Machträume in der frühneuzeitlichen Stadt

Machträume in der frühneuzeitlichen Stadt

Veranstalter
Technische Universität Dresden, Sonderforschungsbereich 537: Institutionalität und Geschichtlichkeit/ Teilprojekt S: Institutionelle Ordnungsarrangements öffentlicher Räume in der Frühen Neuzeit Prof. Dr. Gerd Schwerhoff, Dr. Susanne Rau, Christian Hochmuth M.Sc.
Veranstaltungsort
Ort
Dresden
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.12.2004 - 11.12.2004
Deadline
15.04.2004
Website
Von
Christian Hochmuth

Machträume in der frühneuzeitlichen Stadt

Dresden, 9.-11. Dezember 2004 (evtl. mit Anreise am Mittwochabend)

Frühneuzeitliche Städte wurden in den letzten Jahren als Wirtschaftsräume, als Kommunikationsräume oder als politische Räume beschrieben. Nach einer Phase von demographischen und sozialgeschichtlichen Forschungen werden nunmehr die Lebenswelten der Einwohner wie Passanten erforscht und es wird nach Selbstbeschreibungen frühneuzeitlicher Städter und Städterinnen gesucht. Die Frage nach der Macht in frühneuzeitlichen Städten kann an diese neueren Perspektiven anknüpfen und so versuchen, die Ansätze der älteren Verfassungsgeschichte produktiv weiterzuentwickeln. Dabei sind Macht, Gewalt und Herrschaft nicht erst Grundkategorien der modernen Gesellschaftstheorie, denn schon die Zeitgenossen operierten mit diesen Begriffen. Luthers Reichelehre hat dazu beigetragen, dass das weltliche Regiment als ein von Gott gestiftetes Amt gesehen wurde, weshalb "Gewalt" als legitime "potestas" angesehen wurde. Die frühneuzeitliche politische Theorie sowie das Reichs- und Territorialstaatsrecht unterschieden zwischen Gewalt (potestas, violentia) und Macht (Vollmacht, politisches Potential). Die Konzentration der Begriffe potestas/ potentia auf den Wirkungsbereich des frühmodernen Staates hat dazu beigetragen, dass Macht und Gewalt primär als Über- und Unterordnungsverhältnisse gesehen und daher vornehmlich als politikgeschichtliche Themen erforscht wurden.

Eine konzeptionelle Erweiterung fand die Machtdiskussion seit Max Weber, der Machtverhältnisse in jeder sozialen Beziehung sah, wenngleich sein Konzept der Durchsetzungsmacht ein einseitiges Verhältnis darstellte. Auch in dieser Forschungstradition richtet sich das Interesse vor allem auf Fragen der Legitimität. Erst in der neueren sozialwissenschaftlichen Diskussion (Foucault, Sofsky) wird Macht als relationales Verhältnis betrachtet, das auf allen Ebenen und in jeglichen sozialen Beziehungen existiert, und nicht als ein Vermögen, das jemand besitzt. Nach Michel Foucault existiert Macht in actu (auch wenn sie sich auf gesellschaftliche Strukturen stützt), sie ist dynamisch, kontextabhängig und v.a.: nicht nur repressiv. Die Frage der Legitimität rückt hiermit in den Hintergrund. Bezogen auf diese Position ist sinnvollerweise zu unterscheiden zwischen Machtstrukturen (Quellen, Grundlagen, Kapitalsorten), Machtprozessen (Genesen, Konflikte, Transformationen, Transfers) sowie Machtmodalitäten und -techniken (Verteilungsmacht, Kontrollmacht, Deutungsmacht, Biomacht, Symbolisierungsmacht, Gegenmacht sowie Repräsentation und Verschleierung von Macht).

Auf der anstehenden Tagung sollen diese Konzepte auf Erscheinungen im sozialen Raum der frühneuzeitlichen Stadt angewandt werden. Es soll gerade auch danach gefragt werden, wie neuere Forschungsansätze, die Raum als ein relationales Verhältnis analysieren (Martina Löw, Gabriele Sturm), mit einem relationalen Machtbegriff verbunden werden können. Wie also wurde der städtische Lebensraum in Machtbeziehungen konstituiert, benutzt, transformiert, erlebt? Durch welche Handlungen und Machtverfahren wurde er strukturiert und wie wirkte der so konstituierte Raum wieder auf die Akteure zurück? Der Objektbereich "Stadt" eignet sich für solche Fragestellungen in idealer Weise, da "Macht" auf zahlreichen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen betrachtet werden kann und die Frage nach der Konstitution von Räumen sich mit der nach der Konstitution von Macht zusammenführen lässt: auf der verfassungsgeschichtlichen Ebene ebenso wie auf der Ebene der physischen Macht, z.B. bei der Gewaltanwendung unter Nachbarn auf offener Straße. Welche Institutionen etwa kontrollierten den städtischen Raum; und durch welche Verfahren wurde ökonomische Macht in der Stadt verschleiert? Objektbereiche können die politischen Verhältnisse (und deren Repräsentation), Architektur, Sprache, Literatur und Geschichtsschreibung, Kunst, Erziehung, Akademien/ Wissensvermittlung oder institutionalisierte soziale Beziehungen sein.

Die Veranstalter bitten um Zusendung von Exposés (ca. 500 Wörter), die sich mit Aspekten der in der Tagung zu behandelnden Fragen auseinandersetzen, zusammen mit einer Liste zugehöriger Veröffentlichungen sowie einer Einordnung des Beitrags in den individuellen Forschungszusammenhang. Es werden nur Originalbeiträge angenommen und der Bezug zu einem der genannten Konzepte muss evident sein. Bewerber werden ausdrücklich aufgefordert, die Form des Beitrags/ Vortrags zur Tagung anzugeben. Möglich sind Vorträge (auch Impulsreferate mit ausführlicher Diskussion und/ oder historischer Quellenanalyse), Statements zu einem Round-Table-Gespräch oder ausführliche Kommentare zu einer Sektion. Es können auch unpublizierte Texte (Aufsatzform) für einen Workshop eingeschickt werden, die dann im Vorfeld allen Tagungsteilnehmern zur Verfügung gestellt werden.

Die Exposés bitte spätestens zum 15. April 2004 an folgende Adresse:

Dr. Susanne Rau/ Christian Hochmuth M.Sc.
Technische Universität Dresden
Sonderforschungsbereich 537
01062 Dresden
Tel.: (0351) 463-33913
susanne.rau@mailbox.tu-dresden.de
christian.hochmuth@mailbox.tu-dresden.de

Programm

Kontakt

Susanne Rau
Technische Universität Dresden
Sonderforschungsbereich 537
(0351) 463-33913
susanne.rau@mailbox.tu-dresden.de