"Der Fall Jauss" / "Le cas Jauss"

"Der Fall Jauss" / "Le cas Jauss"

Veranstalter
Centre Marc Bloch
Veranstaltungsort
Centre Marc Bloch, Salle Germaine Tillion, 7. Stock, Friedrichstrasse 191 - 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.06.2016 -
Von
Sébastien Vannier

Buchpräsentation mit Filmvorführung und Diskussionsabend

Im Mai 2016 erscheint das Buch Der „Fall Jauss“. Wege des Verstehens in eine Zukunft der Philologie (Kulturverlag Kadmos Berlin) des Potsdamer Romanisten und Komparatisten Ottmar Ette. Dies ist der Anlass, einen interdisziplinären Gesprächsabend auszurichten, der einem breiteren Publikum den „Fall Jauss“ bekanntmachen und einer Diskussion geschichtspolitischer, philologischer und ästhetischer Fragen dienen soll, die sich davon ausgehend stellen.

Hans Robert Jauß (1921-1997), seit 1966 Professor der Universität Konstanz, gilt als einer der bedeutendsten Literaturwissenschaftler Deutschlands der Nachkriegszeit. Mit seiner Konstanzer Antrittsvorlesung „Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft“, die bereits 1967 in Buchform erschien, begründete er die Rezeptionsästhetik, welche Ausweitungen in die Sozial-, Kultur- und Fachgeschichte erhielt, und die später als „Konstanzer Schule“ bezeichnet wurde. Seit der Literaturwissenschaftler Earl Jeffrey Richards 1995 zum ersten Mal öffentlichkeitswirksam auf die SS-Mitgliedschaft von Hans Robert Jauß hinwies, entbrannte über die Frage der Konsequenzen dieses Faktums eine Debatte, die nicht abebben sollte. Der französische Philologe Maurice Olender, der im September 1996 das einzige große Interview über die Vergangenheit mit Hans Robert Jauß für Le Monde geführt hat, machte in Jauß’ Äußerung ein signifikantes „Schweigen einer Generation“ aus (Race sans histoire, Paris 2005/2009). Vergleiche mit anderen diskutierten Fällen wie jene von Günter Grass oder Martin Heidegger drängten sich auf. Nach der Aufführung von Gerhard Zahners Theaterstück „Die Liste der Unerwünschten“ beauftragte 2014 schließlich die Universität Konstanz ein Gutachten zur Rolle Jauß’ in der Waffen-SS bei dem Potsdamer Historiker Jens Westemeier, das 2015 der Öffentlichkeit vorgelegt wurde.

Vor diesem Hintergrund dient der Abend der Diskussion von Fragen wie: Wie ist Jauß’ Verhalten zu verstehen? Welche Rolle spielt es für die Neugestaltung der Geisteswissenschaften in der Bundesrepublik? Sind Leben und Werk getrennt zu betrachten? Oder gibt es doch – vergleichbar etwa mit dem Fall Heideggers – einen Zusammenhang zwischen Jauß’ Leben und seiner Rezeptionstheorie? Welche Konsequenzen zieht man aus möglichen Erkenntnissen für die Beurteilung eines wissenschaftlichen Werks von internationaler Ausstrahlung? Und schließlich: Warum wird das Leben von Hans Robert Jauß in Deutschland erst so spät zum Thema, während es in Frankreich und den USA längst diskutiert worden war?

Um Anmeldung wird gebeten unter:

vas@cmb.hu-berlin.de

Kontakt:

Sébastien Vannier

Programm:

18:00-18:30 Uhr

Auftakt

Begrüßung: Markus Messling, Centre Marc Bloch

Thematische Einführung: Ottmar Ette, Universität Potsdam

Kurzdarstellung des historischen Gutachtens: Jens Westemeier, Universität Potsdam

18:30-19:30 Uhr

Projektion des Films „Die Antrittsvorlesung. Ein szenisches Drama“ (2015)

in Anwesenheit des Regisseurs Didi Danquart

Kurze O-Ton-Auszüge aus dem Interview mit Hans Robert Jauß für Le Monde (Institut Mémoires de l’Édition Contemporaine, IMEC Caen, Fonds Maurice Olender)

19:30-21:00 Uhr

Gesprächsrunde mit

Didi Danquart, Kunsthochschule für Medien Köln
Ottmar Ette, Universität Potsdam
Maurice Olender, École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) Paris
Thomas Sparr, Berlin
Jens Westemeier, Universität Potsdam

Moderation: Andrea Allerkamp, Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder

Andrea Allerkamp, zunächst Professorin für Ideengeschichte und deutsche Literatur in Aix-Marseille und Poitiers, seit 2011 Professorin für Westeuropäische Literaturen an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder.

Didi Danquart, Professor an der Kunsthochschule für Medien Köln, ist preisgekrönter Regisseur und Drehbuchautor dokumentarischer und fiktionaler Filme sowie Gründer der Filmproduktionsfirma noirfilm.

Ottmar Ette, Professor für Romanische Literaturwissenschaft an der Universität Potsdam, Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Honorary Member der Modern Language Association.

Maurice Olender, Professor für die Geschichte der Sciences humaines an der EHESS Paris, zuletzt Gastprofessor auf dem Lehrstuhl für Französische Literatur und Kultur der ETH Zürich, ausgezeichnet durch die Académie française und mit dem Prix Roger Caillois für Essayistik.

Thomas Sparr, promovierter Literaturwissenschaftler, bis 2015 stellvertretender Verlegerischer Leiter des Suhrkamp Verlages, dessen Editor-at-large er heute ist.

Jens Westemeier, promovierter Historiker, Lehrbeauftragter für Militärgeschichte und die Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam.

Programm

Kontakt

Sébastien Vannier

Centre Marc Bloch - Friedrichstrasse 191 - 10117 Berlin

vas@cmb.hu-berlin.de

https://cmb.hu-berlin.de/kalender/termin/der-fall-jauss/
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Deutsch
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