Die Abteilung Bildung und Forschung des Beauftragten für die Stasi-Unterlagen der ehemaligen DDR (BStU) lädt auch in diesem Winter zu einem semesterbegleitenden Kolloquium in ihrer Bibliothek ein. In den Vorträgen wechseln sich Wissenschaftler der BStU mit externen Forschern ab, die jeweils ihre laufenden Forschungsprojekte vorstellen und mit den Zuhörern diskutieren. Im Mittelpunkt dieser Werkstattberichte steht selbstverständlich die Staatssicherheit der DDR und ihre Arbeit, das Kolloquium ist aber auch offen für andere Themen. Das konkrete Programm entnehmen Sie bitte dem Semesterprogramm. Die Veranstaltung steht für alle Interessenten offen - eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Vortrag von Herrn Dr. Douglas Selvage (BStU - Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung BF):
Thema:
"Stasi, KGB und KSZE-Prozess: Die Bekämpfung konservativer Menschenrechtsorganisationen in der Bundesrepublik"
Nach 1975 beriefen sich unterschiedliche Gruppen und einzelne Bürger im Osten auf die KSZE-Schlussakte, um die Einhaltung der Menschenrechte und die Verwirklichung von humanitären Erleichterungen zu fordern. Diese Forderungen wurden nicht nur von einzelnen westlichen Regierungen unterstützt, sondern auch von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im Westen, die diesen Forderungen Öffentlichkeit gaben, sie westlichen und östlichen Regierungen vortrugen und sie auf den Nachfolgekonferenzen der KSZE vorbrachten. Die Sicherheitsorgane der kommunistischen Regierungen, darunter das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und der sowjetische KGB, wurden damit beauftragt, nicht nur Aktivisten im Innern zu unterdrücken, sondern auch derartige NGOs im Westen zu unterwandern, demoralisieren („zersetzen“), diskreditieren und sonst Mundtot zu machen.
Der Vortrag analysierte das Vorgehen des MfS und des KGB bei der Bekämpfung von zwei konservativen Organisationen in der Bundesrepublik, die aktiv im KSZE-Prozess für die Einhaltung der Menschenrechte im Osten auftraten: die Gesellschaft für Menschenrechte, e. V. (GfM, später Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, IGfM) und die Arbeitsgemeinschaft 13. August. Eine dritte Organisation, Hilferufe von drüben, wurde auch in der Gegenoffensive des MfS – wenn nicht des KGB – miteinbezogen. Obwohl es noch viele offene Fragen über die Zusammenarbeit des MfS mit dem KGB in diesen drei Fällen gibt, veranschaulichen sie die Rolle der sowjetischen und ostdeutschen Aufklärung bei der Verfolgung von Oppositionellen und Ausreisewilligen im Innern und ihren Unterstützern im Ausland.