32. Internationaler Filmhistorischer Kongress: Dr. Seltsam ODER: Aus den Wolken kommt das Glück. Film zwischen Polit-Komödie und Gesellschafts-Satire

32. Internationaler Filmhistorischer Kongress: Dr. Seltsam ODER: Aus den Wolken kommt das Glück. Film zwischen Polit-Komödie und Gesellschafts-Satire

Veranstalter
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. und Bundesarchiv in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg und dem Kommunalen Kino Metropolis
Veranstaltungsort
Gästehaus der Universität, Rothenbaumchaussee 34, 20148 Hamburg / Metropolis-Kino, Kleine Theaterstr. 10, 20354 Hamburg
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.11.2019 - 24.11.2019
Von
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.

Film im Kraftfeld zwischen Politik, Kritik und Komik ist das Thema des XVI. cinefest. Zu erkunden ist die Spannweite eines unterhaltsamen Genres und die fließenden Grenzen zu Lustspiel und ernsthafter Auseinandersetzung.

»Was darf die Satire?« fragte Kurt Tucholsky und kam zu dem Ergebnis »Alles«. Eine pauschale und provokative Antwort, die in der Filmgeschichte nicht immer galt. Dass diese Frage im Medium Film immer wieder gesellschaftlich und politisch verhandelt wurde, zeigen die Vorträge des 32. Internationalen Filmhistorischen Kongresses.
»Keine Angst vor Autoritäten« bewies der Autor des mehrfach verfilmten Romans »Der Maulkorb«. Michael Töteberg untersucht Satire im Nationalsozialismus anhand des Falls Heinrich Spoerl. Ebenfalls auf einer Literaturvorlage – diesmal von Heinrich Mann (1918) – basiert Wolfgang Staudtes DER UNTERTAN – eine Satire auf den Mief des Kleinbürgertums der Wilhelminischen Ära. Karl Griep stellt eine »Vergleichende Betrachtung von Satire im Medienübergang« anhand von Roman und Film an. Theo Lingen zeigt in HIN UND HER (AT 1947) als Peter Vogel Einfallsreichtum im Kampf gegen die Bürokratie. Heike Klapdor spricht über »Den Künstler und die Lächerlichkeit der Autoritäten« in dem kaum bekannten Nachkriegsfilm mit und von Theo Lingen.
Dem Verhältnis von Politik, Film und Satire in den 1950er Jahren geht Sandra Nuy in ihrem Vortrag »Wer Sorgen hat, hat auch Likör« nach. Mit welchen Metaphern und Sinnbildern der Kalte Krieg Einzug in satirischen Filmen und Wochenschauen fand, wird von Sigrun Lehnert untersucht.
In der DDR polemisierten die Stacheltier-Kurzfilme gegen NATO und BRD oder boten durch (sanfte) Kritik an Missständen ein Ventil. F. B. Habel beschäftigt sich mit der Kurzfilm-Serie der DEFA und deren Bemühungen um das Lachen im Kino der 1950er Jahre. Dass im Sozialismus nicht alles geduldet wurde, zeigt Tereza Dvořáková anhand von satirischen Studentenfilmen der FAMU aus den 1970er und 1980er Jahren.
Einen selbstreflexiven Blick auf das Medium Film wirft das Panel zur Mediensatire. Werner Barg betrachtet »Medienkritik als politische Satire in BEING THERE (Hal Ashby, 1979) und WAG THE DOG (Barry Levinson, 1997)«, während sich Markus Kuhn mit »Robert Altmans THE PLAYER als satirische Abrechnung mit der Filmindustrie« beschäftigt.
Im Filmgeschäft ist die sprachliche Transformation ein wichtiger Faktor für die internationale Vermarktung. Insbesondere in der Satire ist der Sprachwitz elementarer Bestandteil. Der Herausforderung, diesen auch in Synchronfassungen zu erhalten, stellte sich Stanley Kubrick bei der Produktion von seiner Kalte-Kriegs-Satire DR. STRANGELOVE OR: HOW I LEARNED TO STOP WORRYING AND LOVE THE BOMB (GB/US 1964). Nils Daniel Peiler untersucht Kubricks akribische Verfahrensweise anhand der deutschen Synchronfassung DR. SELTSAM ODER: WIE ICH LERNTE, DIE BOMBE ZU LIEBEN. Dass in ANIMAL FARM (GB 1951-54, John Halas, Joy Batchelor) viel mehr steckt als eine Animation in Technicolor, ist hinlänglich bekannt. Was auf den ersten Blick als »harmloser« Kinderfilm daherkommen mag, war politisch hoch brisant; Julian Petley spricht darüber, inwieweit die CIA in die Anti-Kommunismus-Satire involviert war.
Die politische und gesellschaftliche Situation hat sich seitdem stark verändert. Der Frage »Wie funktioniert Satire heute?« widmen sich die beiden abschließenden Vorträge. François Danckaert hinterfragt David Wnendts ER IST WIEDER DA (2015) als »Trendiger Hitler-Ulk oder politischer Weckruf?« und Judith Ellenbürger stellt mit Simmel und Diogenes einen Versuch über »Zynismus in der Finanzsatire« vor.

Der 32. Internationale Filmhistorische Kongress ist integraler Bestandteil des XVI. cinefest – Internationales Festival des deutschen Film-Erbes (16. – 24.11.). Er wird am Abend des 20.11.2019 im Metropolis-Kino eröffnet. Während der Veranstaltung werden auch die Willy Haas-Preise für eine bedeutende internationale Publikation (Buch und DVD) verliehen. Die Vorträge des Kongresses finden vom 21. – 23.11., jeweils von 9.30 – 16.00 Uhr, im Gästehaus der Universität statt. Referenten und Teilnehmer aus dem In- und Ausland vertiefen in Vorträgen und Diskussionen (Kongress-Sprachen: Deutsch oder Englisch) das Thema des Festivals in sechs thematisch abgestimmten Panels. Ab 17.00 Uhr laufen im Metropolis-Kino die Filmvorführungen, die die Vorträge ergänzen.
Die Vorträge des Kongresses werden in überarbeiteter Form in einem CineGraph Buch im Verlag edition text+kritik veröffentlicht.

Für die Teilnahme am Kongress ist eine vorherige Akkreditierung erforderlich.
Anmeldung: https://www.cinefest.de/d/akkreditierung.php
Weitere Informationen auch unter: https://www.cinefest.de/d/pro_uebersicht.php

Programmänderungen vorbehalten. Sie finden das aktuelle Programm für Festival und Kongress auf www.cinefest.de

Programm

Mittwoch, 20. November 2019

Metropolis-Kino (Kleine Theaterstr. 10)

16:30
Prípad Barnabáš Kos (CS(SK) 1964, Peter Solan), 88 min. OmU
Einführung: Rastislav Steranka

19:00
Kongress-Eröffnung mit Gästen und Verleihung der Willy Haas-Preise
Eröffnungsfilm:
Hin und her (AT 1947, Theo Lingen) 85 min.
Einführung: Heike Klapdor
Anschließend Eröffnungsparty

Donnerstag, 21. November 2019

Gästehaus der Universität (Rothenbaumchaussee 34)

09:30
Begrüßung

10:00 – 12:40
Panel 1: KEINE ANGST VOR AUTORITÄTEN
Michael Töteberg, Hamburg: Ein Maulkorb für den Führer. Satire im »Dritten Reich«: Der Fall Heinrich Spoerl
Karl Griep, Berlin: Der Untertan – Roman und Film. Vergleichende Betrachtung von Satire im Medienübergang
Heike Klapdor, Berlin: »Mein Schicksal ist romantisch«. Der Künstler und die Lächerlichkeit der Autoritäten. HIN UND HER (AT 1947)

14:15 – 16:00
Panel 2: WIRTSCHAFTSWUNDER UND KALTER KRIEG
Sandra Nuy, Siegen: »Wer Sorgen hat, hat auch Likör«. Zum Verhältnis von Politik, Film und Satire in den 1950er Jahren
Sigrun Lehnert, Hamburg: Genosse Münchhausen, der Augenzeuge und der Kalte Krieg

Metropolis-Kino

14:30
Land der Liebe (D 1937, Reinhold Schünzel) 90 min.

17:00
Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow (DDR 1972/73, Siegfried Kühn), 90 min.
Gast: Siegfried Kühn

19:30
Der Maulkorb (BRD 1958, Wolfgang Staudte), 95 min.
Einführung: Michael Töteberg

21:30
Evžen mezi námi (Evžen unter uns) (CS 1980, Petr Nýdrle), 74 min. OmU
Vorfilm: Nezvaný host (Der ungebetene Gast) (CS 1969, Vlastimil Venclík) 23 min. OmeU
Einführung: Tereza Dvořáková

Freitag, 22. November 2019

Gästehaus der Universität

09:30 – 11:30
Panel 3: SATIRE IM REALEN SOZIALISMUS
F. B. Habel, Berlin: Positive Satire und die gegen den Klassenfeind – Die Bemühungen der DEFA-Kurzfilmreihe »Das Stacheltier« um das Lachen im Kino der fünfziger Jahre
Tereza Dvořáková, Prag: Satire verboten! Satirische Studentenfilme der FAMU aus den 1970er und 1980er Jahren

11:30 – 12:00
Petra Rauschenbach (Bundesarchiv), Berlin: Die Abteilung Filmarchiv des Bundesarchivs. Herausforderungen und Chancen des digitalen Wandels

12:00 – 13:00
CineHop

14:15 – 16:00
Panel 4: MEDIENSATIRE
Werner Barg, Halle: »Ich hab’s im Fernsehen gesehen« – Medienkritik als politische Satire in BEEING THERE (Hal Ashby, 1979) und WAG THE DOG (Barry Levinson, 1997)
Markus Kuhn, Kiel: »In Hollywood, it’s not who you know, it’s who you kill.« Robert Altmans THE PLAYER als satirische Abrechnung mit der Filmindustrie

Metropolis-Kino

17:00
Stacheln und Sticheln – Das Stacheltier. DEFA-Kurzfilme 1953-1964. ca. 95 min.
Einführung: Ralf Schenk

19:00
Mein Sohn, der Herr Minister (D 1937, Veit Harlan), 80 min.
Einführung und Diskussion: Jan Distelmeyer

21:15
Moral 63 (BRD 1963, Rolf Thiele), 100min.

Samstag, 23. November 2019

Gästehaus der Universität

09:30 – 11:30
Panel 5: SATIRE MASKIERT
Nils Daniel Peiler, Frankfurt/Main: Dr. Merkwürdigliebe oder: Wie Stanley Kubrick lernte, die Synchronisation zu lieben
Julian Petley, London: Animal Farm Subverted: Orwell and the CIA

13:15 – 15:00
Panel 6: SATIRE HEUTE
François Danckaert, Straßburg: Trendiger Hitler-Ulk oder politischer Weckruf? Bemerkungen zu David Wnendts ER IST WIEDER DA (2015)
Judith Ellenbürger, Hamburg: Mit den eigenen Waffen – Zynismus in der Finanzsatire. Ein Versuch mit Simmel und Diogenes

15:15 – 16:00
Abschlussdiskussion

Metropolis-Kino

17:00
Meine Frau Inge und meine Frau Schmidt (DDR 1983/84, Roland Oehme), 86 min.
Gast: Roland Oehme

19:15
Der Untertan (DDR 1951, Wolfgang Staudte), 109 min.
Vorfilm: Der König in Thule (DDR 1953, Richard Groschopp), 5 min.
Einführung: Karl Griep

21:45
Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (Dr. Seltsam oder Wie ich lernte die Bombe zu lieben (GB 1963/64, Stanley Kubrick), 94 min. OF
Einführung: Nils Daniel Peiler

Sonntag, 24. November 2019

Metropolis-Kino

12:00
Der Herr vom andern Stern (D 1948, Heinz Hilpert), 96 min.

15:00
Chemi bebia / Moâ babuška (Meine Großmutter) (SU(GE) 1929, Kote Mikaberidze), 72 min. Stumm. OmU
Musikbegleitung: Genosse Amtsschimmels Adventure Orchestra
Einführung: Thomas Tode

17:00
Animal Farm (GB 1951-54, John Halas, Joy Batchelor), 72 min. OF
Einführung: Julian Petley

19:00
Die Sendung der Lysistrata (BRD 1960/61, Fritz Kortner), 103 min.
Einführung: Michael Töteberg
Mit freundlicher Unterstützung von Studio Hamburg

21:15
The Player (US 1991/92, Robert Altman), 124 min. OF

Kontakt

Erika Wottrich
Swenja Schiemann

CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.

+49-(0)40-352194
+49-(0)40-345864
kongress@cinegraph.de

http://www.cinefest.de
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