Es ist das Ziel der Tagung, die Rezeption der Aufenthalte von Voltaire in Deutschland bei den weniger bekannten Autoren, sowohl im „deutschsprachigen Raum“ (Deutschland und Habsburgermonarchie) als auch in Frankreich zu beleuchten.
Eine erste Sektion interessiert sich für die Vertriebswege und die Transfers im XVIII. Jahrhundert. Dank der Digitalisierung ist es leichter,
die Rezeption in Französisch, Deutsch oder in einer anderen Sprache nachzuvollziehen, genauso wie die Wege, welche die Texte in einem Prozess der Übersetzung und Anpassung im Laufe des kulturellen und
linguistischen Transfers genommen haben. Davon ausgehend wird zudem nach der Rezeption von Voltaire in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts gefragt, um zu beleuchten, welcher Platz Voltaire in den ersten veröffentlichten Geschichten der französischen Literatur in Deutschland eingeräumt wurde.
Der zweite Bereich wendet sich den Netzwerken der Rezeption von Voltaire zu. Man weiß in diesem Zusammenhang noch zu wenig zu den Netzen des Wissens, den Trägern, den Kontexten und Zwischenstationen in Preußen, den deutschen Territorien und in der Habsburgermonarchie. Es interessiert uns daher, im Zusammenhang mit den Ideen von Voltaire die „Untergrundliteratur“ und die Zirkulation in (halb)öffentlichen Räumen sowie ihren Einfluss auf die Öffentlichkeit in den jeweiligen Territorien auszuleuchten. Dank der großen Digitalisierungsprogramme, die in den letzten Jahren gerade von der französischen Nationalbibliothek in Paris oder den Bibliotheken von München, Göttingen und Berlin realisiert worden sind, verfügen wir über ein Material, das vorher fast unbekannt war. Diese Medien sollen die Debatte bereichern, freilich ohne dabei andere Medien wie gedruckte Bücher als Quellen für einen Vortrag zu verdrängen. Es ist das Ziel, mit einem Textkorpus zu arbeiten, welcher besonders unbekannte oder kaum bekannte und dank ihrer Digitalisierung wiederentdeckte Werke nutzt. Ein Schwerpunkt der Tagung wird daher auch die Frage nach der Nutzung von on-line gestellten Büchern bzw. das Thema der Digitalisierung in den damit befassten Bibliotheken, in Paris, Berlin, Göttingen, München, Weimar, Halle, Gotha, Wolfenbüttel u.a. sein.
Eine vertiefte Untersuchung der Rezipienten von Voltaire in beiden Hemisphären des Dualismus in Deutschland kann die gängige Vorstellung vom kulturellen Einfluss Voltaires im „deutschsprachigen Raum“ nuancieren, was uns zu einer kritischen Diskussion über die Begriffe „Kulturtransfer“, „Zirkulation“ und „Netz“ führen sollte.