Anatomie im Nationalsozialismus: Politik, Wissenschaft und Ethik

Anatomie im Nationalsozialismus: Politik, Wissenschaft und Ethik

Veranstalter
Leopoldina-Studienzentrum
Veranstaltungsort
Lesesaal des Leopoldina-Studienzentrums, Emil-Abderhalden-Str. 36, 06108 Halle/ Saale
Ort
Halle an der Saale
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.02.2017 -
Von
Rainer Godel, Exzellenznetzwerk "Aufklärung - Religion - Wissen", Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Sabine Hildebrandt, M.D. (Boston, MA):

Die Geschichte der Anatomie im Dritten Reich ist erst in den letzten Jahren systematisch erforscht worden. Der Vortrag wird die Entwicklung der Anatomie im Nationalsozialismus umreißen und ausgewählte Aspekte dieser Geschichte genauer in den Blick nehmen. Unter den Anatomen gab es einen hohen Anteil von NSDAP-Mitgliedern, gleichzeitig aber wurden Anatomen auch aus sogenannten „rassischen” und politischen Gründen verfolgt.
Die gesetzliche Leichenversorgung änderte sich nach 1933 in der Hinsicht, dass zunehmend mehr Leichen von NS-Opfern für anatomische Zwecke verwendet wurden. Dazu gehörten, insbesondere während der Kriegsjahre, die Körper von Tausenden von hingerichteten politischen Gegnern und sogenannten Fremdarbeitern. Einige Anatomen verfolgten sogar eine Änderung des anatomischen Paradigmas der Arbeit mit Toten in Richtung einer Forschung an „zukünftigen Toten”, und unternahmen medizinische Experimente an Gefangenen. Anatomen nutzten die Körper von NS-Opfern für anatomische Lehre, anatomische Sammlungen, Illustrationen für Atlanten und andere Bücher und für ihre Forschung. Die Überreste der Leichen wurden in anonymen Massengräbern beigesetzt.
Somit kollaborierten Anatomen mit dem NS-Regime nicht nur in der kompletten physischen Vernichtung der Opfer, sondern auch in der Auslöschung der Erinnerung an die Opfer. Es ist Aufgabe der heutigen Anatomen, zur Wiederherstellung der Biographien dieser Opfer beizutragen, um ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. Außerdem hat die Geschichte der Anatomie im Dritten Reich Bedeutung für die Entwicklung nationaler und internationaler ethischer Richtlinien in der anatomischen Lehre und Forschung.

Es laden Sie herzlich ein:
Prof. Dr. Rainer Godel und Prof. Dr. Dieter Hoffmann ML*

Das Seminar findet statt
am: 7. Februar 2017
um: 18.00 Uhr
Ort: Lesesaal des Leopoldina-Studienzentrums, Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (Saale)

*ML = Mitglied der Leopoldina

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Programm

Kontakt

Rainer Godel

Emil-Abderhalden-Str. 36

rainer.godel@leopoldina.org

https://www.leopoldina.org/de/veranstaltungen/wissenschaftshistorische-seminare/
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Sprach(en) der Veranstaltung
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