Videographierte Zeugenschaft. Geisteswissenschaften im Dialog mit dem Zeugen

Videographierte Zeugenschaft. Geisteswissenschaften im Dialog mit dem Zeugen

Veranstalter
Sonja Knopp, M. A. / Sebastian Schulze, M. A. / Prof. Dr. Anne Eusterschulte
Veranstaltungsort
Institut für Philosophie, Habelschwerdter Allee 30, 14195 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.05.2014 - 16.05.2014
Von
Sonja Knopp

Der Diskurs um die Begriffe "Zeuge" und "Zeugenschaft" hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark pluralisiert und das intensive Interesse der Geschichts-, Literatur- und Kulturwissenschaften, der Psychoanalyse und der Philosophie auf sich gezogen. Unter der Vielzahl von Zeugnissen konzentriert sich die interdisziplinäre und internationale Tagung "Videographierte Zeugenschaft. Geisteswissenschaften im Dialog mit dem Zeugen" auf die noch junge Gattung der sogenannten Survivor Testimonies. Das sind videographierte Interviews mit Überlebenden von Gewaltexzessen historischen Ausmaßes. Das Tagungsprojekt verfolgt das Ziel, das Verhältnis der Geisteswissenschaften zu solchen videographierten Zeugnissen systematisch zu reflektieren und dabei die theoretischen sowie methodischen und historischen Voraussetzungen der Fachdisziplinen im gemeinsamen Dialog zu befragen.

Seit der Eröffnung des "Fortunoff Video Archives for Holocaust Testimonies" (FVA) der Yale University Library 1982, eine der frühesten Sammlungen videographierter Interviews mit Überlebenden des Holocaust, hat die Zahl solcher Videoarchive weltweit stetig zugenommen. Das umfangreichste darunter ist das an der Freien Universität zugängliche "Visual History Archive" der USC Shoah Foundation. In Berlin befinden sich außerdem wesentliche Bestände des FVA am Ort der Information unter dem Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Shoshana Felman und Dori Laub haben in einer frühen Publikation zu dem Thema deutlich gemacht, dass die besondere Problematik der Videozeugnisse darin liegt, dass ihnen eine historische, eine klinische und eine poetische Dimension eigen ist, wobei keine der drei hinreichend geeignet scheint, der Komplexität des Phänomens Zeugnis gerecht zu werden – vielmehr ist die Koexistenz und Interaktion aller drei Dimensionen in jedem Zeugnis impliziert.

Genau diese Mehrdimensionalität erfordert eine transdisziplinäre Kooperation von Fachkompetenzen, die im Rahmen der Tagung realisiert werden soll. Aus den Perspektiven der Geschichts- und Literaturwissenschaft, der Philosophie und der Psychoanalyse sollen die audiovisuellen Zeugnisse der Archive gemeinsam mit dem Ziel analysiert werden, Antworten auf die ethischen wie methodischen Herausforderungen der neuen Gattung "Survivor Testimonies" an die Disziplinen zu entwickeln.

Weitere Informationen unter: www.zeugenschaft-berlin.de

Programm

Mittwoch, 14. Mai 2014

13.00 Empfang

14.00 Sonja Knopp, Sebastian Schulze: Begrüßung und Einführung

14.30 Sybille Krämer: Was heißt Zeugenschaft?

15.30 Kaffeepause

16.00 Dori Laub: Re-establishing the Internal „Thou“ in Testimony of Trauma

17.00 Martin Lücke: Auf der Suche nach einer echten Begegnung – Authentizitätsfiktionen beim Umgang mit videographierten Zeitzeugenerzählungen

18.00 Abendbuffet

19.30 Dori Laub, Sonja Knopp: Im Gespräch mit Dori Laub

Donnerstag, 15. Mai 2014

9.00 Kaffee und Begrüßung

9.30 Burkhard Liebsch: Unsichtbare Gewalt: bezeugt, überliefert

10.30 Werner Bohleber: Die Begegnung mit der überwältigten Seele – Beiträge der psychoanalytischen Traumaforschung zum Zeitzeugen-Interview

11.30 Kaffeepause

12.00 Johanna Bodenstab: „And this was the last time I had the bundle“. Trauma und die Relativierung der Ich-Instanz im Videozeugnis von Bessie K.

12.30 Sebastian Schulze: Gespenstische Zeugen. Harold Pinters Zitationen

13.45 Mittagspause

15.00 Cornelia Blasberg: „Nein, ich gehe nicht zurück“. Zur Zeitstruktur von Zeugnissen im Videointerview und in aktuellen Romanen (Perlman, Haenel, Mendelsohn)

16.00 Luisa Banki: Poetik der Restitution. Zur Theorie und Praxis der Zeugenschaft bei W. G. Sebald

17.00 Kaffeepause

17.30 Inge Marszolek: Vom Verdrängen des Sounds durch die Bilder: Überlegungen zum Wandel der Bedeutung der Stimmen der Überlebenden

Freitag, 16. Mai 2014

9.00 Kaffee und Begrüßung

9.30 Sibylle Schmidt: Sekundäre Zeugenschaft. Über die Mitteilbarkeit von Erfahrung

10.30 Kristin Platt: Narrative und traumatische Kohärenz: Herausforderungen, Schemata, Interpretationsrisiken

11.30 Kaffeepause

12.00 Andreas Hamburger: Blick-Winkel. Psychoanalytische Reflexion in der Forschung mit Videozeugnissen

12.30 Sonja Knopp: Mit dem Zeugen schreiben. Trauma-induzierte Videointerviews mit Holocaustopfern als Quellen für eine dialogisch-integrative Geschichtserzählung

13.45 Mittagspause

15.00 Andree Michaelis: Erzählen statt erzählt werden – Überlebende als Autoren ihres Zeugnisses

16.00 Verena Nägel: Oral-History-Archives als digitale Forschungsinfrastrukturen. Zur Bedeutung der Aufbereitung, Erschließung und Bereitstellung von Oral-History-Interviews

17.00 Abschlussdiskussion und Ende der Tagung

Um Anmeldung wird gebeten: info@zeugenschaft-berlin.de

Kontakt

Sonja Knopp

Freie Universität Berlin, Friedrich-Meinecke-Institut, Koserstr. 20, 14195 Berlin

sonjaknopp@zedat.fu-berlin.de

http://www.zeugenschaft-berlin.de