Biographien und Migration

Biographien und Migration

Veranstalter
Herausgeberinnen: Johanna Gehmacher, Klara Löffler, Katharina Prager
Veranstaltungsort
Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (OeZG)
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
30.09.2016 -
Deadline
15.11.2016
Website
Von
Katharina Prager

//English version below//

Call for Articles

Die Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (OeZG) plant für den Herbst 2018 einen Schwerpunktband zum Thema

Biografien und Migrationen (Arbeitstitel)
Herausgeberinnen: Johanna Gehmacher, Klara Löffler, Katharina Prager

Vielfach schon wurde bemerkt, dass Menschen, die durch (erzwungene oder selbst gewählte) Migration in verschiedenen Kulturen lebten und wirkten, verstärkt das Bedürfnis haben, ihre Erfahrungen zu reflektieren und zu gestalten. Migration als Biografiegenerator in den Fokus theoretischer Reflexion über Formen und Praktiken des autobiografischen Lebens (Carl Pletsch) zu nehmen, stellt gleichwohl eine Herausforderung dar. Denn die unterschiedlichen kulturellen Positionierungen von AutobiografInnen erzeugen auch ein breites Spektrum von Formen des biografischen Selbstbezugs, das von der Konstruktion des großen sinnstiftenden Mythos bis zum disparaten Aneinanderreihen von Fragmenten und Überresten reichen kann. Überdies fehlen für das transnationale Leben globaler Subjekte nicht nur institutionalisierte Gedächtnisorte, die Auseinandersetzung mit ihren Biografien ist auch schwer in national und fachwissenschaftlich dominierte Erinnerungskulturen einzupassen. Das biografische Erzählen (in) der Migration gerät damit in besonderer Weise in das Spannungsfeld zwischen allgegenwärtiger Biografisierung des Lebens und der verbreiteten Entwertung biografischer Sinnkonstruktionen. Kann doch die biografische Darstellbarkeit eines Lebens zwischen unterschiedlichen politischen, sozialen und kulturellen Kontexten von existenzieller Bedeutung in einem von Migration geprägten Leben sein. Gleichwohl konnten und können MigrantInnen oft nicht ohne weiteres an jenen privilegierten Individualitätsentwurf einer europäischen, männlichen, weißen Elite anschließen, den die Inanspruchnahme von biografischen Formen des Selbstbezugs voraussetzt. Vor diesem Hintergrund gilt es auch die (theoretische und literarische) Infragestellung der Selbstverständlichkeit und Konsistenz des auto/biografischen Narrativs seit dem frühen 20. Jahrhundert als kulturell bedingte Entwicklung zu problematisieren.

Der geplante Themenband der ÖZG zielt auf die Bearbeitung von theoretischen und methodischen Fragen einer geschichtswissenschaftlich gerahmten Biografieforschung im interdisziplinären Kontext. Dabei sollen u.a. folgende Fragen zur Diskussion gestellt werden:

- Welche Bedeutungsverschiebungen erzeugen Migrationserfahrungen in auto/biografischen Narrativen? Wie gehen AutobiografInnen mit dem Widerspruch/der Ambivalenz um, dass sie einerseits für die Legitimation ihrer Migration eine auto/biografische Erzählung zu brauchen, dass aber andererseits der Verlust vieler Kontexte und Medien erschwert oder gar unmöglich macht, diese Geschichte sinnvoll zu erzählen?
- Welche Formen des autobiografischen Erzählens bringen die Einzelnen mit, welche werden eröffnet, welche Formen werden durch die Migration bedingt, welche verschließt die Migration? Welche Formen und Muster werden durch die Stationen der Migration, durch die Bürokratien der Migration abgerufen bzw. erst installiert?
- Wie werden "Vorleben" und "Nachleben" durch auto/biografische Erzählungen verbunden bzw. getrennt? Welche Rolle spielen Aspekte von Sprache und Übersetzung in diesem Zusammenhang?
- In bürokratischen Zusammenhängen wie auch in den individuellen Erinnerungskulturen spielt die Materialität der Lebensdokumentation eine wichtige Rolle. Welche Lebensdokumente bringen die Einzelnen mit, welche bewahrten sie auf, welche fehlen – wem?
- Welche Gruppen von RezipientInnen adressieren (und konstituieren) auto/biografische Erzählungen zu Migration? Wie können sich diese im Lauf der Zeit verändern? Wem wird welches Leben, das Vor- und/oder das Nachleben erzählt und/oder geschrieben?
- Welche Möglichkeiten und Traditionen gibt es über „Scheitern“ zu sprechen und wie sind Diskurse um Erfolg und Scheitern zum Beispiel im Geniediskurs des 19. Jahrhunderts, der das „moderne“ Denken wesentlich beeinflusste, zu verorten?
- Welche individuellen, sozialen und politischen Konsequenzen haben Erfolgsgeschichten, die im Kontakt mit den Herkunftsorten (nicht) ausgetauscht werden?

Prozedere
Die Beiträge können in deutscher und englischer Sprache eingereicht werden. Wir erbitten Abstracts von ein bis zwei Seiten, die eine Beschreibung des Untersuchungsgegenstands, der Fragestellung, der
Methode und Quellen, auf die im Artikel zurückgegriffen werden soll, beinhalten, sowie einen kurzen
CV inkl. themenspezifischer Publikationen.
Neben umfangreichen wissenschaftlichen Artikeln im Umfang von bis zu 60.000 Zeichen (inklusive
Fußnoten und Leerzeichen) werden auch themenspezifische Forumsbeiträge – Berichte über
Forschungsprojekte, Tagungen und Ausstellungen sowie Essays zu aktuellen gesellschaftspolitischen
Fragen aus historischer Sicht mit bis zu 20.000 Zeichen (inkl. Fußnoten und Leerzeichen) – sowie Review Essays/Sammelrezensionen veröffentlicht. Auch für diese Rubrik können Beitragsvorschläge
eingereicht werden.
Alle wissenschaftlichen Aufsätze unterliegen einem anonymen internationalen Begutachtungsverfahren. Über die Veröffentlichung von Manuskripten entscheiden die
Herausgeberinnen der ÖZG auf Grundlage der Gutachten.

Zeitplan
15. November 2016: Ende Einreichungsfrist
Jänner 2017: Bekanntgabe der ausgewählten Artikel
Juni 2017: Abgabe Artikel
Ihre Einreichung senden Sie bitte unter dem Betreff „OEZG Migration“ an: johanna.gehmacher@univie.ac.at; klara.loeffler@univie.ac.at; katharina.prager@univie.ac.at

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The Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (OeZG) (Austrian Journal of Historical Studies) is preparing an issue (03/2018) with the working title:

Biographies and Migration
ed. by Johanna Gehmacher, Klara Löffler, Katharina Prager

It has been observed repeatedly that people living and working in different cultures (due to forced or chosen migration) feel an intensified need to reflect and organize their experiences. Focussing on migration as a generator of biographies and at the same time reflecting theoretically on forms and practises of an autobiographical life (Carl Pletsch) poses various challenges: Very different cultural positions of autobiographers create a broad spectrum of modes of biographical self-reference, ranging from the construction of a ‘grand’ meaningful myth to disparate juxtapositions of fragments and remnants. Furthermore there are no institutionalized archives or sites of memory to document and represent transnational lives of global subjects; an intensive engagement with these biographies also often goes beyond the scope of ‘traditional’ commemorative cultures dominated by national affiliation and specialised academic fields.
Biographical accounts in/of migration are moreover situated in an area of conflict between ubiquitous biographical processing of a life and a widespread devaluation of biographical constructions of meaning. This is especially noteworthy as the biographical representation may be of vital significance for a person living in and between different political, social and cultural contexts. Most migrants, however, could and cannot readily associate themselves with the privileged concept of white, male, European individuality that is usually taken for granted as far as forms of biographical self-reference are concerned. In view of these facts it is necessary to also highlight and engage with the problems of (literary and theoretical) deconstruction of self-evident and consistent auto/biographical narratives since the early 20th century as a cultural development.

This forthcoming issue of the Austrian Journal of Historical Studies aims at addressing theoretical and methodological problems of biographical research in historiography and invites an interdisciplinary approach. Possible topics or questions include but are not limited to:

- What shifts of meaning in auto/biographical narratives are created by the experience of migration? How do autobiographers deal with the ambivalence or discrepancy of needing biographical accounts to legitimize their migration, while the loss of context and media makes it difficult or even impossible to recount a valid story?
- Which modes of auto/biographical narration are brought along by individuals, which ones open up in the new setting; which auto/biographical forms are induced by migration, which ones are closed off? What auto/biographical practices and patterns are demanded and introduced by bureaucracies and/or at different stages of migration?
- How are past and present lives – and probably even an afterlife – dis/connected in auto/biographical accounts? How important are aspects of communication, language and translation in this respect?
- In bureaucratic and individual contexts and commemorative cultures the materiality of documenting one’s life is of major importance. Which personal and biographical documents or records are brought along and preserved by individuals; which ones are missing and who misses them?
- Auto/biographical accounts of migration may be constituted by and addressed to different groups of recipients. How can these target groups change over time? And for whom may different lives (past, present, future) be recounted or written in what way?
- Are there possibilities and/or traditions to talk about ‘failure’? And how may discourses around success and failure still be shaped by, for instance, the concept of the genius – a set of ideas about individual creativity that have been present in Western thought for millennia and that gained new momentum in the 19th century, influencing ‘modern’ thinking?
- What are the individual, social or political consequences of success stories when (not) communicated in exchange with places of origin?

Editorial procedure
We accept articles in German and in English. An abstract of the article (one to two pages) and a short
CV including relevant publications must be sent by November 15th. The abstract should outline the topic of the article, the problem(s) discussed, the research question(s), the methods that will be applied and the sources that will be studied.
Besides comprehensive scholarly articles which may contain up to 60,000 characters, smaller contributions to the Forum – such as reports on ongoing research projects, conferences and exhibitions, and essays on current issues from a historical perspective (up to 20,000 characters) – as well as review essays can be submitted.
All scholarly articles will be peer-reviewed according to international standards. The editors of the
issue will decide on the publication of the articles based on the reviews.

Timeline
November 15th, 2016: Application deadline
January 2017: Applicants will be informed whether they are invited to contribute to the issue
June 2017: Submission of the articles for peer-review

Please send your proposal (subject „OEZG Migration“) to:
johanna.gehmacher@univie.ac.at; klara.loeffler@univie.ac.at; katharina.prager@univie.ac.at

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Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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