Rekonstruktion eines Chronotops. Das ehemalige Straflager Stvor als Raum des sowjetischen Strafvollzugs

Rekonstruktion eines Chronotops. Das ehemalige Straflager Stvor als Raum des sowjetischen Strafvollzugs

Veranstalter
Universität Tomsk, Lehrstuhl für Geschichte und Dokumentenmanagement
Veranstaltungsort
Ort
Perm
Land
Russian Federation
Vom - Bis
29.07.2017 - 15.08.2017
Deadline
31.05.2017
Von
Benedikt Rothhagen

Die Sommerschule „Rekonstruktion eines Chronotops. Das ehemalige Straflager Stvor als Raum des sowjetischen Strafvollzugs“ bietet deutschen und russischen Studierenden die Möglichkeit sich gemeinsam mit dem Potenzial lokaler Geschichte zur Erinnerung von größeren Zusammenhängen auseinanderzusetzen. Im Vordergrund steht die Reflektion von sich im Raum überlagernden Phasen des Sowjetischen Strafvollzugs am Beispiel des Lagers Stvor im Uralvorland. Durch die Einordnung der Geschichte Stvors in den Kontext sowjetischer Geschichte wird den Studierenden gleichermaßen ein Einblick in die Vielschichtigkeit des Bestrafungssystems der Sowjetunion, als auch ein Eindruck in die vielfältigen, sich teils widersprechenden individuellen Erfahrungen der historischen Subjekte gegeben. In Anlehnung an die Raum-Geschichte soll in Zusammenarbeit von deutschen und russischen Studierenden der historische Ort historiografisch lesbar gemacht werden. Um mit einer Geschichtsschreibung, die im Schlögelschen Sinne „Ort und Zeit zusammenbringt“, vorzugehen, bedarf es jedoch erst der dezidierten zeitlichen Bestimmung der Überreste in Stvor. Durch das fotodokumentarische Erfassen des ehemaligen Lagers setzen sich die Studierenden dezidiert mit dem Raum als historischem Dokument auseinander und erlernen Zeitschichten zu bestimmen und zu analysieren.
Darüber hinaus verweist der Ort Stvor auf gegenwärtige erinnerungspolitische Debatten in Russland, bei denen Erinnerungen und „Gegen-Erinnerungen“ miteinander kumulieren. Ziel ist es, den Teilnehmenden die Fähigkeiten zu vermitteln, voneinander abweichende Narrationen im historischen wie erinnerungspolitischen Zusammenhang betrachten zu können. Durch den Austausch mit russischen Dozierenden und Studierenden werden eigene Vorannahmen kritisch hinterfragt und neue Perspektiven aufgeworfen. Eine enge Begleitung der Sommerschule durch Memorial Perm vermittelt den Teilnehmenden zudem einen Eindruck von der Vielseitigkeit des erinnerungspolitischen Spektrums und den aktuellen Möglichkeiten von zivilgesellschaftlichem Engagement in Russland.
Das sehr praxisorientierte Sommerschulprogramm ermöglicht es den deutschen und russischen Teilnehmenden einen individuellen Zugang zum Ort und seiner Geschichte zu finden. Zwar ist das Ziel der Sommerschule, ein virtuelles Museum zu schaffen, klar bestimmt, doch bietet diese Vorgabe ausreichend Möglichkeiten für eigenständige Ideen.

Programm

In der Zeit vom 29. Juli bis zum 15. August 2017 wird den Teilnehmenden ein vielfältiges Programm geboten. Während der ersten Tage in Perm werden wir uns den historischen Kontext des Ortes Stvor gemeinsam erarbeiten und uns das technische Know-how zur fotodokumentarischen Erfassung des historischen Ortes aneignen. Gespräche mit lokalen erinnerungspolitischen AktivistInnen und HistorikerInnen eröffnen uns dabei verschiedene Zugänge zur komplexen sowjetischen Geschichte. Eine Stadtführung führt nicht nur zu verschiedenen Gedenkorten Perms, sondern zeigt auch das vielfältige kulturelle Leben der Stadt.
Während der Exkursion nach Stvor setzen wir uns sowohl theoretisch als auch praktisch mit Erinnerungskultur in Russland auseinander. Hierbei rücken u.a. autobiografische Texte zur Reflexion des sowjetischen Strafvollzugs in den Fokus. Im Zentrum der Exkursion steht jedoch die fotodokumentarische Erfassung des Raums, welche die Basis des gemeinsam zu erstellenden digitalen Museums bilden wird.
Unsere gemeinsame Zeit in Stvor bietet viel Raum die russische Sommerlagerkultur kennen zu lernen. Wir werden gemeinsam für alle kochen, uns nach einer Banja (russische Sauna) im kalten Fluss erfrischen und die Abende am Lagerfeuer ausklingen lassen. Das Uralvorland ist nicht nur ein ehemaliger Verbannungsort, sondern auch ein Stück wunderschöne Natur, die zu Entdeckungstouren einlädt.
Für die erfolgreiche Teilnahme können je nach erbrachter Leistung bis zu 12 ECTS-Punkte erworben werden. Für Rückfragen jeglicher Art steht Benedikt Funke gerne per Mail zur Verfügung: benedikt.funke@uni-bremen.de

Kontakt

Benedikt Funke

Universität Bremen

benedikt.funke@uni-bremen.de

https://stvor.hypotheses.org/