Juden zwischen Kaiser, Landesfürst und lokaler Herrschaft

Juden zwischen Kaiser, Landesfürst und lokaler Herrschaft

Veranstalter
Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg Institut für Geschichte der Juden in Österreich (St. Pölten) Institut für Jüdische Studien der Universität Düsseldorf
Veranstaltungsort
Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, Eichleitnerstraße 30, D-86159 Augsburg
Ort
Augsburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
22.10.2004 - 24.10.2004
Von
Staudinger, Barbara

Die jüdische Geschichte in Aschkenas im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit fand in jüngster Zeit ein verstärktes Interesse in der internationalen historischen Forschung, nicht zuletzt aufgrund der groß angelegten Forschungsprojekte Germania Judaica III/IV und Austria Judaica. Die Forschung hat sich in den letzten Jahren sowohl im Rahmen der Lokal- und Landesgeschichte als auch aus der Perspektive der jüdischen Geschichte intensiv mit den veränderten Rahmenbedingungen jüdischer Existenz zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit – meist in kleinräumigem Zusammenhang – auseinandergesetzt. Deren Ergebnisse sowie die darüber hinausgehenden Perspektiven sollen nun vergleichend diskutiert werden.

Den thematischen Schwerpunkt der Tagung bildet die jüdische Geschichte im Süden des Alten Reiches von den Vertreibungen des späten Mittelalters bis zur Konsolidierung jüdischen Lebens um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, in einer Phase grundlegenden Umbruchs jüdischer Lebensbedingungen kam dem weitgehend habsburgisch geprägten Süden des Heiligen Römischen Reichs eine besondere Bedeutung zu: Im herrschaftlich zersplitterten Südwesten, aber auch im habsburgischen Südosten bildeten sich eine Vielzahl strukturell sehr unterschiedlicher Landgemeinden. Die konkreten jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Interessen einzelner lokaler wie territorialer Obrigkeiten spielten für die Rahmenbedingungen jüdischen Lebens dabei eine ebenso große Rolle wie die dahinter stehenden Territorialisierungs- und Konfessionalisierungsprozesse in den einzelnen Herrschaftsräumen. Die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten jüdischen Lebens in diesen Räumen sollen in der Tagung erstmals herausgearbeitet werden. Über alle strukturellen Differenzen hinweg stellt der Süden des Alten Reichs für die jüdische Geschichte insofern einen wichtigen Raum dar, als sich hier nach den spätmittelalterlichen Vertreibungen aus fast allen Reichsstädten und einem Großteil der Fürstentümer Landgemeinden entwickelten, die weite Teile des jüdischen Lebens in Mitteleuropa bis ins 19. Jahrhundert hinein entscheidend prägen sollten.

Leitung:
Dr. Martha Keil
Prof. Dr. Rolf Kießling
Prof. Dr. Stefan Rohrbacher

Konzeptionelle Mitarbeit:
Dr. Peter Rauscher
Dr. Barbara Staudinger

Programm

22. Oktober

13:00 Uhr: Begrüßung

13:30-15:30 Uhr
Sektion 1: Quellen zur jüdischen Geschichte

Moderation: Yacov Guggenheim (Jerusalem)

Eveline Brugger – Birgit Wiedl (St. Pölten): "...und ander frume leute genuch, paide christen und juden." Quellen zur christlich-jüdischen Interaktion im Spätmittelalter

Birgit Klein (Duisburg): Obrigkeitliche und innerjüdische Quellen: ein untrennbares Miteinander

Falk Wiesemann (Düsseldorf): Der Wert der Quellenzeugnisse aus den Genisot für die historische Forschung

Diskussion:
Helmut Teufel (Brünn – Würzburg)
Bernhard Purin (München)
Michael Toch (Jerusalem)

16:00-18:00 Uhr
Sektion 2: Konitnuität und Wandel jüdischer Siedlungsschwerpunkte

Moderation: Klaus Lohrmann (St. Pölten)

Anna Fridrich (Basel): Zur Entstehung von Landjudengemeinden im Nordwesten der heutigen schweizerischen Eidgenossenschaft (16.-18. Jahrhundert).

Stefan Lang (Tübingen): Die Judenpolitik des Herzogtums Württemberg und ihr Einfluss auf die jüdische Besiedlung Niederschwabens während der frühen Neuzeit

Peter Rauscher (St. Pölten): Feinde der Städte, Diener des Adels? Die Entwicklung jüdischer Siedlungen in Niederösterreich (16.-17. Jahrhundert)

Diskussion:
Christoph Cluse (Trier)
Markus Wenninger (Klagenfurt)
Manfred Tschaikner (Bregenz)

18:30-20:00 Uhr
Gespräch 1: Jüdische Geschichte im Südwesten des Alten Reiches und in den habsburgischen Ländern: Stand und Perspektiven der Forschung

Leitung: Rolf Kießling (Augsburg)
mit: Alfred Haverkamp (Trier), Jacques Picard (Basel), Stefan Rohrbacher (Düsseldorf), Barbara Staudinger (St. Pölten)

23. Oktober

9:00-11:00 Uhr:
Sektion 3: Materielle Lebensgrundlagen und soziale Differenzierung

Moderation: Michael Toch (Jerusalem)

Martha Keil (St. Pölten): Der Name der Frauen. judinne in obrigkeitlichen Urkunden des deutschen Spätmittelalters

Marie Buňatová (Prag – Wien): Die wirtschaftliche Bedeutung der Prager und der mährischen Juden um 1600 im Vergleich

Thomas Peter (Trier): Wirtschaftliche Tätigkeit und soziale Differenzierung der Znaimer Juden im Spiegel der Judenbücher

Diskussion:
Michaela Schmölz-Häberlein (Freiburg)
Hans-Jörg Gilomen (Zürich)

11:30-13:30 Uhr
Sektion 4: Die christliche Umwelt und Juden: Normative Voraussetzungen und Alltag

Moderation: Sabine Ullmann (Augsburg)

Nathanja Hüttenmeister (Düsseldorf): Alltägliches Miteinander oder getrennte Gemeinden: das Leben im Dorf am Beispiel der pappenheimischen Herrschaften

Karl Härter (Frankfurt/Main): Juden in der Policeygesetzgebung südwestdeutscher Reichsstände: Schutz und Verrechtlichung - Ausgrenzung und Kriminalisierung

Johannes Mordstein (Augsburg): Obrigkeitlicher Judenschutz: Judenschutzbriefe in der Grafschaft Oettingen

Diskussion:
Susanna Burghartz (Basel)
Stephan Laux (Düsseldorf)
Wolfgang E. J. Weber (Augsburg)

15:00-17:00 Uhr
Sektion 5: Innerjüdische Organisationsformen

Moderation: Stefan Rohrbacher (Düsseldorf)

Rotraud Ries (Düsseldorf): Kommunikation und Schtadlanut in der frühneuzeitlichen Judenschaft des Reiches

Barbara Staudinger (St. Pölten): Die Wiener Gemeinde und die Entstehung der österreichischen Landjudenschaft (ein Vergleich mit Prag)

Yacov Guggenheim (Jerusalem): Die Verwaltung von Wissen: Zur Jeschiwa in der Frühneuzeit

Diskussion:
Israel Yuval (Jerusalem)
Rainer Barzen (Trier)

17:30-19:00 Uhr
Gespräch 2: Jüdische Geschichte: Minderheitsgeschichte ohne Mehrheit?

Leitung: Claudia Ulbrich (Berlin)
mit: Michael Brenner (München), Birgit Klein (Duisburg), André Holenstein (Bern), Gerd Mentgen (Trier), Thomas Winkelbauer (Wien)

24. Oktober

9:00-11:00 Uhr
Sektion 6: Grenzen und Mobilität

Moderation: Friedrich Battenberg (Darmstadt)

Reinhard Buchberger (St. Pölten): Das Leben im Grenzraum: Grenzräume zwischen Österreich, Ungarn und dem Osmanischen Reich – Die Grenze der Christenheit als Chance für Juden?

Wolfgang Treue (Düsseldorf): In die Jeschive und auf den Jahrmarkt: Jüdische Mobilität im Südwesten des Alten Reiches

Debra Kaplan (New York): Die Juden im Elsass zwischen Reich und französischer Krone: Wahrnehmungen von Gemeinde

Diskussion:
Stefan Litt (Düsseldorf)
Sabine Hödl (St. Pölten)

11:30-13:30 Uhr:
Gespräch 3: Gemeinsamkeiten und Differenzen jüdischen Lebens im Süden des Alten Reichs in Spätmittelalter und Früher Neuzeit - Abschlussdiskussion

Leitung: Alfred Haverkamp (Trier)
mit: Martha Keil (St. Pölten), Rolf Kießling (Augsburg), Stefan Rohrbacher (Düsseldorf)

Kontakt

Dr. Anke Sczesny
IEK, Universität Augsburg
Eichleitnerstr. 30, D-86159 Augsburg
Tel.: (+49)821/598-5843
Fax.: (+49)821/598-5850
E-Mail: anke.sczesny@iek.uni-augsburg.de

http://www.uni-augsburg.de/institute/iek/