Die Abteilung Bildung und Forschung des Beauftragten für die Stasi-Unterlagen der ehemaligen DDR (BStU) lädt auch in diesem Sommer zu einem semesterbegleitenden Kolloquium in ihrer Bibliothek ein. In den Vorträgen wechseln sich Wissenschaftler der BStU mit externen Forschern ab, die jeweils ihre laufenden Forschungsprojekte vorstellen und mit den Zuhörern diskutieren. Im Mittelpunkt dieser Werkstattberichte steht selbstverständlich die Staatssicherheit der DDR und ihre Arbeit, das Kolloquium ist aber auch offen für andere Themen. Das konkrete Programm entnehmen Sie bitte dem Semesterprogramm. Die Veranstaltung steht für alle Interessenten offen - eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Vortrag von Dr. Uwe Krähnke (Universität Bielefeld):
Ehemalige hauptamtliche MfS-Mitarbeiter als Zeitzeugen?
Zum Stellenwert ihrer autobiografischen Erzählungen für die wissenschaftliche Forschung
In dem Vortrag werden Ergebnisse einer soziologischen Studie zu den hauptamtlichen MfS-Mitarbeitern präsentiert. Im Mittelpunkt der Präsentation steht die Frage, inwiefern die Selbstauskünfte von MfS-Mitarbeitern verwertbare Erkenntnisse über deren Rolle bei der Herrschaftsausübung im SED-Staat ermöglichen.
Bei der Studie handelt es sich um ein abgeschlossenes DFG-Projekt, in dem narrative biografische Interviews mit über 70 Angehörigen des DDR-Geheimdienstes geführt und mittels interpretativ-rekonstruktiver Analyseverfahren ausgewertet wurden. Hierbei ging es sowohl um die Lebensverläufe vor als auch nach der Wende 1989/90.
Mit den empirisch gesetzten Erkenntnissen zu den Motivations-, Denk- und Verhaltensmustern der MfS-Mitarbeiter und deren Lebensführung lässt sich nicht nur das Welt- und Selbstbild der Tschekisten nachzeichnen. Sie erklären auch, wie es möglich war, dass ganz normale Menschen unter den staatssozialistischen Verhältnissen der DDR in Handlungsabläufe involviert waren, die im Common Sense als inhuman und illegitim gelten.