Technikemotionen. Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte

Technikemotionen. Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte

Veranstalter
Gesellschaft für Technikgeschichte
Veranstaltungsort
Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.05.2018 - 06.05.2018
Deadline
06.01.2018
Website
Von
Martina Heßler

Menschen, die ihren Computer anschreien, Laptops herumwerfen oder ihr Auto beschimpfen, können durchaus mit dem Verständnis ihrer Mitmenschen rechnen, obgleich sie soziale Verhaltensnormen verletzen. Zu vertraut ist den meisten die emotionsschürende Erfahrung des Nichtfunktionierens von Technik. Ärger, Wut, Ohnmacht und Frustration waren und sind alltägliche Erfahrungen im Umgang mit Technik. Aber auch Begeisterung, Faszination, Euphorie oder Angst sind Gefühle, die im Zusammenhang mit Technik häufig zu finden sind. Menschen erheben ihr Automobil zum Fetisch, haben eine enge, fast libidinöse Bindung zu ihrem Mobiltelefon und entwickeln Gefühle gegenüber Maschinen. Andere fürchten sich davor, ein Flugzeug zu besteigen oder in der Nähe eines Atomkraftwerks zu leben.

Emotionen spielen zweifellos eine bedeutende Rolle im Umgang mit Technik, bei ihrer Aneignung und der Haltung gegenüber Technik. Sie prägen und ordnen Diskurse um Technik. Sie haben Einfluss auf die Technikentwicklung. Auch die Frage, ob Technik akzeptiert wird oder auf Widerstand trifft, hängt mit Gefühlen zusammen. Nicht zuletzt bieten Emotionen gegenüber Technik eine Angriffsfläche und sind Anlass für den Vorwurf der Irrationalität. Überhaupt wird im Hinblick auf Technik allzu oft mit dem vermeintlichen Gegensatz von Emotionalität und Rationalität operiert.

Zwar finden sich innerhalb der Technikgeschichte Arbeiten zu Technikbegeisterung und Technikenthusiasmus oder zur Technikangst (vor allem zur „nuclear fear“), doch stellt die Geschichte von Technikemotionen und ihrer Rolle für den technischen Wandel ein Desiderat dar. Umgekehrt hat sich die inzwischen etablierte Emotionsgeschichte kaum mit Technik beschäftigt.

Die Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte wird das Verhältnis von Technik und Emotionen im historischen Wandel zum Thema haben. Beiträge, die das Thema konzeptionell reflektieren, sind ebenso willkommen wie Beiträge zu historischen Fallbeispielen aus unterschiedlichen Epochen.

Die Gesellschaft für Technikgeschichte bittet um die Einsendung von Abstracts (max. 400 Worte) und CV (max. eine Seite). Die Jahrestagung wird von Freitag, den 4. Mai bis Sonntag, den 6. Mai 2018 an der Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg stattfinden. Einreichungen zu Sektionen sind genauso erwünscht wie Einzelbeiträge. Vorschläge sind bis zum 6. Januar 2018 erbeten an: Technikemotionen@hsu-hh.de

Mögliche Themenfelder umfassen u.a.:

- Konzeptionell-methodische Fragen: Aus technikhistorischer Perspektive wird im Einklang mit der Emotionsgeschichte von der Variabilität und Historizität von Emotionen ausgegangen. Gleichwohl sind viele Fragen zu reflektieren, die auch innerhalb der Emotionsgeschichte diskutiert wurden: Wie können Technikemotionen erfasst werden? Wie können und sollen Emotionen analytisch von Kategorien wie Vertrauen in Technik, Akzeptanz oder Widerstand abgegrenzt und unterschieden werden? Wie lassen sich Gefühle aus den Quellen rekonstruieren? Wie können Ansätze und Konzepte der Emotionsgeschichte (z.B: emotionology, emotional communities, emotional regimes) für technikgeschichtliche Arbeiten fruchtbar gemacht werden?

- Historische Konjunkturen und kulturelle Varianz von Technikemotionen: Ausgehend von der Annahme, dass Technikemotionen historisch und kulturell variieren, stellen sich Fragen nach Kontinuität und Wandel ebenso wie nach kulturellen Mustern. Lassen sich beispielsweise historische Phasen von Technikeuphorie und Technikangst beobachten? Welche Rolle spielen kulturelle Unterschiede im Zusammenhang mit Technikemotionen?

- Technikentwicklung und Emotionen: Der Mythos vom rationalen Ingenieur ist inzwischen genauso entzaubert wie das Konzept „technischer Sachlogik“. Gleichwohl wissen wir wenig über Emotionen der Technikentwickler/innen. Dies umfasst sowohl die Angst vor dem Scheitern als auch die Hybris und ungebrochene Faszination von der eigenen Entwicklung. Zu fragen ist nach Selbst- und Fremdbildern von Ingenieur/innen und Wissenschaftler/innen, gerade im Hinblick auf die vermeintliche Trennbarkeit von Rationalität und Emotionen.

- Diskurse um Technik: Wenn über Technik geredet und debattiert wurde, spielten Emotionen häufig eine wichtige Rolle. Welche spezifischen Narrative und Topoi finden sich in Bezug auf Technikemotionen? Welche Rolle spielten die Emotionen in unterschiedlichen Diskursfeldern, galten sie als legitim oder als illegitim? Inwieweit ordneten Emotionen Diskurse über Technik?

- Praktiken/Nutzung/Umgang mit Technik: Vor allem auf der Ebene der alltäglichen Praktiken spielen Emotionen eine unübersehbare Rolle, sei es der Stolz auf eine neue Technik, die emotionale Bindung an ein Gerät, die Begeisterung über technische Funktionen oder umgekehrt die Frustrationen des Nichtfunktionierens der Technik. Welche Bedeutung hatten und haben Emotionen auf der Ebene der Praktiken? Wie beeinflussten Gefühle Prozesse der Technikaneignung und des Technikumgangs?

- Gender und Technikemotionen: Gerade die Frage nach Technikemotionen verweist allzu offensichtlich auf Genderkonzepte und -mythen. Die Frage nach Zuschreibungen von Emotionen zu Männern oder Frauen ist bedeutend, um die Nutzung von Technik, aber auch Technikentwicklungen zu verstehen. Willkommen sind daher sowohl Vorschläge, die Gender in ihrer Fragestellung mitberücksichtigen als auch Vorschläge, die einen geschlechtergeschichtlichen Schwerpunkt legen.

- Maschinenemotionen: Maschinen lösen nicht nur Emotionen aus, immer wieder wurde und wird die Frage diskutiert, ob sie Emotionen simulieren können und sollen. Unter dem Stichwort „affective computing“ wird insbesondere in jüngster Zeit an der maschinellen Simulation von Emotionen gearbeitet. Welche historischen Visionen gingen den aktuellen Debatten voraus? Wie reagierten Nutzer/innen auf „emotionale Maschinen“?

- Emotionen in der musealen Ausstellungspraxis: Technische Museen sind mit den Emotionen ihrer Besucher konfrontiert. Wie gehen sie damit um? Inwieweit wollen und sollen Technikmuseen Emotionen wecken? Weiter stellt sich die Frage, inwieweit und wie Emotionen gegenüber Technik dargestellt werden können. Konzeptionelle Überlegungen hierzu sowie Beispiele aus der Ausstellungspraxis sind gleichermaßen erwünscht.

Programm

Kontakt

Martina Hessler

Helmut-Schmidt-Universität

technikemotionen@hsu-hh.de


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Deutsch
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