Landesgeschichte und Public History

Landesgeschichte und Public History

Veranstalter
Institut für Historische Landesforschung der Universität Göttingen
Veranstaltungsort
Georg-August-Universität Göttingen, Tagungszentrum an der Sternwarte, Geismar Landstraße 11b, 37083 Göttingen
Ort
Göttingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
25.09.2019 - 27.09.2019
Deadline
26.08.2019
Von
Petersen, Niels

Die Landesgeschichte war schon früh in der Wissenschaftskommunikation tätig, denn ihre Ergebnisse fanden und finden Niederschlag nicht nur in Fachjournalen, sondern eben auch in Tageszeitungen, in Interviews, Miszellen, Museumskatalogen und in Führungen, Exkursionen und Vorträgen. Aufgrund der regionalen und lokalen Verankerung ihrer Themen ist die universitäre Landesgeschichte in besonderem Maße in den öffentlichen Diskurs über Geschichte eingebunden und wird gefordert, sich fördernd einzubringen, zu kontextualisieren und gelegentlich auch zu korrigieren. Diese Einbindung der Landesgeschichte verweist auf die Felder von Public History und Angewandter Geschichte, die zum Teil in bewusster Abkehr von der institutionengebundenen Geschichtswissenschaft entstanden. Sie beziehen sich gleichermaßen auf ein Feld der öffentlichen Geschichtskultur, in welchem sich Akteure aus der professionellen Geschichtswissenschaft ebenso bewegen wie Personen, die historisches Interesse ohne wissenschaftliche Fachausbildung verfolgen, bis hin zu Zeitzeugen. Dieser Raum wird von einem ständigen Diskurs heterogener Gruppen über historische Themen geprägt, die oft nur eingeschränkt wissenschaftlich reflektiert aufgearbeitet werden. Aus ihnen werden beständig auch Themen und Fragen an die Geschichtswissenschaft heran und in sie hineingetragen.
Die Tagung geht von der Feststellung aus, dass die universitäre Landesgeschichte im Vergleich zu anderen Professuren in erheblichem Maß die Schnittstelle bildet zwischen universitärer Geschichtswissenschaft und außeruniversitären Akteuren. Sie soll die Aktivitäten und das Aufgabenspektrum der deutschen Landesgeschichte in Bezug auf die Public History erstmals systematisch und strukturiert diskutieren. Die Bestandsaufnahme aktuellen Wirkens soll zu einer differenzierteren Wahrnehmung einerseits und einer handlungsleitenden Perspektive andererseits führen. Es sollen Zukunftsperspektiven erkannt und Ansätze für künftige Aktivitäten entwickelt werden.

Landesgeschichte wie Regionalgeschichte arbeiten raumgebunden, wobei die bearbeiteten Räume sich häufig auf wissenschaftsorganisatorische Gründe zurückführen lassen, vor allem durch einen den jeweiligen landesgeschichtlichen Abteilungen an den Universitäten und den Forschungseinrichtungen politisch zugewiesenen Zuschnitt. In der Regel ist dies ein Bundesland (Niedersachsen) oder eine historische Region (Westfalen). Zu den ersten Aufgaben der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten landeshistorischen Forschungsinstitute zählte oft die Identitätskonstruktion für neue Bundesländer. In Folge maßen Landeshistoriker der Vermittlung von Forschungsparadigmen große Bedeutung zu. Heute ist die landeshistorische Forschungspraxis längst geprägt von einem produktiv-kritischen Umgang mit der Pluralität von Räumen. Zugleich wurde die Schaffung einer vermeintlichen Identität von der Dekonstruktion entsprechender Wahrnehmungs- und Erklärungsmuster abgelöst und es trat die Analyse der Konstruktionsdiskurse in den Vordergrund. Das Methodenset der Landesgeschichte erlaubt sowohl die Makro- wie die Mikrostudie und die epochenübergreifende Analyse von Strukturen und ihrem Wandel auf lange Dauer. Ferner definiert sich Landesgeschichte zunehmend in den untersuchten Räumen, Strukturen und Entwicklungen als europäisch-vergleichend. Dennoch blieben die dezidierte Raumgebundenheit bis hinab auf die lokale Ebene sowie die diachrone Perspektive einschließlich der umfassenden Kenntnis der zur Verfügung stehenden Quellen erhalten, was auch dazu führte, dass die Landesgeschichte weiterhin als Methodenlabor zu begreifen ist. Auch deswegen bleibt die Nachfrage außeruniversitärer Institutionen, Verbände und Vereine nach wissenschaftlicher Fachauskunft ungebrochen erhalten.

Programm

12-14 Uhr Registrierung

14 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Arnd Reitemeier, Göttingen

14 - 18 Uhr
Sektion I. Einführung und Standortbestimmung
Moderation: Prof. Dr. Werner Freitag, Münster

Eröffnungsvortrag „Verortete Geschichte“ – Landesgeschichte und Public History
Anschließend Diskussion
Prof. Dr. Bernd Stefan Grewe, Institut für Geschichtsdidaktik und Public History, Tübingen

"Public History" zwischen Heimat- und Volksgeschichte: Programmatiken in der deutschen Historiographie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Prof. Dr. Stephan Laux, Trier

Outreach-Aufgaben und Wissenschaftskommunikation an den Universitäten – eine Standortbestimmung
Prof. Dr. Oliver Auge, Kiel

Erwartungen der Politik/ Regierungen in den Ländern an die Landesgeschichte
AL‘in Dr. Babett Gläser, SMWK Dresden

Drittmittelnotwendigkeiten und die Arbeit der universitären Landesgeschichte: DFG: Fördergegebenheiten und Förderperspektiven
Dr. Guido Lammers, DFG, Bonn

Regionale Förderinstitutionen und die Drittmittelorientiertheit der Universitäten
Prof. Dr. Arnd Reitemeier, Göttingen

Donnerstag, 26.9.2019 (Tag 2)

9 - 13 Uhr
Sektion II.-1 Akteure und Vermittler
Moderation: Prof. Dr. Sigrid Hirbodian, Tübingen

Archive: landeshistorische Speicher ohne landeshistorische Kapazitäten?
Dr. Sabine Graf, NLA Hannover

Museen: Universitäre Landesgeschichte als Ersatz für abgebautes Forschungspersonal an staatlichen und kommunalen Museen?
Prof. Dr. Eckart Köhne, Badisches Landesmuseum, Deutscher Museumsbund

Geschichtsvereine: Ihre Bedeutung für die Landesgeschichte
Prof. Dr. Andrea Stieldorf, Bonn

Zeitzeugen und Heimatpfleger: Partner und/oder Gegenüber der univ. Landesgeschichte
Dr. Sabine Klapp, Kaiserslautern

Landesgeschichte und populäre Genealogie: Schnittstellen und Kooperationsmöglichkeiten
Prof. Dr. Michael Hecht, Münster

14:30 - 18 Uhr
Sektion II.-2: Mediale Vermittlung
Moderation: Prof. Dr. Christine Reinle, Gießen

Wieder modern? Regionale Geschichtsbilder und Regionalportale
Dr. Ute Engelen, Mainz

Landesgeschichte im Film: Zwischen Quelle, Bildungsmedium und Edutainment
Prof. Dr. Markus Köster, Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen

Regionale Programme im deutschen Fernsehen: Vermittler von Landesgeschichte
Beate Schlanstein, WDR, Köln

An der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit: Chancen, Probleme und Herausforderungen analoger wie digitaler Medien der Landesgeschichte
Dr. Martin Göllnitz, Marburg

19 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag in der Paulinerkirche
Gedenkstätten als Argument
Dr. Jens-Christian Wagner, Celle

Freitag, 27.9.2019 (Tag 3)

9 - 12 Uhr
Sektion III. Entwicklungen und Perspektiven
Moderation: Prof. Dr. Enno Bünz, Leipzig

Auftragsforschung in der Landesgeschichte? Unternehmensgeschichten und Stadtgeschichten schreiben
Prof. Dr. Michael Kißener, Mainz

Landesgeschichte in der Universität – Hinterwäldler oder Experimentierfeld?
Prof. Dr. Stefan Haas, Göttingen

Geschichtsunterricht: Die Region als Maßstabsgröße historischen Lernens?
Prof. Dr. Anke John, Jena

Employability und Landesgeschichte, oder: Wie viel Praxis brauchen Studiengänge?
Dr. Lena Krull, Münster

12 - 13 Uhr
Zusammenfassung und Abschlussdiskussion
Prof. Dr. Sabine Ullmann, Eichstätt

Kontakt

Institut für Historische Landesforschung, Heinrich-Düker-Weg 14, 37073 Göttingen, instlafo@uni-goettingen.de

http://www.uni-goettingen.de/ihlf
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung