Die Ärzte der Nazi-Führer

Die Ärzte der Nazi-Führer

Veranstalter
Dr. Mathias Schmidt, Enno Schwanke, M.A. und Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin; Aachener Kompetenzzentrum für Wissenschaftsgeschichte, RWTH Aachen
Veranstaltungsort
Aachen
Ort
Aachen
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.10.2016 - 28.10.2016
Deadline
30.06.2016
Website
Von
Mathias Schmidt

Die Ärzte der Nazi-Führer

Leib- und Begleitärzte waren und sind Mediziner, die (z.T. exklusiv) im Dienst hochgestellter Persönlichkeiten stehen, für deren körperliches und seelisches Wohl verantwortlich zeichnen und insofern ein hohes Maß an Verfügbarkeit bieten. Nicht selten begründet dieser besondere Status ein Vertrauensverhältnis, eine soziale Nähe zum betreuten Patienten und somit letztlich eine Patronage-Beziehung.
Die vorgenannte Tagung nimmt ebendiese ärztliche Gruppierung in den Blick, wobei sie den Fokus spezifisch auf die Haus-, Leib- und Begleitärzte führender Vertreter des Nationalsozialismus richtet. Übergreifende Ziele der Veranstaltung sind die Bestandsaufnahme und vergleichende Analyse einschlägiger Biografien der Ärzte der NS-Führungsriege.
Ausgehend von der Tatsache, dass neben Hitler und seinen „Paladinen“ auch andere hohe NS-Funktionäre (z.B. Industrielle, Militärs, Gauleiter) einen Arzt ihres Vertrauens besaßen, sollen die Biografien dieser Ärzte aus verschiedenen Perspektiven näher beleuchtet bzw. übergreifende Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden. Wie die bekannten Beispiele Theodor Morell, Karl Brandt, Hugo Blaschke und Felix Kersten zeigen, waren diese Mediziner nicht nur die Vertrauten ihrer jeweiligen Patienten, sondern zudem teils massiv an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt. Überdies wirkten ihre Position und ihr herausgehobener Status karrierebildend und -fördernd. Trotz der zumeist offensichtlichen Nähe zum NS-System und dem z.T. hohen Maß an persönlicher Verstrickung gelang es einigen dieser Ärzte in der Nachkriegszeit die Entnazifizierungsverfahren glimpflich zu überstehen, ihre Karrieren fortzusetzen und/oder sich ein neues Leben aufzubauen. Felix Kersten beispielsweise stilisierte sich sogar als Retter von Juden und KZ-Häftlingen – mit dem bemerkenswerten Argument, dass erst seine enge Beziehung zu Himmler derartige Einflussnahme ermöglicht hätte.
Auch aus einem weiteren Blickwinkel erscheinen die Haus-, Leib- und Begleitärzte als lohnender Untersuchungsgegenstand: Die von ihnen gestellten Diagnosen und die damit verbundenen Pathologisierungen wurden nicht selten als Erklärung oder gar als Exkulpationsstrategie genutzt. So galt Hitler in verschiedenen Darstellungen als schizophren, litt vermeintlich unter Folgeschäden des Ersten Weltkrieges, unter Medikamentenmissbrauch oder unter den Spätfolgen einer falsch durchgeführten Hypnose. Die Verbrechen der NS-Zeit werden so zu Ereignissen umgedeutet, die im angeblichen „Wahn“ betrieben wurden, und die persönliche Verantwortung der Akteure wird durch medizinische Zweifel an ihrer Schuldfähigkeit in Frage gestellt oder doch relativiert – eine Sichtweise, die auch die Kollektivschuld des deutschen Volkes in einem verklärten Licht erscheinen lässt.
Die erwähnten Beispiele zeigen prototypisch die vielschichtigen Funktionen und Implikationen der leib- und begleitärztlichen Tätigkeit. Vor diesem Hintergrund rufen wir zu Beiträgen auf, die sich mit dem Themenfeld „Die Ärzte der Nazi-Führer“ beschäftigen. Neben der Beleuchtung von spezifischen Aspekten und Beziehungen sind auch systematisierende bzw. prosopografische Darstellungen von Interesse. Die Veranstaltung richtet sich hierbei sowohl an einzelne Wissenschaftler als auch an Projektteams. Neben bereits abgeschlossenen und laufenden Forschungsvorhaben ist auch die Vorstellung von Projekten, die sich noch in der Planungs- und Antragsphase befinden, möglich. Abgesehen von biografischen und propopografischen Beiträgen zur vorgenannten Gruppe von Ärzten interessieren auch Zahnärzte, Psychotherapeuten und Physiotherapeuten, soweit diese im näheren Umfeld führender Nationalsozialisten tätig waren. Vorträge mit direktem zeitlichem Bezug zum „Dritten Reich“ sind ebenso willkommen wie Beiträge, die sich mit der Nachkriegszeit und den nach 1945 greifbaren argumentativen Strategien und Rechtfertigungs- bzw. Exkulpationsversuchen beschäftigen.

Wir möchten Sie einladen, sich mit einem Vortrag von ca. 20 Minuten (+10 Minuten Diskussion) zu beteiligen. Für Projekte in der Planungsphase, in denen noch keine konkreten Ergebnisse vorliegen, sind 10 Minuten (+10 Minuten Diskussion) vorgesehen. Die Publikation der Beiträge ist geplant.
Bitte senden Sie einen Abstract (ca. 300 Wörter) mit einer Kurz-Biografie bis zum 30.6.2016 an Mathias Schmidt (maschmidt@ukaachen.de).

Die Reise- und Übernachtungskosten der Vortragenden können übernommen werden.

Dr. Mathias Schmidt, Enno Schwanke, M.A. und Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
RWTH Aachen

Programm

Kontakt

Mathias Schmidt
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
RWTH Aachen
Wendlingweg 2
52074 Aachen
+49 241 80 85641
maschmidt@ukaachen.de


Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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