Steuerung und Störung. Konstellationen von Technik, Spiel und Risiko

Steuerung und Störung. Konstellationen von Technik, Spiel und Risiko

Veranstalter
Interdisziplinäre Tagung des Sonderforschungsbereichs 447 „Kulturen des Performativen“ der Freien Universität Berlin in Kooperation mit dem Zentrum für Historische Anthropologie der Freien Universität Berlin, dem Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin und der Sektion „Sportphilosophie“ in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs)
Veranstaltungsort
Clubhaus der Freien Universität Berlin, Goethestraße 49, 14163 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.02.2005 - 19.02.2005
Deadline
30.10.2004
Von
Dr. Gunter Gebauer, FU Berlin; Dr. Stefan Poser, TU Berlin; Dr. Robert Schmidt, FU Berlin

Das Leben in der Gegenwart ist in jeder Hinsicht technisch vermittelt. Zur sozialen Konstruktion und kulturellen Imprägnierung von Technik gehören ihre Bezüge zu Spiel und Vergnügen genauso wie ihr Verhältnis zum Risiko: Spiele sind ein entscheidendes Medium für die Herausbildung wie für die soziale Durchsetzung neuer Technologien. Durch Technik werden Störungen und Gefahren erzeugt und als steuerbare Risiken dargestellt, die dann spielerisch eingegangen oder ausprobiert werden können.

Die Konstellationen von Technik, Spiel und Risiko bei der Anwendung von Computersoftware, bei einer Achterbahnfahrt, beim Russisch Roulette oder im wissenschaftlichen Versuchslabor zeigen, wie vielfältig die Beziehungen zwischen den drei Begriffen sind: Computersoftware ermöglicht detailgetreue Kriegsspiele für Laien ebenso wie die Entwicklung von Kriegsszenarien für das Militär. In solchen militärischen Planungen soll das störungsfreie Durchspielen von Risikoszenarien am Computer zu Spielergebnissen führen, die zur Optimierung von Feldzügen verwendet werden können. Für eine Achterbahnfahrt ist das Vergnügen am Risikoerlebnis konstitutiv. Die speziell dafür konstruierten Beschleunigungsmaschinen werden entsprechend inszeniert; gleichzeitig wird ein erheblicher sicherheitstechnischer Steuerungsaufwand zur Vermeidung von Unfällen getrieben. Russisch Roulette wird durch ein technisches Artefakt, den Revolver, ermöglicht. Spielgegenstand ist das Leben selbst bzw. das Risiko, es zu verlieren. Die tödliche Bedrohung durch die Waffe bringt, statt als solche wahrgenommen zu werden, Spannung ins Spiel. Der Versuch in der Wissenschaft kann aufgrund der Abgegrenztheit des Untersuchungsraumes und der Wiederholbarkeit der Vorgänge als Spiel gedeutet werden. Bei aller Systematik hat er eine ludische Komponente: Die Entstehung neuer Ideen und Vorgehensweisen gründet nicht zuletzt auf dem praktischen Spielsinn der Akteure in den Laboratorien. Technik und Spiel sind hier also grundlegend für Verfahren, die – wie bei der Gentechnologie – mit erheblichem Risiko verbunden sein können.

Trotz dieser engen Bezüge wurden Konstellationen von Technik, Spiel und Risiko bisher kaum untersucht. Weil Technik sich heute nicht mehr wie im 19. Jahrhundert als Neuerung darstellt, sondern allgegenwärtig und deshalb unsichtbar geworden ist, werden diese Konstellationen aber für ein Verständnis der Gegenwart immer wichtiger. Entsprechend bemühen sich die Sozial- und Kulturwissenschaften in jüngster Zeit – angeregt durch innovative Ansätze wie die Akteur-Netzwerktheorie, kulturanthropologische Untersuchungen zur Mensch-Computer-Interaktion oder durch die mikrosoziologische Labor- und Wissenschaftsforschung –, die überkommene Beschränkung auf kulturelle und soziale Einflussfaktoren der Technikgenese und -anwendung zu überwinden. In der Technikgeschichte gewinnen kulturhistorische Perspektiven immer mehr an Gewicht. Die umfassende Technisierung des Lebens hat nicht nur verschiedene Versuche zu einer transdisziplinären Praxistheorie der Technik angeregt, sondern auch zu einer Beschäftigung mit Techniken außerhalb des engeren ingenieurswissenschaftlichen Gegenstandsbereichs geführt.

Ausgehend von Philosophie, Soziologie, Kulturanthropologie und Technikgeschichte ist es Ziel der Tagung, Ansätze verschiedener Disziplinen zur Exploration der Beziehungen von Technik, Spiel und Risiko zusammenzubringen. Gefragt sind Beiträge, die die ganze Bandbreite des Tagungsthemas abbilden: Sie können sich mit den technisch vermittelten Spielen und Risiken in der Medizin und der Biotechnologie, auf dem Parkett der Finanzmärkte oder beim Sport beschäftigen. Sie können sich mit riskanten Körpertechniken in Performance-Kunst und Theater oder mit experimentellen Schreib-, Selbst- und Erfahrungstechniken literarischer Autoren auseinandersetzen. Sie können den Bedeutungen, dem Gebrauch und den Gefahren von Technik im Kinderspiel oder auf dem Jahrmarkt nachgehen, mediale Katastrophendarstellungen, Modellbildungen und Szenarien der Risikoabschätzung durchleuchten oder das Spiel zwischen Softwareprogrammen, Menschen und Maschinen in arbeitsweltlichen Kontexten beschreiben.

Vortragsvorschläge bitte bis zum 30. 10. 2004 an:

Dr. Stefan Poser
Zentrum Technik und Gesellschaft
Technische Universität Berlin
Hardenbergstr. 36 A
D-10623 Berlin
Tel./Fax: *49/30/7965596
E-Mail: poser.stefan@vdi.de

Dr. Robert Schmidt
Sonderforschungsbereich 447 „Kulturen des Performativen“
Freie Universität Berlin
Grunewaldstr. 35
D-12165 Berlin
Tel.: 49/30/83851300, Fax: 49/30/83854252
E-Mail: schmiro@zedat.fu-berlin.de

Prof. Dr. Thomas Alkemeyer
Carl von Ossietzky Universität
Fak. IV, Institut für Sportwissenschaft
D-26111 Oldenburg
Tel.: 49/441/7984622, Fax: 49/441/7985827
E-Mail: thomas.alkemeyer@uni-oldenburg.de

Programm

Kontakt

Stefan Poser
Zentrum Technik und Gesellschaft
TU Berlin
Hardenbergstr. 36 A
D-10623 Berlin

+49/30/7965596
+49/30/7965596
poser.stefan@vdi.de

http://www.sfb-performativ.de/