Bilderbuch-­Heimkehr? Remigration im Kontext

Bilderbuch-­Heimkehr? Remigration im Kontext

Veranstalter
Institut für Germanistik, Universität Wien; Wienbibliothek im Rathaus
Veranstaltungsort
Wien
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
19.02.2015 - 21.02.2015
Deadline
30.06.2014
Von
Wolfgang Straub und Katharina Prager

Bilderbuch-Heimkehr? Remigration im Kontext
Symposion des Instituts für Germanistik an der Universität Wien und der Wienbibliothek im Rathaus
19.–21. Februar 2015

Call for papers
(for english version see below)

Der Kritiker und Schriftsteller Hans Weigel bezeichnete seine Rückkehr aus dem Schweizer Exil nach Österreich im Herbst 1945 als „Bilderbuch-Heimkehr“. Ihm gelang es, rasch im Kulturbe-trieb (wieder) Fuß zu fassen. Weigel war eine Ausnahme, was den frühen Zeitpunkt seiner Rückkehr, seinen Erfolg und auch seine Haltung, Hiergebliebene und Zurückgekehrte seien „quitt“, betrifft. Grundsätzlich wurde nämlich immer wieder festgehalten, dass Rückkehrende in den Nachkriegsgesellschaften Österreichs und Deutschlands sich weder willkommen fühlten, noch willkommen waren. Nur sehr vereinzelt wurden Vertriebene offiziell durch die Nachkriegs-regierungen zur Rückkehr eingeladen. Wenn sie sich doch entschieden zu kommen, sahen sich Remigrantinnen und Remigranten nicht nur Zerstörung und Mangel gegenüber, sondern auch verschiedensten Partialinteressen innerhalb des ökonomischen, politischen und strukturellen Wiederaufbaus. In einem durch den aufkommenden Ost-West-Konflikt auch ideologisch zunehmend aufgeladenen Feld nahmen Vorbehalte gegeneinander nicht ab.

Das Symposion stellt die Rückkehr von Exilantinnen und Exilanten im Nachkriegsösterreich in Bezug auf ihrer soziales, ökonomisches, mediales und politisches Umfeld sowie ihren Niederschlag in Kultur und Wissenschaft in den Mittelpunkt, will aber auch den Blick auf die Remigration im sich teilenden und geteilten Deutschland der Jahrzehnte nach 1945 lenken. In der Remigrationsforschung, die im deutschsprachigen Raum seit den siebziger Jahren eigene Akzente innerhalb der Migrationsforschung setzt, herrschten anfangs geographische, soziologische, politikwissenschaftliche und volkswirtschaftliche Ansätze vor und erweiterten sich erst allmählich um kultur- und literaturwissenschaftliche sowie zeitgeschichtliche Fragestellungen.

Einige Fragenkomplexe, die von der Untersuchung der Arbeitsmigration ausgingen, blieben dabei über die Jahrzehnte gleich: die Motivationen zur Rückkehr, die Einflussvariablen für eine Entscheidung zur (Nicht-)Rückkehr, die Einflüsse der Rückkehrer_innen auf ihr Ursprungsland, die Nachhaltigkeit ihrer Reintegration sowie mögliche Typologisierungen der Rückkehrenden. Eine Rückbindung von Untersuchungen der Nachkriegsjahrzehnte an die Entwicklungen in einer systematisierenden Remigrationsforschung ist ebenso ein Anliegen des Symposions wie die Bezüge zu aktuellen Forschungsfragen, die sich im deutschsprachigen Raum seit geraumer Zeit vor allem an die Rückkehrmigration von „Gastarbeiter_innen“ in ihre Herkunftsländer koppeln.
Die Veranstaltung baut auf der bisher vielfach an Einzelschicksalen orientierten österreichischen Remigrationsforschung (mit ihren sozial- und kulturwissenschaftlichen Schwerpunkten) sowie den Erkenntnissen der längst etablierten Exilforschung auf. Sie will das Forschungsfeld internationalisieren, systematisieren und vermehrt auf strukturelle Fragen lenken, um so die vielfach konstatierten Forschungslücken schließen zu helfen sowie Impulse für die weitere Untersuchung dieses signifikanten, aber bisher vernachlässigten Phänomens in der österreichischen Forschungslandschaft zu setzen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung werden literatur-, biographie- und editionswissenschaftliche sowie zeitgeschichtliche Ansätze stehen. Beiträge aus anderen Forschungsbereichen sowie interdisziplinäre Zugänge sind dabei sehr willkommen.

Fragenkomplexe, die im Rahmen des Symposions zur Diskussion stehen sollen, sind u.a.:
- Aufbau transnationaler Netzwerke im Exil und ihre Wirkung für die Remigration
- Assimilation und Akkulturation im Herkunftsland, Erfahrungen der In- und Exklusion
- Biographische und andere narrative Darstellungsformen der Remigration
- Fragestellungen nach der Konstitution und Konstruktion von Geschlechtsidentität und kultureller Identität, nach der Konzeption und Funktion sozialer Relationen und nach individuell gespiegelten anthropologischen Funktionen wie Religion, Arbeit, Kultur im Hinblick auf Lebensläufe von Remigrant_innen
- Formen des mit der jüdischen Remigration nach 1945 verknüpften Antisemitismus
- Jüdische Remigration abseits „prominenter“ Fallbeispiele, Konstituenten „erfolgreicher“ („Bilderbuch-Heimkehr“) sowie gescheiterter Remigration
- „Rückkehrschicksale“ von Nachlässen und die damit verbundenen Fragen in Hinblick auf Restitution und Provenienzforschung
- „Ideologischer“ Einfluss der Remigrant_innen auf die Nachkriegsgesellschaften – Stichwörter: „Westernisierung“, Antikommunismus
- Bedeutung der Remigration für Institutionen (Universitäten, Parteiorganisationen, Österreichisches College/Forum Alpbach, etc.)
- Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsverhältnisse von Remigrant_innen
- Remigrationspolitiken: (versuchte) Einflussnahmen von Organisationen und Staat auf Remigrationsbewegungen

Organisatorisches
Es wird keine Tagungsgebühr erhoben. Grundsätzlich sind Reise- und Aufenthaltskosten selbst zu übernehmen. Wir bemühen uns, in Ausnahmefällen Unterstützung für hohe Reisekosten zur Verfügung stellen zu können. Es ist geplant, die Beiträge des Symposions zu veröffentlichen.
Konzeption, Organisation: Katharina Prager, Wolfgang Straub
Abstracts (max. 2000 Zeichen) bis 30. Juni 2014 an: Wolfgang Straub, Institut für Germanistik der Universität Wien, wolfgang.straub@univie.ac.at (Antwort erfolgt bis 12. August 2014.)
A Storybook Homecoming? Remigration in Context
Symposium at the University of Vienna, Department of German Studies,
and the Vienna City Library
19–21 February 2015

Call for papers

The Austrian critic and author Hans Weigel called his return to Austria after his exile in Switzerland in autumn of 1945 a “storybook-homecoming”. He quickly gained ground (again) in Vienna’s cultural life. But Weigel was an exception, concerning the early date of his return as well as his attitude that those who stayed and those who came back were “even”.
As rule it is continually maintained that returnees to postwar Austria and Germany neither felt, nor were in fact, welcome. Only very sporadically exiles were invited to come back by the postwar-governments. If they still decided to come back, reémigrés were confronted not only with destruction and deprivation but also with heterogeneous agendas within the economical, political and structural rebuilding.
Emerging ideological tensions between the Western Bloc and the Eastern Bloc contributed to a climate of prejudice and reservation.

This symposium focuses on the return of exiles to postwar-Austria, on their social, financial, cultural and political environment and on their impact in culture and science, but also wants to look into remigration in the dividing and divided Germany post-1945.
Theories on remigration—setting a course within migration-theory since the 1970s—were at first predominated by geographical, sociological and economical approaches, but gradually the questions posed by contemporary history and cultural/literary studies broadened the methodological spectrum. Research questions emanating from the studies on migrant labor remained more or less the same within the last decades: What variables influence the motivation to return or not to return, what impact do returnees have on their land of origin, how can the sustainability of return be measured and can types of reémigrés be determined?

A main aim of this symposium is to connect research on the postwar-era with the developments of systemized migration-theory, as well as the link to current research on the return of “guest workers“ into their countries of origin.

Our discussion would like to build on research on remigration in the German-speaking countries, which up till now has mainly been oriented toward individual fates, and on the insights of the well-established exile studies. It is our aim to internationalize and systemize this field of research and to strengthen structural approaches to help to close the regularly mentioned academic voids. Thus, this symposium wants to create momentum for further research on this previously neglected phenomenon in the Austrian research landscape.
The discussion will center on approaches by literary studies, cultural studies, contemporary history and biographical research and textual scholarship. Input from other fields of research or interdisciplinary approaches is very welcome.
Topics of interest might include:
- Setup of transnational networks by the exiles and their impact on remigration
- Assimilation and acculturation within the country of origin, experiencing inclusion/exclusion
- Biographical and other narratives of remigration
- Constitution and construction of gender-identity and cultural identity, conception and function of social relations and individually mirrored anthropological capacities like religion, work, culture in the life of returnees
- Forms of anti-Semitism connected with the Jewish remigration to postwar-Austria/Germany
- Jewish remigration beyond the “prominent” case-studies; requirements of “successful” (“storybook homecoming”) and „failed” remigration
- The return of estates and connected problems of provenience and restitution
- “Ideological“ Influence of the returnees on the postwar-societies—keywords: “Westernization”, Anticommunism
- The significance of remigration for institutions (universities, political parties, the “Österreichisches College/Forum Alpbach”, etc.)
- Employment opportunities and working conditions of returnees
- Politics of remigration: (attempted) exertion of influence of states and organizations on remigration

Organizational Details
The conference is free of charge. Speakers are responsible for their own travel, accommodation and other associated arrangements and costs. In exceptional cases (very high travel costs) we will try to contribute financially. The proceeding of the conference will be published.
Concept & Organization: Katharina Prager, Wolfgang Straub
Proposals for papers should be sent with a 2000-word abstract to Wolfgang Straub, Department of German Studies (University of Vienna), wolfgang.straub@univie.ac.at by 30 June 2014. (Answers will be made by 12 August 2014.)

Programm

Kontakt

Wolfgang Straub

Institut für Germanistik, Universität Wien

wolfgang.straub@univie.ac.at

http://www.hans-weigel.at