Popularität: Lied und Lyrik vom 16. bis zum 19. Jahrhundert

Popularität: Lied und Lyrik vom 16. bis zum 19. Jahrhundert

Veranstalter
FRIAS (Freiburg Institute for Advanced Studies)
Veranstaltungsort
FRIAS (Freiburg Institute for Advanced Studies), Albertstr. 19, D-79104 Freiburg
Ort
Freiburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.09.2018 - 26.09.2018
Deadline
01.05.2018
Website
Von
Sarah Ruppe

Thema
Was bedeutet ‚Popularität‘ in Bezug auf lyrische Texte? Und welche Rolle spielen dafür deren Produktion, Medialität und Rezeption?
Etymologisch auf ‚lyrikos‘ (griech.: zum Spiel der Lyra gehörend) zurückgehend waren lyrische Texte seit der Antike eng mit den Aspekten von Sangbarkeit, öffentlicher Aufführung und unmittelbarer Rezeption durch ein Publikum verbunden. Erst poetologische Systematisierungen wie in Martin Opitz’ Buch von der Deutschen Poeterey (1624) führten zu der seit der Frühen Neuzeit üblichen Unterscheidung von Gedicht und Lied. Noch heute spiegelt die Forschung diese Differenzierung, indem sie musikalische und literarische Aspekte überwiegend unabhängig voneinander untersucht. Dabei werden beispielsweise Songtexte und Gedichte als zwei unterschiedliche Textgattungen begriffen.
Vertonte lyrische Texte sind bis heute ebenso Teil des kollektiven Gedächtnisses wie lyrische Texte mit textimmanenter musikalischer Dimension, beispielsweise Abzählreime und Merksprüche. Um dieser Auffassung gerecht zu werden, liegt dem Tagungskonzept ein weit gefasster Lyrikbegriff zugrunde, der lyrisch-musikalische Texte als „mündliche oder schriftliche Rede in Versen“ und das Lied als „Kern der Lyrik“ versteht. Lyrische Texte mit Fokus auf ihre musikalische Qualität zu betrachten, verspricht, das Phänomen ihrer Popularität erklären und die historischen Bedingungen ihrer Genese, ihrer medialen Form der Darbietung und ihrer Aufnahme bei einem breiten Publikum verstehen zu können.

Fragestellungen
Die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit populären – verstanden als bekannten, beliebten, eingängigen – lyrischen Texten war lange durch die wertende Unterscheidung zwischen Populär- und Hochkultur geprägt. Zwar sind die damit verbundenen problematischen Wertungsimplikationen inzwischen weitgehend abgelegt; auch ist in den letzten Jahren ein wachsendes Interesse der Wissenschaft für populäre Kunst- und Ausdrucksformen zu beobachten, und spätestens mit der Verleihung des Literaturnobelpreises 2016 an Bob Dylan ist populäre Gegenwartspoesie in der Literaturwissenschaft angekommen; doch richtete sich der literaturwissenschaftliche Fokus bislang nicht auf das Populäre an sich.
Daher lautet die Leitfrage des Tagungskonzepts mit Blick auf lyrische Texte vom 16. bis zum 19. Jahrhundert: Wie entsteht Popularität im Spannungsfeld der drei Koordinaten Produktion, Medialität und Rezeption?

Das heißt:
-Wie lässt sich die Popularität eines lyrischen Textes auf seine formal-stilistische Gestaltung zurückführen?
-Welche medialen Formen, welche Inszenierungsstrategien und Performanzsituationen fördern die Popularität eines lyrischen Textes?
-Inwiefern beeinflusst und bedingt Rezeption die Popularität eines lyrischen Textes?

Um der strukturellen Komplexität lyrischer Texte und ihrer historischen Diversität einerseits gerecht zu werden und um andererseits zu einem facettenreichen Konzept des Populären zu kommen, schließen sich an diese Hauptfragen unter anderem folgende interdisziplinäre Fragestellungen an:

- Inwiefern beeinflussten politische Emanzipations- und Disziplinierungsbewegungen wie z. B. die Volksaufklärung die Popularität lyrischer Texte?
- Welche linguistischen Aspekte trugen zur Popularität lyrisch-musikalischer Texte bei (Bsp.: syntaktische bzw. Wortstellungsvariationen)?
- Welchen Einfluss hatten pragmatische Aspekte (Anlässe, Personengruppen etc.) auf die Popularisierung lyrischer Texte (Bsp.: Studentenlieder, Trinklieder etc.)?
- Welche Rolle spielen liturgische Aspekte hinsichtlich der Popularität lyrischer Texte (Bsp.: Psalmvertonungen)?
- Inwiefern trugen intermediale Verfahren zur Popularisierung lyrischer Texte bei (Bsp.: Liedflugschriften)?

Erkenntnisziele
Ziel der Tagung ist eine neue Konzeption des Populären in Bezug auf lyrische Texte, welche von den Wechselverhältnissen zwischen Produktion, Medialität und Rezeption ausgeht. ‚Popsongs‘ als populäre lyrische Texte sind keine Erfindung der Moderne – wenngleich die neuere Forschung diesen Eindruck vermitteln könnte, indem sie den Fokus auf das 20. und 21. Jahrhundert legt. Doch schon viel früher wurden sangbare, lyrische Texte geschrieben, gesammelt und verbreitet, die tatsächlich großen Erfolg beim Publikum hatten oder auch nur politisch, pädagogisch oder ästhetisch motiviert darauf abzielten. Dem trägt der Untersuchungszeitraum der Tagung Rechnung. Aufbauend auf bisherigen Untersuchungen zu bestimmten Epochen wird die Tagung Lieder und Gedichte des 16. bis 19. Jahrhunderts gemeinsam in den Blick nehmen.

Die Tagung ist interdisziplinär ausgerichtet und begrüßt Themenvorschläge aus verschiedenen Geistes-, Kultur- und Medienwissenschaften. Besonders willkommen sind Vorschläge aus der (Kunst-/ Musik-) Geschichte, der Theologie, der Ethnologie, Soziologie und verwandten Disziplinen, die den literatur- und musikwissenschaftlichen Schwerpunkt der Themenstellung um andere Perspektiven und Methoden erweitern. Die Vorträge sollen eine Länge von ca. 20 Minuten nicht überschreiten. Vorschläge für einen Vortrag (Abstracts im Umfang von max. einer DIN-A4-Seite, ca. 300 Wörter sowie ein kurzer wissenschaftlicher Lebenslauf) werden bis 1.5.2018 erbeten an: sarah.ruppe@germanistik.uni-freiburg.de

Die Veranstaltung wird vom Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) gefördert. Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen. Kosten für die Unterkunft, Verpflegung sowie für die An- und Abreise der Vortragenden können im üblichen Rahmen übernommen werden.

KONZEPTION: Frédérique Renno & Sarah Ruppe (Universität Freiburg i. Br.), Hannah Berner (Universität Genf)

Programm

Kontakt

Sarah Ruppe

FRIAS (Freiburg Institute for Advanced Studies), Albertstr. 19, D-79104 Freiburg

sarah.ruppe@germanistik.uni-freiburg.de