Eigen-Zeiten der Moderne: Regime, Logiken, Strukturen

Eigen-Zeiten der Moderne: Regime, Logiken, Strukturen

Veranstalter
Schwerpunktprogramm 1688 "Ästhetische Eigenzeiten: Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne"
Veranstaltungsort
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Senatssaal
Ort
Jena
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.10.2016 - 15.10.2016
Von
Michael Bies

Eigen-Zeiten der Moderne: Regime, Logiken, Strukturen

Dritte Jahrestagung des Schwerpunktprogramms 1688 "Ästhetische Eigenzeiten. Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne" an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 13. bis 15. Oktober 2016, Senatssaal

Die dritte Jahrestagung des SPP 1688 untersucht kulturelle Strukturierungen und Ordnungen von Zeit, die in Muster von Wahrnehmung und Erkenntnis, in Formen von Handlung und Verhalten sowie in die Rahmen von Deutung und Selbstverständigung der Subjekte eingegangen sind. Sie macht vor diesem Hintergrund insbesondere die Modellierungs- und Periodisierungsversuche von 'Moderne' zum Gegenstand der kritischen Reflexion.

Epochenqualität ist bekanntlich keine Eigenschaft des Geschichtsverlaufs. Sie ist das Ergebnis einer historiographischen Reflexions- und Strukturierungsleistung. "Ich habe kaum nötig, hier ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen", schreibt der Historiker Johann Gustav Droysen, "daß es in der Geschichte sowenig Epochen gibt wie auf dem Erdkörper die Linien des Äquators und der Wendekreise, daß es nur Betrachtungsformen sind, die der denkende Geist dem empirisch Vorhandenen gibt, um sie so desto gewisser zu fassen." Versuche, die gesellschaftliche und kulturelle 'Moderne' in temporaler Hinsicht zu erfassen, haben in den letzten Jahren besonders die Formen der 'Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen' (Reinhart Koselleck, Sabine Schneider, Heinz Brüggemann) und der 'Nachzeitigkeit' (Gerhard Richter) herausgestellt. Die Frage nach der Historisierung der Moderne führt zu den Zeitkonzepten als Bedingung jeder möglichen Geschichtsschreibung.

Nimmt man die Moderne von der Synchronisierung und Asynchronizität der Eigenzeiten her in den Blick, dann zeigen sich keine klaren Entwicklungslinien, keine linearen Fortschritte, keine eindeutigen Logiken des Vorher und Nachher. Zu erschließen ist vielmehr ein konfliktuöses Spannungsgefüge gleichzeitiger heterogener Impulse, Wertsetzungen, Programme, institutioneller Muster und Praktiken, die nebeneinander bestehen, einander überlagen und sich teilweise durchdringen. Freizulegen sind dann, mit Koselleck gesprochen, "Temporalstrukturen […], die den mannigfachen geschichtlichen Bewegungsweisen angemessen sind."

Die Tagung fragt in interdisziplinärer Perspektive danach, wie das konfliktuöse Spannungsgefüge der Moderne erkannt werden kann und welche Konsequenzen sich daraus für die Deutung und Relationierung historischer Entwicklungen und Prozesse ergeben. Sie versucht, das Verhältnis von Zeitregimen der Moderne und den widerständigen Logiken der Kunstwerke, Artefakte und Gegenstände produktiv zu machen. Sie reflektiert makrogeschichtliche Perspektiven auf die Moderne, überprüft sie mikrologisch an einzelnen Werken und Artefakten und diskutiert den Erkenntniswert wie auch die Brüchigkeit von Versuchen der Epochalisierung.

Programm

Donnerstag, 13. Oktober 2016

13.00 Uhr: Helmut Hühn (Jena)/Michael Gamper (Berlin): Begrüßung, Einleitung und Moderation

13.15 Uhr: Eva Geulen (Berlin): Epochenschwellen der Moderne: 1800 versus 1900

14.15 Uhr: Sabine Schneider (Zürich): Zeitverflechtungen der Moderne

15.15 Uhr: Pause

15.45 Uhr: Panel: Tiefenzeit des Menschen (Moderation: Reinhard Wegner, Jena)

Eva Horn (Wien): Menschengeschichte als Erdgeschichte. Zeitskalen im Anthropozän; Lena Kugler (Konstanz): Lartet und Vischer. Die Zeit der Tiere und die doppelte Zeitgenossenschaft des Urmenschen; Hanna Hamel (Wien): Zeit der Gattung. Herder als Anthropologe des Anthropozäns?; Solvejg Nitzke (Wien): Im Bann des Klimas. Narrative Konfrontationen von Lebens- und Tiefenzeit bei Christoph Ransmayr; Diskussion der Vorträge

18.00 Uhr: Pause

18.45 Uhr: Abendvortrag (Moderation: Michael Bies, Berlin)

Helge Jordheim (Oslo): Die Moderne als Synchronisierung der Geschichte

20.15 Uhr: Abendessen

Freitag, 14. Oktober 2016

09.00 Uhr: Einleitung und Moderation: Helmut Hühn (Jena)

09.05 Uhr: Emil Angehrn (Basel): Negativität und Moderne

10.00 Uhr: Hartmut Rosa (Jena/Erfurt): Drei Formen der Gegenwart. Die Beschleunigung und der doppelte Epochenbruch der Moderne

11.00 Uhr: Pause

11.30 Uhr: Zwischengedanken

12.00 Uhr: Mittagspause

13.30 Uhr: Panel: Epochalität und Moderne (Moderation: Michael Gamper, Berlin)

Boris Roman Gibhardt (Bielefeld): Epochalität und Allegorie. Der revolutionäre und der romantische 'Morgen'; Reinhard Wegner (Jena): Epochenkonstrukte in Bildern um 1900. Der Fall Max Klinger; Dominik Schrage/Holger Schwetter (Dresden): Popmusikalische Chronotopoi und Epochenbildung; Diskussion der Vorträge

15.45 Uhr: Pause

16.15 Uhr: Panel: Die Moderne und ihr Verhältnis zur Gegenwart (Moderation: Sabine Schneider, Zürich)

Helmut Hühn (Jena): Gegenwart und Moderne. Philosophische und zeitpolitische Diskurse um 1800; Johannes Lehmann (Bonn): Zeitgenossenschaft und Moderne; Diskussion der Vorträge

17.45 Uhr: Pause

18.15 Uhr: Panel: Zeitregime der Moderne I (Moderation: Stephan Pabst, Jena)

Michael Ostheimer (Chemnitz): Ost-West-Zeiten. Überlegungen zu einer literarischen Zeit-Komparatistik aus (Post-)DDR-Perspektive; Lutz Seiler (Wilhelmshorst/Stockholm): Lesung und Gespräch; Diskussion

20.15 Uhr: Abendessen

Samstag, 15. Oktober 2016

09.00 Uhr: Interne Gesamtversammlung des SPP 1688

10.00 Uhr: Pause

10.30 Uhr: Panel: Ästhetische Eigenzeiten der Moderne (Moderation: Gabriele Brandstetter, Berlin)

Marie Drath (Zürich): Zeitlichkeiten des Humors bei Wilhelm Raabe; Caroline Forscht (Berlin): Im Wandel der Zeiten. 'Zeitgemälde' des Wiener Unterhaltungstheaters zwischen Moderne, Unmodernem und Moden; Diskussion der Vorträge

12.00 Uhr: Pause

12.30 Uhr: Panel: Zeitregime der Moderne II (Moderation: Ethel Matala de Mazza, Berlin)

Sebastian Giacovelli (Gießen): Die Widerständigkeit institutionalisierter neoklassischer Formellogik gegenüber Historizität und makroökonomischen Erwartungen; Diskussion des Vortrags

13.15 Uhr: Schlussgedanken und -worte

Kontakt

Michael Bies

Leibniz Universität Hannover, Deutsches Seminar, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover

michel.bies@germanistik.uni-hannover.de

http://www.aesthetische-eigenzeiten.de/termine/
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