Gründerzeiten. Neue Forschungen zur jüdischen Wirtschaftsgeschichte

Gründerzeiten. Neue Forschungen zur jüdischen Wirtschaftsgeschichte

Veranstalter
Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur e.V. an der Universität Leipzig
Veranstaltungsort
Goldschmidt 28, 04103 Leipzig, Gr. Seminarraum
Ort
Leipzig
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.10.2014 - 19.02.2015
Von
Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig

Als »Gründerzeit« wird im allgemeinen Verständnis der europäische Wirtschaftsaufschwung des 19. Jahrhunderts im Verlauf der Industrialisierung bezeichnet. In der deutschen Geschichte hat der Begriff »Gründerjahre«, der hier die kurze Phase zwischen Reichsgründung und Börsenkrach umfasst, einen pejorativen Beiklang konserviert. Dieser kommt etwa in Meyers Konversationslexikon von 1887 zum Ausdruck, in dem »viele faule Gründungen« erwähnt werden, durch die das Wort »gründen« mit der Assoziation »des Unsoliden und Betrügerischen behaftet« worden sei.

Das Simon-Dubnow-Institut widmet sein Forschungskolloquium der europäischen Wirtschaftsgeschichte, um diese Beschränkung des Begriffs in Raum, Zeit und Bewertung aus einer jüdischen Perspektive aufzubrechen und »Gründerzeiten« im Plural als entscheidende ökonomische Kategorie der Moderne zu rehabilitieren. Die Referentinnen und Referenten aus Deutschland, Großbritannien, Ungarn, Israel und den Vereinigten Staaten beziehen »Gründerzeiten« nicht allein auf das Deutsche Kaiserreich der 1870er Jahre, sondern auch auf die Handelsnetzwerke zwischen Warschau und Amsterdam im frühen 19. Jahrhundert, auf die Finanzmetropole Budapest um 1860, auf Selbstständigkeit und unternehmerisches Handeln im Berlin der Nachinflationszeit Mitte der 1920er Jahre oder aber auf ökonomische Grundfragen im jungen Staat Israel nach 1949.

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The term ‘Gründerzeit’ (literally ‘time of the founders‘) is generally applied to refer to the European economic upsurge in the course of rapid industrialization in the later 19th century. In German history, the concept ‘Gründerjahre,’ which is used to designate the short period from the foundation of the Second German Reich in 1871 to the stock market crash (sometimes termed ‘Gründerkrach’) in 1873, has preserved a pejorative connotation. That is evident, for example, in Meyers Konversationslexikon of 1887, where there is mention of “many rotten company foundations,” through which the verb ‘gründen’ (to establish, found) takes on an associated “connotation of something unreliable, shoddy and deceptive.”

The Research Colloquium of the Simon Dubnow Institute in the Winter Semester 2014/2015 is centered on European economic history, seeking from a Jewish perspective to pry open this restriction of the concept in space, time and evaluation, and to rehabilitate the notion of ‘Gründerzeiten’ in the plural as a decisive economic category of modernity. The participants of the colloquium, from Germany, Israel, Great Britain, Hungary and the United States, will thus relate the term ‘Gründerzeiten’ to an expanded range of phenomena: including not only the Imperial German Reich of the 1870s, but also the trade networks between Warsaw and Amsterdam in the early 19th century, the finance center Budapest around 1860, the independent business and entrepreneurial activity in Berlin during the post-inflation years in the mid-1920s and likewise a number of basic economic questions in the state of Israel after 1948.

Programm

Donnerstag, 16. Oktober 2014, 17-19 Uhr

Cornelia Aust (Mainz)
Ein Netzwerk der Kaufleute:
Osteuropäisch-jüdische Handelsbeziehungen im frühen 19. Jahrhundert

Donnerstag, 20. November 2014, 17-19 Uhr

Christoph Kreutzmüller (Berlin)
Zwischen Inflation, Neuanfang und Behauptung:
Jüdische Gewerbetreibende im Berlin der Weimarer Republik

Donnerstag, 27. November 2014, 17-19 Uhr

Adam Teller (Providence, R. I.)
Creating an Economic Network of Trans-Regional Cooperation:
The Polish-Jewish Refugee Crisis, 1648–1683

Donnerstag, 11. Dezember 2014, 17-19 Uhr

Stefanie Mahrer (Jerusalem)
Der Ideenförderer:
Werk und Wirken von Salman Schocken (1877–1959)

Donnerstag, 15. Januar 2015, 17-19 Uhr

Michael L. Miller (Budapest)
Modern Economy in 19th Century Hungary:
The Foundation of the Bourse in Budapest

Donnerstag, 29. Januar 2015, 17-19 Uhr

Joachim Trezib (Braunschweig)
Infrastruktur-, Wirtschafts- und Stadtplanung im jungen Staat Israel:
Der Beitrag des Basler Nationalökonomen Edgar Salin

Donnerstag, 19. Februar 2015, 17-19 Uhr

Gideon Reuveni (Brighton)
Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte:
Zu Forschungsentwicklungen der letzten Jahre

Kontakt

Dr. Nicolas Berg
Simon-Dubnow-Institut, Goldschmidtstr. 28, 04103 Leipzig
berg@dubnow.de

http://www.dubnow.de
Redaktion
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Beiträger
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung