Artisten (in) der Kontaktzone

Artisten (in) der Kontaktzone

Veranstalter
Gesellschaft für Ethnographie e.V. in Kooperation mit dem Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin und der Abteilung für Altamerikanistik und Ethnologie der Universität Bonn
Veranstaltungsort
Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin, Mohrenstraße 40-41, 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.01.2017 - 29.01.2017
Von
Helmut Groschwitz

Eingeführt von Mary Louise Pratt (1991) gilt „Kontaktzone“ heute zunehmend als eine der zentralen Kategorien der gegenwärtigen Ethnologie. Verbunden damit ist der Themenkomplex der „Transkulturalität“ als weiterer Kategorie aktueller ethnologischer Diskurse. Wir gehen davon aus, dass diese beiden Begriffe im Sinne der Pratt’schen Formulierung von „meet, clash and grapple with each other“ auf die Ethnologien und ihre „disparaten Kulturen“ anwendbar sind. Als Kontaktzone wird ein lokal nicht fixierter, transkultureller Raum zwischen jeweils komplexer akademischer und allgemeiner Öffentlichkeit in einer historischen Perspektive – hier in der Perspektive der Wissenschaftsgeschichte – verstanden. Die Akteurinnen unserer Disziplin können dabei als „Artisten“ gesehen werden, die sich in historisch und räumlich unterschiedlichen Situationen, konstituiert im Umfeld von Universitäten, Museen und anderen öffentlichen Institutionen sowie von Medien und weiteren Kommunikationsfeldern immer wieder neu als Ethnologinnen – „außereuropäische“ wie „europäische“ – erfinden mussten und müssen. Zugleich sind sie dabei in jeweils spezifische und komplexe Machtbeziehungen eingebunden.
Es geht also darum, die Geschichte der Ethnologien, d. h. der außereuropäischen Ethnologie und der Europäischen Ethnologie/Volkskunde in ihren historischen und aktuellen Positionierungen und Perspektiven sowie in ihren gegenseitigen Beziehungen zu betrachten. Wir wollen nach den damit verbundenen Ansprüchen auf Expertisen und Deutungshoheiten fragen, insbesondere dann, wenn diese beiden Ethnologien sowie öffentliche Diskurse „aufeinandertreffen, zusammenstoßen und miteinander ringen“. Welche Grenzziehungen und dadurch entstehenden Kontaktzonen spielten und spielen in den zwei Ethnologien eine Rolle, sowohl innerhalb der Wissenschaften als auch nach „außen“, hin zur nichtakademischen Öffentlichkeit?
Auch die Diskussion von Untersuchungen zur historischen Positionierung der Ethnologien im Verhältnis zu den Regionalwissenschaften/Area Studies kann unseres Erachtens Aufschlüsse über das gegenwärtige Verhältnis beider Disziplinen zueinander und im interdisziplinären Austausch erbringen. Im wissenschaftspolitischen Diskurs wird den Area Studies gegenüber den Ethnologien häufig eine größere gesellschaftliche und praxisrelevante Funktion zuerkannt. Diese gilt es zu hinterfragen, insbesondere mit Blick auf die Politik- und Wirtschaftsberatung sowie die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit hinsichtlich globaler Märkte.
Diese Themen wollen wir sowohl mit Kolleginnen und Kollegen diskutieren, die in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich zur Fach- und Wissensgeschichte unserer Disziplinen gearbeitet haben als auch mit denjenigen, die sich diesen Fragen erst seit kurzem zugewandt haben.

Programm

Freitag, 27. Januar 2017:
12.00 Uhr: Mitgliederversammlung
14.00 - 16:30 Uhr: Panel I: Ethnologie(n) – vom Zentrum an die Ränder
- Helmut Groschwitz/Beatrix Hoffmann (Berlin/Bonn): Sammeln für die Nation – Adolf Bastian, Rudolf Virchow und die Gründung der ethnographischen Museen in Berlin
- Paul Hempel (München): Paul Ehrenreich und die undisziplinierte Wissenschaft vom Menschen
- Rainer Hatoum (Frankfurt a. M.): Franz Boas zwischen Theorie und Praxis, Vergangenheit und Gegenwart – Neue Einblicke zur Mittlerarbeit von Boas auf der Grundlage seiner stenografischen Feldnotizen
16.30 - 17.15 Uhr: Empfang
17:15 - 20.00 Uhr: Filmvorführung: Der Schamane und die Schlange, Regie: Ciro Guerra, Kommentar: Michael Kraus (Göttingen)
Anschließend: gemeinsamer Ausklang im “Solino”, Nikolaiviertel

Samstag, 28. Januar 2017
9.00 - 11.30 Uhr: Panel II: Zwischenzeiten – Zwischenräume
- Sabine Imeri (Berlin): Ethnologie und Volkskunde im Vereinsnetzwerk, Berlin um 1900
- Michi Knecht (Bremen): Partial connections: Jenseits von Einheit versus Pluralität.
- N. N.
12:30-15.00 Uhr: Panel III: Kontaktzone Ost West: Kontinuitäten und Neuerfindungen
- Leonore Scholze-Irrlitz (Berlin): Richard Thurnwalds Konzept von Ethnosoziologie und “Völkerwissenschaft” – Überlegungen zur Rezeption im Nachkriegsdeutschland
- Ingrid Kreide (Bonn): Ethnologie in Leipzig 1945-1970
- Jorge Branco (Lissabon): Die DDR-Ethnographie aus einer Außenperspektive
15:00-16.00 Uhr: Abschlussdiskussion

Sonntag, 29. Januar 2017
Exkursion
10:30 Uhr: Führung Humboldtbox, Ausstellung “Extreme! Natur und Kultur am Humboldtstrom”

Tagungsgebühren: 30 EUR voll, 10 EUR ermäßigt (Studierende, Arbeitslose u.a.)

Anmeldung via: tagung2017@gfe-online.org

Kontakt

Helmut Groschwitz

Universität Regensburg, 93040 Regensburg

tagung2017@gfe-online.org

http://www.gfe-online.org/cms2/index.php/tagungen.html
Redaktion
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