Studienwoche „Sinnliche Zugänge zu symbolischen Orten Vertriebener in Deutschland. Von Erinnerungs- zu transnationalen Begegnungsräumen?“

Studienwoche „Sinnliche Zugänge zu symbolischen Orten Vertriebener in Deutschland. Von Erinnerungs- zu transnationalen Begegnungsräumen?“

Veranstalter
JProf. Dr. Sarah Scholl-Schneider / Dr. Johanne Lefeldt, Kulturanthropologie / Volkskunde am Institut für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft der JGU Mainz
Veranstaltungsort
Bad Kissingen und Königswinter
Ort
Mainz
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.01.2020 - 11.01.2020
Deadline
10.10.2019
Von
Sarah Scholl-Schneider

Während Praktiken und Medien der Erinnerung im Kontext von Flucht und Vertreibung in den vergangenen Jahren durch unterschiedliche Disziplinen in den Blick geraten sind, steht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den von Vertriebenengruppen ins Leben gerufenen Bildungs- und Begegnungsstätten bislang weitestgehend aus. Sie stellen ein Feld dar, das auf vielerlei Ebenen Anknüpfungspunkte für die Erforschung des Themenbereichs Flucht und Vertreibung bietet. So kann etwa Erinnerungskultur nicht nur in ihnen, sondern auch anhand von ihnen zum Thema gemacht werden. Um Studierenden die Kultur und Geschichte der Deutschen und ihrer Nachbarn im östlichen Europa näherzubringen sind daher nicht zwingend Reisen in jene Länder notwendig. Sinnlich erfahren lassen sich diese auch an spezifischen Orten in Deutschland: z.B. im Haus Schlesien in Königswinter am Rhein, wo man in Zimmern mit den Namen Breslau, Oppeln oder Grafschaft Glatz übernachten und in der „Rübezahlstube“ Liegnitzer Bomben oder schlesisches Himmelreich probieren kann. Der Heiligenhof in Bad Kissingen ist in ähnlicher Weise ein Ort, der von vergangenen Zeiten in Böhmen und Mähren erzählt, die Erinnerung an ehemals von Deutschen besiedelte Regionen (re)präsentiert, aufrechterhält und weiterträgt. Ähnlich wie Haus Schlesien bietet der Heiligenhof als Jugendherberge auch Einzelreisenden und Schulklassen Tagungs- und Übernachtungsmöglichkeiten – nur heißen die Zimmer dort eben Brünn, Gablonz oder Pilsen und neben einer attraktiven Mischung aus fränkisch-böhmischer Küche lockt die Besucher abends eine „Südmährische Weinstube“. Die Geschichte und das Selbstverständnis des Hauses Schlesien weisen also in vielerlei Hinsicht Parallelen zum Heiligenhof auf, aber auch große Unterschiede, etwa was das Gründungsjahr oder die musealen Vermittlungsangebote betrifft.

Die frappierenden Parallelen und zu untersuchenden Spezifika der beiden Häuser bieten den Ausgangspunkt einer ethnografischen Spurensuche vor Ort. Unter dem Titel „Sinnliche Zugänge zu symbolischen Orten Vertriebener in Deutschland. Von Erinnerungs- zu transnationalen Begegnungsräumen?“ können Studierende aus Deutschland, Polen und Tschechien vom 4.–11. Januar 2020 gemeinsam die beiden Häuser durch eigene empirische Erhebungen vor Ort im Rahmen einer trinationalen Studienwoche forschend erkunden. Ziel ist es, die wissenschaftlich bisher kaum behandelten Bildungsstätten in ihrer Bedeutung für ihre Nutzer, im Wandel der Zeit und mit Blick auf europäische Zukunftsperspektiven zu beleuchten. Zum einen soll so die Auseinandersetzung mit der Kultur und Geschichte dieser Menschen und Regionen angeregt werden, zum anderen sollen methodische Kenntnisse durch ihre praktische Anwendung, die zur Erforschung dieser Orte und der damit verbundenen Themenfelder notwendig sind, vermittelt werden. Dazu gehören sinnliche ethnografische Zugänge wie die teilnehmende Beobachtung im schlesischen Restaurant „Rübezahlstube“ ebenso wie eine systematische historische Quellenanalyse etwa von Gästebüchern und nicht zuletzt qualitative Befragungen der Nutzerinnen und Nutzer sowie der dort Beschäftigten. Flankiert werden die eigenen empirischen Forschungen der Studierenden von Vorträgen und Methodenworkshops durch Expertinnen und Experten. Abgerundet wird die Studienwoche durch eine öffentliche Podiumsdiskussion am 10. Januar 2020 zur Geschichte und Zukunft der Häuser.

Zu der achttägigen Veranstaltung unter der Leitung von JProf. Dr. Sarah Scholl-Schneider und Dr. Johanne Lefeldt von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz können sich Studierende und Promovierende mit historisch und/oder ethnologisch ausgerichtetem Interesse aus Polen und der Tschechischen Republik bis zum 10. Oktober 2019 bewerben. ECTS-Punkte können nach Absprache erworben werden. Erforderlich sind deutsche Sprachkenntnisse sowie ein ausgeprägtes Interesse am Thema der Kultur und Geschichte der Deutschen und ihrer Nachbarn im östlichen Europa, das im Anmeldeformular kurz begründet werden soll. Der Bewerbung ist ferner ein Lebenslauf beizufügen. Weitere Informationen zum Programm sowie den Bewerbungsmodalitäten etc. finden Sie unter:

https://kultur.ftmk.uni-mainz.de/projekte-in-forschung-und-lehre/sinnliche-zugaenge-zu-symbolischen-orten-vertriebener-in-deutschland/

Die Studienwoche wird gefördert durch die Beauftragte für Kultur und Medien im Rahmen des Förderprogramms „Vielstimmige Erinnerung – gemeinsames Erbe – europäische Zukunft: Kultur und Geschichte der Deutschen und ihrer Nachbarn im östlichen Europa“ sowie durch den Schroubek-Fonds östliches Europa. Die Teilnahmegebühr für ausländische Studierende beträgt 40 Euro, Anreise- und Übernachtungskosten sowie Verpflegung werden übernommen.

Wir freuen uns über Bewerbungen aus Polen und Tschechien und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Programm

Kontakt

Dr. Johanne Lefeldt

FB 05, Institut für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft
Kulturanthropologie/Volkskunde
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Jakob-Welder-Weg 20
55128 Mainz

Philosophicum II, Raum 02-310
Tel.: 0049 (0)6131 39-25538

https://kultur.ftmk.uni-mainz.de/projekte-in-forschung-und-lehre/sinnliche-zugaenge-zu-symbolischen-orten-vertriebener-in-deutschland/