Themenausstellung "Mythen der Diktaturen. Kunst in Faschismus und Nationalsozialismus"

Themenausstellung "Mythen der Diktaturen. Kunst in Faschismus und Nationalsozialismus"

Veranstalter
Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol
Veranstaltungsort
Schloss Tirol (Dorf Tirol)
Ort
Dorf Tirol (bei Meran)
Land
Italy
Vom - Bis
13.04.2019 - 30.06.2019
Von
Hannes Obermair

Mit der Ausstellung „Mythen der Diktaturen“ wendet sich das Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol einem besonders schwierigen und komplexen Kapitel der Kunst-, Kultur- und Politikgeschichte zu – den Jahren der beiden Faschismen Mussolinis und Hitlers. Das Landesmuseum betritt damit bisher weitgehend unvermessenes Gelände.
Kann man das Antlitz der „Führer“ zeigen, ohne in apologetische Nähe zum Abgebildeten zu geraten? Die Ausstellungsmacher – der Kunsthistoriker Carl Kraus und der Historiker Hannes Obermair – bejahen dies. Unter einer wichtigen Vorbedingung, die da heißt: Benennung des Unrechts, Dekonstruktion des Monströsen. Die Ausstellung zerpflückt daher die Mythen des deutschen und des italienischen Faschismus. Die systemkonforme Kunst der Dreißiger und Vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts entwarf Heldenbilder, beschwor Blut und Boden, rückte „Führer“ und „duce“ ins rechte Licht und verkitschte die „Heimat“ selbst dann noch, als von den Diktatoren, im Zuge der „Option“, die Aussiedlung der Bevölkerung beschlossen wurde.
Hitlers und Mussolinis Unrechtsherrschaft wurde ganz maßgeblich von Künstlern und Künstlerinnen mit Bildern und Narrativen bedient. Auch in Südtirol, in Nord- und Osttirol und im Trentino. Nur einige wenige stemmten sich dagegen, und ihre Werke wurden als „entartet“ verfemt.
Wussten Sie, dass im November 1938 ein Gutteil der Südtiroler Künstlerschaft, unter ihnen etwa Hans Piffrader, Ignaz Gabloner, Mili Schmalzl und Raimund Mureda, in Rom ausgestellt und in Anwesenheit Benito Mussolinis ihre faschistischen Motive präsentiert hat?
Wussten Sie, dass die Bozner Künstlerin Tullia Socin ihr Bild eines faschistischen Legionärs von 1938 nach dem Sturz des Faschismus umgearbeitet und entschärft hat?
Wussten Sie, dass der Meraner Künstler Franz Lenhart 1943 ein Mussolini-Porträt gemalt hat? Im November 1938 hatte er den „duce“ mit römischem Gruß auf der römischen Ausstellung empfangen. 1944 stellte er dann auf der Innsbrucker „Gau-Kunstausstellung Tirol-Vorarlberg“ aus.
Wussten Sie, dass 1933 der Bozner Grafiker Anton Hofer ein Plakat des Siegesdenkmals mit Liktorenbündel und rein faschistischer Jahreszählung geschaffen hat?
Wussten Sie, dass der aus Sarnthein gebürtige und in Innsbruck tätige Maler und Grafiker Johannes Troyer nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 mit seiner jüdischen Frau Helene Kafka nach Liechtenstein emigrierte, um der NS-Verfolgung zu entgehen?
Der Systemnähe und dem Konformismus zahlreicher regionaler Künstler und Künstlerinnen und ihrer militanten Kunst steht auch der Widerstand einiger weniger gegenüber. Das Ehepaar Sophie und Emanuel Fohn rettete an die 250 von den Nazis verfemte Kunstwerke, indem sie sie gegen gefälligere Kunst eintauschte. Die Sammlung überdauerte den Nazifaschismus ausgerechnet in Seis am Schlern, ehe sie 1964 Teil der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wurde.
Die Schau „Mythen der Diktaturen“ ist eine Wende für die regionale Kunst- und Kulturgeschichte. Viele ihrer Kapitel müssen neu geschrieben werden. Doch die Ausstellung öffnet auch den Blick auf aktuelle autoritäre Verführungen und deren ästhetische Strategien.

Programm

Eröffnung der Ausstellung:
12. April, 18.00 Uhr

Diskussionrunde „Wie können wir die Kunst der Faschismen ausstellen?“:
10. Mai 2019 um 15.00 Uhr

Kontakt

Sabine Schwienbacher

Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol

sabine.schwienbacher@schlosstirol.it

http://www.schlosstirol.it