Bürger Künste Wissenschaft. Citizen Science in Kultur und Geisteswissenschaften

Bürger Künste Wissenschaft. Citizen Science in Kultur und Geisteswissenschaften

Veranstalter
Netzwerk für digitale Geisteswissenschaften an der Universität Erfurt, organisiert von Kristin Oswald und René Smolarski
Veranstaltungsort
Universität Erfurt, Nordhäuser Straße 63, 99089 Erfurt
Ort
Erfurt
Land
Deutschland
Vom - Bis
21.09.2015 - 23.09.2015
Deadline
15.05.2015
Von
Oswald, Kristin und Smolarski, René

Die Digitalisierung hat nicht nur den Forschungsalltag in vielerlei Hinsicht revolutioniert, sie weckt aufgrund der Möglichkeit, mittels der digitalen Kommunikationsstrukturen aktiv in Dialog zu treten, auch Erwartungen hinsichtlich eines transparenten Austausches zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Für Geisteswissenschaften wie Kulturbetriebe spielt dies im Wettbewerb um sinkende finanzielle und politische Unterstützung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Zwar sind auch die geisteswissenschaftliche Forschung und die Arbeit in Kultureinrichtungen technischer geworden. Die Digitalisierung wird bisher aber nur bedingt genutzt, um Impulse von außen aufzunehmen, die eigenen Aufgaben zu reflektieren und zu vermitteln oder Interessierten Einblicke in die Welt der Wissenschaft zu gewähren.

Eine solche Verflüssigung der Grenzen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft wird unter dem Begriff Citizen Science subsumiert. Sie weckt hohe Erwartungen, denn ihr Ziel ist, die Öffentlichkeit enger am professionellen Wissenserwerb zu beteiligen und mit ihr neue Formen der Wissensweitergabe zu entwickeln. Der Wert von Citizen Science liegt zudem darin, ungenutzte Potentiale durch den Zugang zum sogenannten „Wissen der Massen“ sowie zu den Kenntnissen interessierter Laien zu erschließen und in vorwissenschaftliche Prozesse einzubinden. So verfügen etwa Reenacter, ehrenamtliche Denkmalpfleger oder Literaturliebhaber über versierte Kenntnisse in ihrem jeweiligen Interessensbereich, mit denen sie an entsprechenden Erhebungen teilhaben können. Profitieren können hiervon universitäre Sammlungen ebenso wie die Besucherforschung oder geisteswissenschaftliche Datenbank-Projekte. Schließlich ermöglichen es die eigenständigen Zugänge und neuen Perspektiven von Laien-Forschern auf Forschungsthemen, den Kern und die Entwicklung professioneller Forschung bereichern.

Viele Wissenschaftler tun sich aber schwer damit, interessierten Außenstehenden ohne ein fachliches Studium eine wissenschaftliche Zusammenarbeit zuzugestehen. Zu groß ist die Angst, dass Qualitätskriterien und wissenschaftliche Standards nicht ausreichend berücksichtigt werden. Ohne Zweifel sind das wichtige Einwände, mit denen sich Citizen Science und dazugehörige Projekte auseinandersetzen müssen. Die innerwissenschaftliche Reflexion über methodische und praxisbezogene Besonderheiten einer solchen Zusammenarbeit und der Austausch mit potentiellen Laienforschern sind deshalb grundlegend.

Die Diskussion über Potentiale und Grenzen, über theoretische Ansätze und praktische Verfahren dieses Forschungskonzeptes steht im Mittelpunkt der Tagung „Bürger Künste Wissenschaft. Citizen Science in Kultur und Geisteswissenschaften“.

Sie wird vom 21. bis zum 23. September 2015 an der Universität Erfurt stattfinden und aus zwei Teilen bestehen: einem Konferenzteil, bei dem die theoretischen Grundlagen von Citizen Science vorgestellt werden, und einem Barcamp-Teil, bei dem intensiver Austausch im Mittelpunkt steht. So zeigen erfolgreiche Beispiele, z.B. Europeana 1914-1918, Der Genealoge oder das The British Library’s Georeferencer project, dass die Berührungsängste mit Crowdsourcing weitgehend unbegründet sind.

Die Keynote wird Prof. Dr. em. Peter Finke zum Thema „Die Hoffnung auf neue Wege für die Wissenschaft. Anmerkungen zur gegenwärtigen Citizen Science-Debatte“ halten. Um ein möglichst breites Spektrum abzudecken und das Potential für die verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen und kulturellen Institutionen aufzuzeigen, freuen wir uns über Papers für 20-minütige Vorträge während der Konferenz zu folgenden (nicht ausschließlichen) Fragestellungen:

- Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Citizen Science: Was kann das Wissen der Massen? Welche Gefahren birgt es und welche Potenziale? Wie lässt sich der Ruf nach der Demokratisierung von Forschung, der Zugänglichkeit von Wissen und einem anwendbaren Nutzen der Geisteswissenschaften hier einordnen?
- Akzeptanz in der Wissenschaft: (Kontroverse) Ansätze, die die Vor- und Nachteile beleuchten oder die Frage, auf welchen anderen Wegen sich die Forschung das spezialisierte Wissen interessierter Laien erschließen kann. Inwieweit sind Qualität oder die Konkurrenzsituation zwischen Wissenschaftlern und Laien ein Problem?
- Institutionelle Schranken: Welche rechtlichen, finanziellen oder institutionellen Vorgaben erschweren Citizen Science? Welche Rolle spielen etwa Open Access und Lizenzrechte? Gibt es Fördermöglichkeiten für entsprechende Projekte?
- Big Data: Welche Möglichkeiten zur Sammlung und Auswertung großer Datenmengen gibt es bereits? Woran mangelt es? Welche Daten könnten für die verschiedenen Disziplinen interessant sein?
- Die Aufbereitung für die Crowd: Citizen Science basiert auf der Begeisterung der Menschen für ein Projekt. Welche Ansätze braucht es, um Aufmerksamkeit zu wecken, den Aufbau einer Community Building und zielgruppengerechte Kommunikation voranzutreiben? Was lässt sich aus der Forschung zu spielendem Lernen, Gamification und Erwachsenenbildung übertragen? Wie kann man die Menschen motivieren, bei einem Projekt mitzumachen, und ihnen hierfür die entsprechende Wertschätzung zukommen lassen? Welche Rolle spielen Wissenschaftskommunikation und die Demokratisierung von Wissen?
- Der erweiterte Mehrwert: Wie kann Citizen Science helfen, den potentiellen wissenschaftlichen oder z.B. ehrenamtlichen Nachwuchs zu begeistern? Wie können entsprechende Ansätze bei der Sensibilisierung etwa auch für die Schwierigkeiten wissenschaftlicher Arbeit helfen? An welche anderen gesellschaftlichen Tendenzen, wie neue Arbeitsformen, die Globalisierung oder ein neuer Wert von Heimat, kann angeknüpft werden?

Das Barcamp als dialogisches Treffen zum Thema hat ebenfalls ein Sessionprogramm. Dieses entsteht am Morgen des Barcamps selbst aus den Interessen und Vorschlägen der Teilnehmer. Auf diese Weise wird eine breite Palette an Unterthemen abgedeckt. Im Zentrum stehen hier Erfahrungen mit Projekten, deren Planung, Umsetzung und Anwendbarkeit. Dabei geht es neben Kurzpräsentationen vor allem darum, sich auszutauschen, Fragen zu beantworten oder Ideen zu sammeln.

Die Tagung wird von Kristin Oswald (Kulturmanagement Network) und René Smolarski (Universität Erfurt) geleitet und in Zusammenarbeit mit den Professuren der Geschichtswissenschaften und dem Netzwerk für digitale Geisteswissenschaften an der Universität Erfurt sowie der Forschungsbibliothek Gotha und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha veranstaltet.

Wir bitten um Einreichungen eines Abstracts für den Konferenzteil im Umfang von nicht mehr als 2.500 Zeichen und einen kurzen Lebenslauf bis zum 15.05.2015 an kristin.oswald@gmx.de oder rene.smolarski@uni-erfurt.de. Die Vorträge können in englischer oder deutscher Sprache gehalten werden. Für die ReferentInnen werden Unterkunft und Fahrtkosten gemäß dem Thüringer Reisekostengesetz übernommen.

Auch für das Barcamp können bereits Ideen eingereicht werden, die in einem öffentlichen Dokument gesammelt werden. Die Anmeldung für die Tagung ist ab sofort möglich. Hierfür wird ein Unkostenbeitrag erhoben. Er beträgt 20€ bzw. 10€ für Studierende/VolontärInnen oder die Teilnahme an nur einem der beiden Tagungsteile (jeweils ohne Mittagessen).

Programm

Kontakt

René Smolarski

Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt
Schloss Friedenstein, 99867 Gotha

+49 361 737-1727
rene.smolarski@uni-erfurt.de

http://kartenlabor.uni-erfurt.de/projekte/buerger_kuenste_wissenschaft/
Redaktion
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