Zeitschrift für Körpergeschichte
Hefttitel: Widerstand
In Heft 6 wird es um das widerständige Moment von Körpern innerhalb normativer Prozesse gehen. In der Rezeption von Michel
Foucault wurde zwar präzise beschrieben, wie der neuzeitliche Körper im Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise zum primären Feld der Einhegung und Einübung wurde. Außerdem wurde betont, dass diese Prozesse einen produktiven Charakter hatten und Körpersubjekte hervorbrachten, die mit sich selber identisch werden konnten. Dieses Heft wird aus einer gewendeten Perspektive jedoch nach Momenten suchen, die historisch in diesem Bild der bürgerlichen Subjektwerdung nicht aufgingen bzw. ihm im Wege standen oder sich entzogen. Ziel ist es, das Vermögen von Körpern zu diskutieren, eine eigene Agency bzw. ein „embodied knowledge“ (Vivian Sobchack) zu entwickeln und darin stratifizierende Diskurse zu durchkreuzen.
Mögliche thematische Felder für Artikel sind beispielsweise:
der Kampf gegen die biopolitische Enteignung der reproduktiven Fähigkeiten der Frau seit der frühen Neuzeit über den Kolonialismus bis hin zur Entwicklungspolitik des 20. Jahrhunderts;
'fliehende Körper‘, die sich ihrer Einhegung entziehen – seit dem Krieg gegen die landlose Bevölkerung in der Krise des Feudalsystems bis zu gegenwärtigen Migrationsbewegungen;
der Körper als buchstäbliche Waffe in der Geschichte sozialer Auseinandersetzungen, sei es auf der Barrikade, im Kampfsport oder auch durch politisches Hungern;
renitente und nicht normative Körper zu unterschiedlichen Zeiten, wie sie in den disability und queer studies in den letzten Jahren verstärkt theoretisiert wurden;
Neurasthenie und Hysterie in der Hochindustrialisierung;
nicht-weiße Körper als störende Signifikanten einer rassistischen Ordnung;
deviante Körperpraktiken, die sich einer „sexuellen Ökonomie“ (Wilhelm Reich) widersetzen;
widerspenstige Kinder gegen bürgerliche Zucht, Pädagogik und Psychopharma-Medikalisierung;
das Überschreiten der Ordnung durch Mode- und Tanzstile und -bewegungen in der Geschichte des Black Atlantic;
der Gebrauch von Drogen und Rausch als anti-produktive Praxis.
Die obengenannten Themen sind lediglich Vorschläge, weitere Themenschwerpunkte sind sehr erwünscht.