Agostino Steffani: Europäischer Komponist und hannoverscher Diplomat der Leibniz-Zeit

Agostino Steffani: Europäischer Komponist und hannoverscher Diplomat der Leibniz-Zeit

Veranstalter
Musikwissenschaftliches Institut der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover; in Kooperation mit der Leibniz-Forschungsstelle Hannover der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Gottfried Wilhelm Leibniz-Stiftung Hannover, gefördert von der VolkswagenStiftung
Veranstaltungsort
Tagungszentrum Schloss Herrenhausen, Hannover
Ort
Hannover
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.09.2014 - 20.09.2014
Von
Claudia Kaufold

In Hannover wird weltweit die erste wissenschaftliche Tagung stattfinden, die sich dem Hofkomponisten, Bischof und Diplomaten Agostino Steffani (1654 – 1728) widmet, und zwar an einer seiner Wirkungsstätten, in Herrenhausen. Steffanis Bedeutung kann für den hannoverschen Hof, wo er von 1688 – 1703 für Herzog Ernst August und dessen Sohn Georg Ludwig tätig war und die gesamte Hofkultur mitprägte, nicht hoch genug eingeschätzt werden. 1688 für die Eröffnung der neuen Hofoper als Komponist – vermutlich durch Vermittlung von Leibniz – engagiert, war der bereits berühmte Steffani sofort an der Geltendmachung welfischer Ansprüche auf Rangerhöhung beteiligt. Mit seiner Einweihungsoper „Enrico Leone“ untermauerte er musikalisch das, was Leibniz kurz zuvor als Historiker bekräftigt hatte – die annähernde Gleichrangigkeit der Welfen mit der Habsburgerdynastie.

Neben seiner Tätigkeit als Komponist, die weiterhin europaweit Aufmerksamkeit erregte, wurde Abbé Steffani zunehmend als Diplomat eingesetzt. Die besondere Aufgabe des Geistlichen war es, die katholischen Kurfürsten für die Anerkennung der Herzog Ernst August verliehenen Kurwürde zu gewinnen. Für die 90-er Jahre des 17. Jhs. ist nicht klar zu sagen: War Steffani ein komponierender Politiker oder eher ein politisierender Komponist? – In jedem Fall ein Gewinn für den intellektuellen Herrenhäuser Kreis um die Kurfürstin Sophie.

Umso erstaunlicher ist es, dass neben einigen Aufsätzen bislang nur zwei Monographien vorliegen, die sich dezidiert dem Leben und Schaffen Steffanis widmen. Diesem Forschungsdesiderat möchte das Symposium Rechnung tragen. Ziel ist, die europäische Dimension Agostino Steffanis herauszukristallisieren, denn als charakteristisch für Steffanis Arbeiten darf die italienisch-französische Stilsynthese gelten, die letztlich zur Ausbildung der „deutschen“ Tonsprache des Spätbarock (Bach, Telemann, zum Teil auch Händel) führte. Insofern wird das Europäische, das den roten Faden im künstlerisch-politischen Wirken Steffanis darstellt, auch als roter Faden des Symposiums fungieren. Zum internationalen und interdisziplinären wissenschaftlichen Austausch werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über die Bedeutung Agostino Steffanis für den hannoverschen Hof sowie über seine heutige Rezeption über die Grenzen der Fachdisziplinen hinaus gemeinsam diskutieren.

Umrahmt wird das Symposium durch das Eröffnungskonzert „Agostino Steffani (1654 – 1728) und die Musik am Hof von Hannover“ (Ltg. Lajos Rovatkay) in der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis (Donnerstag, 18. September 2014, 19.30 Uhr) sowie durch eine Führung durch die von Steffani errichtete Clemens-Basilika am Samstag, 20. September 2014.

Wiss. Leitung: Prof. Dr. Colin Timms (Birmingham, GB), Dr. Claudia Kaufold (Oldenburg), Dr. Nicole K. Strohmann (Hannover)

Die Teilnahme ist kostenfrei, die Anzahl der Teilnehmer ist jedoch begrenzt.

Programm

Freitag, 19. September 2014

9:00 – 9:30 Uhr
Begrüßung und thematische Einführung

9:30 – 12:30 Uhr
Steffani & Kirche: Musik und Politik

Prof. Colin Timms, Barber Institute of Fine Arts, University of Birmingham, GB: Steffani and Music for the Church
PD Dr. Bettina Braun, Historisches Seminar, Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Die Reichskirche im Nordwesten – Steffanis Amt als Weihbischof
Dr. Michael Feldkamp, Regierungsdirektor am Deutschen Bundestag Berlin: Steffanis Einordnung in die geistliche Hierarchie und sein religiöser Standpunkt
Prof. Dr. Hans‐Georg Aschoff, Historisches Seminar, Leibniz Universität Hannover: Steffani als apostolischer Vikar des Nordens: Grenzen und Möglichkeiten seines Amtes
Rashid S. Pegah, Würzburg: Neuaufgefundene Quellen zu Steffanis Leben und Werk

14:00 – 17:00 Uhr
Steffani & Hannover: Politik und Hofkultur

Prof. Dr. Arnd Reitemeier, Institut für Historische Landesforschung, Georg-August-Universität Göttingen: Hannover im europäischen Konzert: das Gewicht Hannovers in Europa vor der englischen Sukzession
Dr. Claudia Kaufold, Oldenburg: „Unser Envoyé Extraordinaire am kurbayerischen Hofe“: der Diplomat Agostino Steffani
Dr. Nicole K. Strohmann, Musikwissenschaftliches Institut, HMTM Hannover: Der Widerhall politischer Ereignisse in Steffanis Opern – ein komponierender Politiker oder ein politisierender Komponist?
Dr. Helen Coffey Green, Faculty of Arts (Music), Open University, Milton Keynes, GB: Steffani and the Patronage of the Hanover Court
Dr. Reinmar Emans, Musikwissenschaftliches Institut, Universität Hamburg: Das Musikerpersonal in Hannover und Wolfenbüttel/Braunschweig: Wechselseitiger Austausch oder Abschottung?
Dr. Margherita Palumbo, Biblioteca Casanatense Rom: Il gran Negotio. Die theatralischen Konversionsprojekte von Agostino Steffani

17:00 – 18:00 Uhr
Steffani & Theorie: Musik und Philosophie

Prof. Dr. Michael Kempe, Leibniz-Forschungsstelle Hannover der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen beim Leibniz-Archiv der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover: „Auch der Zitherspieler wird verlacht, wenn er immer auf derselben Saite spielt.“ Zur Bedeutung von Musik und Musikmetaphorik bei G. W. Leibniz
Dr. Stephen Rose, Department of Music, University of London: Reactions to Steffani from German contemporaries

Samstag, 20. September 2014

Steffani & Europa

9:00 – 11:30 Uhr
Italien und Frankreich

Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann, Präsidentin der HMTM Hannover: Begrüßung
Prof. Dr. Silke Leopold, Musikwissenschaftliches Seminar, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Steffani und die italienische Oper
Dr. Berthold Over, Musikwissenschaftliches Institut, Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Steffani und die italienische Kammermusik
Dr. Matthew Gardner, Musikwissenschaftliches Seminar, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Opernsänger im frühen 18. Jahrhundert
Prof. Graham Sadler, Department of Drama and Music, University of Hull, GB: Steffani and the French Style

13:00 – 14:00 Uhr
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation

Prof. Reinhard Strohm, Faculty of Music, University of Oxford, GB: Musik in Deutschland zur Steffani-Zeit
Hansjörg Drauschke, Institut für Musik, Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg: Steffani-Rezeption in Deutschland

14:00 – 15:00 Uhr
England

Prof. John Roberts, Department of Music, University of California, Berkeley, USA: Die Steffani-Rezeption in England
Prof. Dr. Wolfgang Hirschmann, Institut für Musik, Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg: Steffani als Quelle für Händel

Steffani & die Gegenwart
15:30 – 16:30 Uhr

Studentische Werkstattberichte; Studenten der HMTM Hannover: Vermittlung Alter Musik im iPod-Zeitalter: Werkstattergebnisse des Seminars von Dr. Nicole K. Strohmann im Sommersemester 2014

16:30 – 17:00 Uhr
Abschlussdiskussion

Kontakt

Dr. Nicole K. Strohmann
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover Forschungszentrum Musik und Gender (fmg)
Emmichplatz 1 Büro: Seelhorststr. 3, Raum 3.037 30175 Hannover
+ 49 (0) 511.3100-7333
+ 49 (0) 511.3100-7330
nicole.strohmann@hmtm-hannover.de

http://www.fmg.hmtm-hannover.de