Die Mobilisierung des Sozialen - Geschlechterverhältnisse im ersten Weltkrieg

Die Mobilisierung des Sozialen - Geschlechterverhältnisse im ersten Weltkrieg

Veranstalter
Alice Salomon Archiv der ASH Berlin; in Kooperation mit dem Pestalozzi-Fröbel-Haus Berlin
Veranstaltungsort
Pestalozzi-Fröbel-Haus Berlin, Haus 1, Aula im 1. OG. Das PFH ist nicht barrierefrei zugänglich. Wir bitten Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, sich voarb mit uns in Verbindung zu setzen, um eine akzeptable Lösung zu finden.
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.09.2014 -
Deadline
19.09.2014
Von
Prof. Sabine Toppe, Dr. Petra Fuchs

Wenige Wochen nach Beginn des ersten Weltkrieges, am 1. Oktober 1914, bezog die Soziale Frauenschule in Berlin-Schöneberg ein eigenes Gebäude auf dem Gelände des Pestalozzi-Fröbel-Hauses. War „das Interesse an der Sache“ der systematischen beruflichen Qualifizierung seit der Gründung der ersten Ausbildungsstätte für Soziale Arbeit in Deutschland unter Leitung Alice Salomons stetig gewachsen, so weitete sich dieses Berufsfeld im Verlaufe der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ sprunghaft aus.

Der erste Weltkrieg schuf neue, zum Teil bis dahin nicht gekannte Notlagen und wirkte zugleich als Katalysator der Sozialen Arbeit. Er mobilisierte die Mehrzahl der führenden Vertreterinnen der Frauenbewegung ebenso wie die in diesem noch jungen Arbeitsfeld tätigen bzw. nach Betätigung suchenden Frauen. Kriegsbegeisterung und der Wunsch, die kämpfenden Männer an der Front durch die Mobilisierung weiblicher Arbeitskraft an der so genannten Heimatfront zu unterstützen, mündeten in den Nationalen Frauendienst, ein „Frauenheer der Hilfe“, das unmittelbar nach Kriegsbeginn von Gertrud Bäumer gegründet worden war und in 23 Hilfskommissionen soziale Unterstützungsmaßnahmen für Bedürftige organisierte, Volksküchen, Familienfürsorge und Fabrikpflege betrieb und sich der Kriegswohlfahrt widmete.

Ab 1916 wurden Frauen zur aktiven Unterstützung der Truppen darüber hinaus in der Etappe eingesetzt und waren damit auch für die besetzten Gebiete zuständig. Eine Frauenarbeitszentrale beim Kriegsamt unter Leitung von Elisabeth Lüders und Agnes v. Zahn-Harnack richtete Frauenreferate in den Provinzen ein, die die weiblichen Einsätze organisierten. Alice Salomon übernahm die Leitung der Frauenabteilung der Provinz Brandenburg, obwohl sie Skrupel hatte, mit ihrem „Dienst innerhalb der Kriegsmaschinerie […] die systematische Organisation des Krieges zu unterstützen“. Neben dieser Tätigkeit leitete sie die Soziale Frauenschule und publizierte auch in den Jahren des Krieges in beachtlichem Umfang.

Das Thema Frauen als Akteurinnen im ersten Weltkrieg stellt - dies gilt besonders für die deutsche Forschung - nach wie vor ein Desiderat dar. Die Randständigkeit dieses Aspektes spiegelt sich in den Repräsentationen wieder, die anläßlich des 100. Jahrestages der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ dargeboten werden. Visuell wie inhaltlich nehmen Frauen hier eine marginalisierte Stellung ein, und dies, obwohl sie sich auf vielfältige Weise und zum Teil in herausgehobenen Positionen aktiv am Kriegsgeschehen beteiligten.

Auch die Erforschung der Geschichte der Sozialen Arbeit in den Jahren 1914 bis 1918 markiert eine Lücke, wobei zu fragen wäre, welche Bedeutung hier der Tatsache zukommt, dass die Entwicklung dieses Arbeitsfeldes in unauflösbarer Verbindung mit der Frauenbewegung und den Emanzipationsbestrebungen von Frauen steht.

Wie also waren Krieg, Soziale Arbeit und die Geschlechterfrage miteinander verschränkt? Welchen konkreten Beitrag leisteten Frauen zum Krieg? Wo kamen sie zum Einsatz und welche Tätigkeiten übten sie im Einzelnen aus? Welche neuen sozialen Arbeitsfelder entstanden und wie trug der Krieg zur Entwicklung und Professionalisierung der Sozialen Arbeit bei? In welcher Weise berührten sich weibliche und männliche Lebenswelten in der „Heimat“ und an der „Front“?

Diesen Fragen geht das 5. Colloquium des Alice Salomons Archivs in Kooperation mit dem Pestalozzi-Fröbel-Haus (PFH) am 26. September 2014 nach.

Programm

9:30 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller
Direktorin des Pestalozzi-Fröbel-Hauses Berlin (PFH)
Prof. Dr. Uwe Bettig
Rektor der Alice Salomon Hochschule Berlin (ASH)

9:50 Uhr
Einführung
Prof. Dr. Sabine Toppe, Dr. Petra Fuchs , Alice Salomon Archiv der ASH Berlin

Frauen und Männer im Kontext von Sozialer Arbeit und Krieg

10:00 Uhr
Krieg und Soziale Arbeit - (k)eine Alternative? Alice Salomons Sicht auf den Ersten Weltkrieg und ihr praktischer Beitrag
Dr. Adriane Feustel, Alice Salomon Archiv der ASH Berlin

10:45 Uhr
"Frauendienst im Kriege" - eine Objekt-Geschichte im Schnittfeld weiblicher und männlicher Lebenswelten
Dr. Petra Fuchs, Alice Salomon Archiv der ASH Berlin

11:30 Uhr
Kaffeepause

11:45 Uhr
Die Heimatfront und der Kampf um das Stimmrecht
Prof. Dr. Sabine Hering, Universität Siegen

12:30 Uhr
"Berliner Fürsorge-Arbeit während des Krieges" – Archivalien und Dokumente aus dem Archiv- und Dokumentationszentrum für soziale und pädagogische Frauenarbeit
Prof. Dr. Sabine Toppe, Dr. Petra Fuchs, Alice Salomon Archiv der ASH Berlin

13:00 Uhr
Mittagspause

Affekte und Effekte des Krieges

14:00 Uhr
„Der Krieg als Erzieher des Kindes“? Mädchen und Jungen im ersten Weltkrieg und die Anfänge der Fürsorge für jugendliche
Psychopathen in Berlin
Wolfgang Rose
Institut für Geschichte der Medizin an der Charité

Biographische Spuren des Krieges

14:45 Uhr
Jo Mihaly “...da gibt ́s ein Wiedersehen! Kriegstagebuch eines Mädchens. 1914-1918”
Sabine Krusen, Slawistin, Frauenforscherin, Berlin

15:30 Uhr
Kaffeepause

16:00
Abschlussdiskussion: Schnittstellen von erstem Weltkrieg, Sozialer Arbeit und Geschlechterverhältnissen

Im Anschluss
Besichtigung des Archiv- und Dokumentationszentrums für soziale und pädagogische Frauenarbeit, dem Sitz des heutigen Alice Salomon Archivs der ASH, im Haus 3 des PFH Berlin
Prof. Dr. Sabine Toppe, Dr. Petra Fuchs, Carina Huestegge, Alice Salomon Archiv der ASH Berlin

Ab 18:00 Uhr
Ausklang
Gelegenheit zum gemeinsamen Abendessen im Restaurant essBar, Schwäbische Straße 16, 10781 Berlin, barrierefrei zugänglich, Toilette für Rollstuhlnutzer_innen vorhanden.

Kontakt

Dr. Petra Fuchs

Alice Salomon Archiv, c/o Pestalozzi-Fröbel-Haus, Karl-Schrader-Str. 7-8, 10781 Berlin

030/21 730-277

fuchs@ash-berlin.de

www.alice-salomon-archiv.de
Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung