Antisemitismus in der deutschen Linken

Antisemitismus in der deutschen Linken

Veranstalter
Hans-Böckler-Stiftung
Veranstaltungsort
IG Metall Bildungsstätte Berlin / Pichelsee
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.11.2004 - 28.11.2004
Deadline
15.11.2004
Von
Matthias Brosch

Es ist seit geraumer Zeit kein Geheimnis mehr, dass Judenfeindschaft zumal in Deutschland nicht nur in der politischen Rechten zu finden ist. Jean Améry etwa hatte nach dem Sechs- Tage-Krieg mehrfach auf den in der Neuen Linken grassierenden `ehrbaren Antisemitismus´ hingewiesen, der sich nur schlecht kaschiert als Kritik am Zionismus ausgab.Obwohl, wie Noberto Bobbio herausgestellt hat, Gleichheit ein grundlegendes Prinzip linker Weltanschauung ist, wird in den Argumentationen der Linken um Israel und das Judentum interessanterweise insbesondere in den letzten Jahrzehnten zunehmend ein politisches Instrument verwandt, welches ursprünglich ein wesentliches Merkmal rechter Ideologie ist, nämlich die Exklusion, in diesem Zusammenhang die ethnische Exklusion. Schon einigen Denkern des deutschen Idealismus und der frühen Arbeiterbewegung wurden antisemitische Ressentiments und Judenhass nachgewiesen. Das Verhältnis der Linken zum Antisemitismus hat sich zwar vielfach transformiert, kaum aber geklärt.

Die gegenwärtigen Diskussionen über die weltweit zunehmenden Konflikte und Kriege insbesondere in Nah- und Mittelost und über die amerikanische Politik, sind in den gesellschaftlichen Strömungen, welche ihrem Selbstverständnis nach innerhalb der politischen Linken zu verorten sind, von erbitterten internen Debatten über das Verhältnis von Antisemitismus,Antizionismus und Antiamerikanismus geprägt.Auf der Tagung soll die Bedeutung antisemitischer Topoi in der deutschen Linken in Geschichte und Gegenwart dargestellt und diskutiert werden: Ist Antisemitismus eine Randerscheinung oder struktureller bzw. kohärenter Bestandteil linker Ideologie? Wo liegen seine Wurzeln? Wie gestaltet sich das Wechselverhältnis von Antisemitismus, kritischer Reflexion der nationalsozialistischen Vergangenheit,Antizionismus, Antiamerikanismus und die in diesem Kontext häufig zu beobachtende für die politische Linke eigentümliche Tendenz zur Exklusion?

Inhaltlich wird sich die Veranstaltung an der Schnittstelle und im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik bewegen.Mit der Präsentation von Initiativen, Filmen,mit Podiumsdiskussionen und wissenschaftlichen Referaten möchten wir diesem Umstand Rechnung tragen und zugleich der internationalen Dimension dieser Debatte gerecht werden.

Im Auftrag der Hans Böckler Stiftung: Matthias Brosch,Michael Elm, Norman Geissler Brigitta Simbürger, Oliver von Wrochem

Programm

Freitag
17:00-17:30 Uhr
Einführung in das Anliegen der Tagung: Matthias Brosch, Norman Geissler, Michael Elm, Oliver von Wrochem, Brigitta Simbürger

17:30-19:00 Uhr
Nahost-Konflikt und deutsche Linke
Gerhard Scheit (Wien), Elfriede Müller (Berlin) Moderation: Brigitta Simbürger

20-22 Uhr
Spielfilm: Schatten der Engel (nach Fassbinders „Die Stadt, der Müll und der Tod“, Regie: Daniel Schmid, CH 1976, O.m.engl.U., 105 Min.)
Einleitung und Moderation: Michael Elm

Samstag
9:00-10:45 Uhr
Antisemitismus und die organisierte deutsche Linke seit 1918
Moderation: Matthias Brosch
Olaf Kistenmacher (Hamburg): Antisemitische Denkformen in der Kommunistischen Partei Deutschlands der Weimarer Republik, 1918-1933 (mit Ausblick 1933-1945)
Mario Kessler (Potsdam): Antisemitismus in Gewerkschaften und SPD von der Jahrhundertwende bis in die 1950er Jahre

15 min. Pause

11:00-13:00 Uhr
Verhältnis von politisch verfolgten Deutschen und Juden 1933-1945
Vorstellung: Oliver v. Wrochem
Vortrag: Linde Apel (Hamburg)
Spielfilm: Ein Tag – Bericht aus einem deutschen Konzentrationslager 1939 (Regie: Egon Monk, BRD 1965, 85 Min.)

13:00 – 15:00 Uhr Mittag

15:00-16:45 Uhr
Antisemitismus und nationale Identität
Moderation: Norman Geissler
Ilka Quindeau (Frankfurt a.M.): Schuldabwehr und nationale Identität
Lars Rensmann (Berlin): Sekundärer Antisemitismus in der deutschen Linken
Viola Georgi (Berlin): Einwanderungsgesellschaft und nationale Erinnerungskultur

15 min. Pause

17:00-19:00 Uhr
Positionen zu Israel und Amerika in der DDR und der westdeutschen Neuen Linken
Moderation: Oliver v. Wrochem
Thomas Haury (Freiburg i.Br.): Antizionismus und Antisemitismus in der DDR
Knud Andresen (Hamburg): Antizionismus in der westdeutschen Neuen Linken seit 1960
Christian Schwaabe (München): Antiamerikanismus in der deutschen Linken

19:00 Abendbrot

20:00-22:00 Uhr
Spielfilm: Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben
(Regie: Stanley Kubrick, GB/USA 1963-64, 95 min.)
Einleitung und Moderation: Michael Elm

Sonntag
9:00-10:30 Uhr
Vorstellung von Initiativen gegen Antisemitismus
Moderation: Norman Geissler
kiga
deutsch israelische Politologenvereinigung
Sebastian Wertmüller (DGB)

11:00 – 13:00
Nahostkonflikt, Europa und die deutsche Linke – aktuelle Fragen und Perspektiven
Moderation: Matthias Brosch
Juliane Wetzel (Berlin): Antisemitismus in Europa/Schwerpunktsetzung auf Nahostkonflikt
Moshe Zuckermann (Tel-Aviv): Deutsche Linke und Nahostkonflikt aus israelischer Perspektive
Mirjam Gläser (Berlin): Nahost- und Erinnerungspolitik der deutschen Linken aus arabischer Perspektive

13:00 Uhr
Abschluss und Mittag

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich an:

matthias.brosch@gmx.de
oder:
normangeissler@web.de

Kontakt

Ralf Guthoff

Hans-Böckler-Stiftung, Hans-Böckler-Str.39, 40476 Düsseldorf

0211 / 77 78 – 123
0211 / 77 78 – 4123
Ralf-Guthoff@boeckler.de

http://www.historicum.net/aktuell/termine/2004/HB0426rz.pdf