die bislang stark nationalstaatlich geprägte Perspektive der Buchforschung öffnen und eine raumübergreifende Erschließung von Handelsstrukturen, Buchmärkten und ihren Akteuren sowie der Rezipienten-Seite leisten. Es geht ferner darum, die Geschichte des Buchhandels in den unterschiedlichen Territorien der Habsburgermonarchie gemeinsam zu betrachten und Verbindungen (und Unterschiede) über Distributionsnetzwerke, Filialgründungen, Verkaufspraktiken und Märkte sowie einen Abgleich des Buchangebots herauszuarbeiten.
Der Workshop möchte in der longue durée Kontinuitäten und Zäsuren in der Buchgeschichte der Habsburgermonarchie seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert diskutieren und explizit Entwicklungen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Verbindung zu vorausgegangenen Jahrzehnten setzen. Zentrale Themenfelder sind dabei: Akteure des Buchhandels in der Habsburgermonarchie (intergenerationelle Firmengeschichte, geschlechtergeschichtliche Perspektiven, Rollenbilder des Buchhändlers im Wandel), Distributionsnetzwerke im Regional- und Fernhandel, offizielle Märkte und sekundäre Vertriebswege (Kolportagehandel, Privatauktionen), institutions- und wirtschaftsgeschichtliche Perspektiven (obrigkeitliche Steuerung des Buchhandels, Zensurpolitik), Kundenakquise und Buchwerbung, Bibliotheksgeschichte und Buchbesitz, Genres des Buchmarkts und Leseverhalten.
Der Workshop umfasst in mehreren thematisch gegliederten Sektionen jeweils 20-30 minütige inhaltlich breit angelegte Impulsvorträge (Englisch oder Deutsch), nach denen die Sektionen mit einer Diskussionsrunde abschließen.
Der internationale Call for Paper richtet sich besonders an NachwuchswissenschaftlerInnen (aktuelle Master- und Promotionsprojekte) und Forschungsprojekte aus dem Bibliotheks- und Archivbereich. Der Workshop ermöglicht einen disziplinübergreifenden Austausch zwischen Geschichts-, Literatur- und Buchwissenschaften und führt unterschiedliche methodische Herangehensweisen (Forschungen zur materiellen Kultur, Raumgeschichte, Digital History u.a.) zusammen. Die Veranstaltung ist als interdisziplinäre, internationale Vernetzungsplattform für eine längerfristige Arbeitsgruppe zum Buchhandel des 18. Jahrhunderts angelegt.
Derzeitige Programmplanung: Beginn Donnerstag, 26.11. Mittag, bis Freitag, 27.11. Nachmittag. Im Anschluss (27.11.) findet abends der „Tag des 18. Jahrhunderts“ der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts (OGE18) statt.
Reise- und Übernachtungskosten können bei fehlender Eigenfinanzierung auf Antrag anteilig unterstützt werden. Bitte senden Sie Ihre Abstracts zu Vorträgen (Englisch oder Deutsch) im Umfang von 1.500 Zeichen bis 15. Mai an PD Dr. Thomas Wallnig (thomas.wallnig@univie.ac.at).

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Workshop: Continuity and Change: New Perspectives on Book History in the Habsburg Monarchy during the long 18th Century

Organisers: PD Dr. Thomas Wallnig and Dr. Mona Garloff (Austrian Society for Eighteenth Century Studies (OGE18) / University of Vienna)

Location: Vienna

Venue: University of Vienna, Department of History

Dates: 26th-27th November 2020

Deadline for Papers: 15th May 2020

This workshop is dedicated to the history of the book trade in the Habsburg Monarchy in the late 17th and 18th centuries. In book history, the middle of the 18th century is regarded a turning point: Here, the modern book trade is considered to have begun, setting it apart from the developments in previous centuries. It is worthwhile to place the establishment of the (modern) major publishing house, as it occurred since the 1680’s, in the context of the history of the book trade in the later 18th century. Frequently, the changes in the second half of the 18th century are examined in their repercussions on the book trade with a focus on the Leipzig Fair, which places too much emphasis on the central German, protestant, Enlightenment-oriented production of literature. We will try to understand, instead, the entelechy of the predominantly catholic book production, which centres on the South and Southeast of the Holy Roman Empire. Long before Johann Thomas Trattner, catholic publishers had already perfected the reprinting process of books, and this was taken on board by protestant publishing houses, as well. For an appropriate evaluation of the book market, it is necessary to move away from the exclusive focus on the body of Enlightenment literature, and take the entire offer of publications into account, including the large print runs of prayer and devotional books, sermons, advice books, folkloristic works and calendars, as well. The importance of the reform policies of Maria Theresia for the book trade in the 18th century must be considered as a continuation of reform attempts in earlier decades, such as the economic policy for the direction of trade, or efforts to unify censorship. It also makes sense to take a broader, inter-generational perspective on the establishment of publishing dynasties, examining them not only after 1750, but from the point of their foundation around the beginning of the century. In this context, it is also worth exploring the long-term integration of foreign traders in the respective city markets.
This workshop intends to extend research into book history from the previous focus on nation states to a cross-regional analysis of commercial structures, book markets and their actors as well as the customers. We are also interested in connecting the history of the book trade in the various territories of the Habsburg Monarchy with each other, taking a closer look at connections (and differences) between distribution networks, the setting up of stores, sales practises and markets, as well as a comparison of the books on offer.
Our workshop will provide a framework for discussing of the continuities and upheavals in book history since the late 17th century, emphasising the connection to developments in the second half of the 18th century. Key topics include: actors in the book trade of the Habsburg Monarchy (inter-generational company history, historical gender perspectives, the changing roles of the book trader), distribution networks in the regional and long-distance trade, official markets and secondary distribution channels (book peddling, private auctions), perspectives from individual institutions and economic history (governmental directing of the book trade, censorship policy), customer acquisition and advertising, library history and book ownership, categories of the book market and reading habits.
We especially encourage papers relating to librarian and archivist work and current MA and PhD projects. Our workshop will enable an interdisciplinary exchange between History, Literary and Book Studies, bringing different methodical approaches together (research on material culture, spatial history, digital history, etc.). The idea behind our event is to provide an interdisciplinary, international networking platform for a long-term working group on the book trade in the 18th century.
Current programme: Beginning on Thursday, 26th November noon, until Friday, 27th November afternoon. Following this, on the evening of 27th November, the “Day of the 18th Century” will take place, organized by the Austrian Society for Eighteenth Century Studies (OGE18).
We can offer partial compensation for travel and hotel expenses, if they cannot be covered by the presenter’s home institution. Please send your abstracts (English or German, 1.500 characters) to PD Dr. Thomas Wallnig (thomas.wallnig@univie.ac.at) by 15th May.

Programm

Kontakt

PD Dr. Thomas Wallnig
Institut für Geschichte der Universität Wien
Universitätsring 1
A-1010 Wien
thomas.wallnig@univie.ac.at