"Soldats d’entre-deux". Nationale Identitäten in den Selbstzeugnissen von Soldaten der Zentralmächte (Deutschland und Österreich)

"Soldats d’entre-deux". Nationale Identitäten in den Selbstzeugnissen von Soldaten der Zentralmächte (Deutschland und Österreich)

Veranstalter
Forschungsgruppe EA 3400 an der Fakultät der Geschichtswissenschaften, Universität Straßburg
Veranstaltungsort
Ort
Strassburg
Land
France
Vom - Bis
10.03.2014 -
Website
Von
Jean-Noël Grandhomme, Geschichte, Strassburg

Beim Ausbruch des Krieges 1914 wurde viel über das Zusammengehörigkeitsgefühl der Vielvölkerstaaten spekuliert. Nach 1918 stellte sich die Frage der Loyalitäten innerhalb der neuen Grenzen Europas. Das Benehmen der Soldaten während des Kriegs wurde rückblickend geprüft, besonders wenn sie als staatstragende Gruppe galten. So wurden Kriegserzählungen von elsässischen oder polnischen Fahnenflüchtigen veröffentlicht, die sich der deutschen Armee entzogen, während rumänische bzw. italienische Publikationen sich mit österreichisch-ungarischen Deserteuren aus Transylvanien oder Trentino beschäftigten. Nichtsdestoweniger veröffentlichte in der gleichen Zeit das « Wissenschaftliche Institut der Elsass-Lothringer im Reich » (1921 in Frankfurt am Main gegründet) die Memoiren von Freiwilligen, die für den Kaiser und das Vaterland kämpften. Die Spaltung der Erinnerungen trug dazu bei, die politischen Verhältnisse zu verschärfen. So wurde die deutsche Seite immer wieder verraten : nicht nur von der Sozialdemokratie, wie es die Dolchstoßlegende darstellte, sondern auch von der polnischen Minderheit oder, wie in Österreich, von den zum Feind übergelaufenen Tschechen.

In den Nachfolgestaaten der Doppel-Monarchie wurden diese Vorwürfe in den letzten Jahren wissenschaftlich zurückgewiesen. Die weniger zahlreichen Untersuchungen über die deutschen Streitkräfte sind zum gleichen Ergebnis gekommen. Das Zusammenleben verschiedener Völker bzw. Soldaten der Mehrheitsgesellschaft und der Minderheiten an der Front wird jetzt weniger unter der Frage der Loyalitäten, als unter dem Aspekt des Alltags, der Vielfalt der Identitäten und deren Neuformulierung nach 1918 analysiert.

Die Konferenzreihe « Soldats d’entre-deux » nimmt sich im Jahre 2014 diese Fragen unter der Form zweier Tagungen vor : eines Doktorandenkolloquiums am 19. November und einer wissenschaftlichen Veranstaltung am 20. und 21. November.
Vorzugsweise werden Selbstzeugnisse der Kriegsteilnehmer behandelt. Es können sowohl private Schilderungen, Tagebücher und andere zeitgenössiche Schriften, als auch Memoiren oder später veröffentliche Zeugenberichte sein. Wenn möglich, werden verschiedene Fassungen verglichen, wie zum Beispiel tägliche, während des Konfliktes aufgezeichnete Notizen und veröffentlichte Lebenserinnerungen. Dabei wird insbesondere die Frage aufgeworfen, ob die Änderung der Staatsangehörigkeit die Erzählung beeinflußt hat. Wie ist die Kriegserfahrung zu schildern, die unter einer anderen, gar feindlichen Uniform erlebt wurde : sind da Gefühle verschwiegen bzw. bis zur nationalistischen Übertreibung behauptet worden ? Blieb die Darstellung bar jeder politischen Note nur auf den Frontalltag ausgerichtet ? Nahm sie das Risiko ein, unzeitgemässe Meinungen zum Ausdruck zu bringen ?

Zusammengefaßt ist der Schwerpunkt der Tagung, die Stellung der nationalen Identitäten in den soldatischen Selbstzeugnissen sowie ihre mögliche Umformulierung aufgrund der (geo)politischen Änderungen nach dem Ersten Weltkrieg zu untersuchen. Die Beiträge können sich dieser verschiedenen Aspekte annehmen, oder sich nur auf einen konzentrieren. Ein Gewinn wird sein, eine in der französischen Geschichtsschreibung noch nicht geschaffene Übersicht zu gewinnen, die auch ermöglichen wird, den Fall von Elsaß-Mosel in einem breiteren Rahmen zu begreifen.
Arbeitssprachen sind Französisch und Deutsch. Die Veröffentlichung der Beiträge ist vorgesehen.

Die interesserierten Forscher oder Doktoranden werden gebeten, einen Beiratsvorschlag von 300 bis 1000 Wörter an die folgende Anschrift bis zum 10. März 2014 zu senden : plyer@unistra.fr.

Organisation : Dr. habil. Jean-Noël Grandhomme, Dr. Ségolène Plyer, Raphaël Georges.
Wissenschaftlicher Beirat : Prof. Dr. Christian Baechler, Prof. Dr. Jean-Paul Bled, Prof. Dr. François Cochet, Prof. Dr. Rainer Ullmann.

Programm

Kontakt

Ségolène Plyer

Fakultät der Geschichtswissenschaften, Palais Universitaire, BP90020, 67084 Strasbourg cedex, France

plyer@unistra.fr


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Epoche(n)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Französisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung