Künstlerinnen – Neue Perspektiven auf ein Forschungsfeld der Vormoderne. 4. Kunsthistorisches Forum Irsee

Künstlerinnen – Neue Perspektiven auf ein Forschungsfeld der Vormoderne. 4. Kunsthistorisches Forum Irsee

Veranstalter
Schwabenakademie Irsee; artifex
Veranstaltungsort
Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4, 87660 Irsee
Ort
Irsee
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.03.2016 - 20.03.2016
Deadline
31.08.2015
Von
Kunsthistorisches Forum Irsee

1687 konstatiert François Fénelon in seiner Schrift zur Mädchenerziehung („De l’éducation des filles“): ,,Der weibliche Geist ist in der Regel schwächer und neugieriger als der der Männer. Auch wäre es nicht zweckmäßig, sie in Studien einzuführen, welche ihren Kopf ganz einnehmen könnten. […] Auch die mechanischen Fertigkeiten sind größtenteils für sie ungeeignet.“

Genderforschung im Bereich des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit wird seit Jahren intensiv betrieben. Die Theoriebildung des Forschungsansatzes ist weit vorangeschritten, dagegen erweist sich die Beschäftigung mit konkreten Beispielen von Künstlerinnen, Werkstattmitarbeiterinnen bzw. Werkstattleiterinnen als weit weniger produktiv. Zwar fanden einzelne Persönlichkeiten wie Artemisia Gentileschi, Sofonisba Anguissola oder Properzia de’ Rossi – der Vasari als einziger Frau eine eigene Vita widmete – große Aufmerksamkeit; damit ist die „Suche“ nach bislang unbekannten Künstlerinnen aber sicher nicht abgeschlossen. Schon vor über vierzig Jahren fragte Linda Nochlins: „Why Have There Been No Great Woman Artists“? Nochlin legte damals die kulturellen Praktiken offen, die Künstlerinnen zu einem „Sonderfall“ degradierten und „unsichtbar“ machten. Bis heute ist im Bereich der Künstlersozialgeschichte vor allem die anonyme Künstlerinnenpersönlichkeit ohne klare Konturen geblieben.
Um sich des hochinteressanten Themas der vormodernen Künstlerin anzunehmen, ist eine Erweiterung des Spektrums vonnöten. Der Begriff der Künstlerin schließt im Rahmen dieser Tagung erstmals sämtliche Sparten innerhalb des künstlerischen Schaffens ein: Neben (fürstlichen) Diletantinnen oder Werkstattmitarbeiterinnen gab es etwa zahlreiche Witwen, die die Werkstatt oder die Druckerei nach dem Tod des Künstlers mitunter jahrzehntelang alleine führten. Darüber muss – um ein weiteres Beispiel zu nennen – der Begriff der „Muse“ neu definiert werden, da er noch immer einseitig sexualisiert ist und die betreffende Frau dazu degradiert, nur die Sinne des Künstlers anzusprechen. Erst spät im 20. Jahrhundert manifestiert sich hier eine tiefgreifende Veränderung. Lange hat es etwa gedauert, bis – um nur ein Beispiel zu nennen – der Konzeptkünstler Christo seine Frau als gleichberechtigte Künstlerin bezeichnete und Jean-Claude nicht mehr allein als Muse degradiert worden ist. Viele sogenannte Musen haben vermutlich in einer Art gleichberechtigtem Schaffensprozess einen aktiven Part übernommen und als Künstlerin „an seiner Seite“ dem Werk des Künstlers zentrale Impulse gegeben. Zudem muss man davon ausgehen, dass Frauen, die etwa in höfischen Kreisen bereits im Spätmittelalter oftmals belesener waren als Männer und als gebildete Ratgeberinnen weitaus stärker in künstlerische Prozesse einbezogen waren als bislang angenommen.

Neben den wichtigen Annäherungen in Form von Analysen einzelner Künstlerinnen möchte die Tagung sowohl bezüglich des Begriffs „Künstlerin“ ein breites Spektrum abbilden als auch Ausblicke in die Moderne zulassen. Dabei liegt auf der Kunst der Frühen Neuzeit ein Schwerpunkt. Genderwissenschaftliche Methodenreferate sind ebenso willkommen wie (Neu)-Definitionen von Begriffen sowie Referate zur Fach- und Wissenschaftsgeschichte bzw. zur Rolle der Künstlerinnen in der Ausstellungsgeschichte, im Herausbildungsprozess eines kunsthistorischen Kanons bzw. ihrer (vermeintlichen) Verortung innerhalb der Gattungshierarchie.

Abstracts für bislang unpublizierte Beiträge (max. 2.000 Zeichen incl. Leerzeichen) können in deutscher oder englischer Sprache zusammen mit einem kurzen Lebenslauf und gegebenenfalls einer Auswahl einschlägiger Publikationen bis zum 31. August 2015 gesendet werden an Dr. Birgit Ulrike Münch M.A., E-Mail: kfi@uni-trier.de

Das Kunsthistorische Forum Irsee ist eine Kooperation zwischen der Schwabenakademie Irsee (Dr. Markwart Herzog, Dr. Sylvia Heudecker) und artifex (Dr. Birgit Ulrike Münch, Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke; Universität Trier).

Das 2012 gegründete Kunsthistorische Forum Irsee konzipiert jährlich Frühjahrsakademien. Diese Tagungen widmen sich dem Forschungsfeld „Künstler und Gesellschaft“. Das Kunsthistorische Forum Irsee bietet einen inner- wie interdisziplinären Forschungsrahmen. Es zielt darauf, genuin kunsthistorische Forschungsansätze mit sämtlichen Disziplinen, Methoden und Fragestellungen der (historischen) Kulturwissenschaften zu verbinden. Zu einem spezifischen Thema wird jährlich in einem Call for Papers um Beitragsvorschläge gebeten. Der wissenschaftliche Nachwuchs, das heißt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Promotionsphase und der Post-doc-Phase, soll dabei in hohem Maß einbezogen werden. Das Forum verfolgt zugleich das Ziel, Themen wissenschaftlich aufzubereiten, die aktuell in der Gesellschaft diskutiert werden, um innovative wissenschaftliche Ansätze in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Ergebnisse einer Frühjahrsakademie sollen jeweils in einem Tagungsband im Michael Imhof Verlag (Petersberg) veröffentlicht und auf der jeweils folgenden Frühjahrsakademie präsentiert werden.

Programm

Kontakt

http://kunsthistorisches-forum-irsee.de/
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