Scheiben. Medien der Durchsicht und Speicherung

Scheiben. Medien der Durchsicht und Speicherung

Veranstalter
HBK Braunschweig; Dr. Florian Krautkrämer; Dennis Göttel
Veranstaltungsort
Aula der HBK Braunschweig
Ort
Braunschweig
Land
Deutschland
Vom - Bis
23.01.2015 - 24.01.2015
Deadline
15.10.2014
Website
Von
Dennis Göttel

In Das System der Dinge konzipiert Jean Baudrillard 1968 die Glasscheibe als Oberfläche, auf der sich die dahinterliegenden Dinge als Bilder abzeichnen: man kann sie sehen, aber nicht anfassen. Im Rahmen eines Virtual Window (2006) macht Anne Friedberg dann die Verbindung von der Glasarchitektur zu den Displays auf. Inzwischen sind die Bilder mittels Touchscreen auch berührbar geworden, und in Science-Fiction-Filmen sind Screens bereits in Fenster integriert und fungieren überdies als Speichermedien. Wurde die Scheibe bisher meist zugunsten des sie in der Figuration des Fensters einspannenden Rahmens vernachlässigt, wollen wir uns ihr als Träger verschiedener Arten von Bildern in einem weiten historischen und theoretischen Kontext zuwenden. Dem Topos der Oberfläche, der sich im Zusammenhang mit den neuen Medien häufig findet, und seiner antizipierten Tiefe, kann so eine medial-materielle Anordnung entgegenstellt werden. Als gläserne Figuration nicht nur in Fenstern, sondern eben auch in Screens ist die Scheibe gemeinhin unscheinbar, nimmt man sie nur wahr, wenn Störungen auf ihr vorliegen (bspw. in Form von Verschmutzungen oder Spiegelungen). Die Tagung möchte jene Scheiben opak werden lassen, um sie in Augenschein zu nehmen und zu ergründen, wie sie unseren Blick formen.

Die Scheibe als transparentes Ding – aus Glas oder Kunststoff – muss zunächst im Feld der Architektur verortet werden. Die Utopien, die mit der Glasarchitektur verbunden wurden, versprachen die Abschaffung von Mauern und Fenstern, da die Glaswände Innen und Außen verbinden sollten, sie gewährleisteten Schutz vor der Umgebung und gleichzeitig den Blick nach Draußen. Diese Eigenschaften haben wiederum prominent in der Geschichte der Filmtheorie ihren Niederschlag im Modell des Fensters für die Kinoleinwand gefunden. Mit dem spezifischen Fokus auf die Scheibe bietet sich aber darüber hinaus die Möglichkeit eines umfänglicheren Blicks auf die Geschichte visueller Medien und Schauanordnungen seit dem 19. Jahrhundert, die über die metaphorische Rede hinausreicht: Glasscheiben als Speichermedien der Laterna Magica und der frühen Fotografie, als Projektionsflächen der Phantasmagorien, ihr vielfältiger Einsatz in der Filmproduktion (z. B. Spielarten der Rückprojektion und bei Trickaufnahmen), in Bezug auf das Fernsehen (Mattscheibe) wie in experimentellen audiovisuellen Dispositiven. Ein solche Mediengeschichte der Scheibe reicht bis in die jüngste, postkinematografische Zeit, wenn Interfaces und Screens als Trägermedien omnipräsent sind. Mit ihnen schließt sich nicht zuletzt auch der Kreis zur Architektur, insofern hier Oberflächen zwischen Transparenz und Opazität modulierbar werden: Glasscheiben sind nunmehr nicht allein Öffnungen im Gemäuer, sondern rahmenlose Flächen, die Bedingung für das Erscheinen künstlicher Welten allerorten sind und damit die Grenzziehung zwischen Innen und Außen als traditionelle Topologie hinterfragen.

Die Tagung hat zum Ziel, die Scheibe als zentralen Gegenstand diverser materieller Praktiken herauszustellen und sie von hier aus als ein transversales medienepistemisches Objekt zu operationalisieren.

Durch die Bandbreite der wissenschaftlichen Beiträge wird die Scheibe als Gegenstand verschiedener Disziplinen (Architekturgeschichte, Medienwissenschaft, Filmwissenschaft, Fotogeschichte, Fernsehwissenschaft, Kunstwissenschaft, etc.) kenntlich. Die transdisziplinäre Ausrichtung der Tagung realisiert sich darin, dass das Wissen der Einzeldisziplinen zur Scheibe auf seine Korrespondenzen und Konvergenzen hin untersucht wird. Vorschläge im Kontext folgender Themen sind denkbar: Die Scheibe als Motiv im Film; Facetten von Glasarchitektur früher und heute; die Scheibe als Speichermedium; Schauanordnungen und Blickdispositive; etc.

Länge des Abstracts: max. eine Seite inklusiver kurzer Biographie bitte an fl.krautkraemer@hbk-bs.de oder d.goettel@hbk-bs.de

Programm

Kontakt

Dennis Göttel

HBK Braunschweig Institut für Medienforschung Postfach 2538 38015 Braunschweig

d.goettel@hbk-bs.de


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