Oikonomia und Chrematistike. Wissen und Strukturen von „Wirtschaft“ im antiken und frühneuzeitlichen Europa

Oikonomia und Chrematistike. Wissen und Strukturen von „Wirtschaft“ im antiken und frühneuzeitlichen Europa

Veranstalter
Forschergruppe B-3 Oikonomia am Exzellenzcluster TOPOI. Leitung: Iris Därmann, Helmut Pfeiffer, Aloys Winterling.
Veranstaltungsort
TOPOI Haus Mitte, Seminarraum 1.03, Hannoversche Str. 6, 10115 Berlin, U-Oranienburger Tor (U6).
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.11.2013 - 08.11.2013
Von
Thomas Skowronek

Ziel der Konferenz ist es, methodische und sachliche Grundfragen der Relation von realhistorischer Ausformung ökonomischer Strukturen, insbesondere der Expansion geldwirtschaftlicher Beziehungen, und dem jeweiligen zeitgenössischen Wissen von Ökonomie, insbesondere dem Versuch, diese auf den häuslichen Raum zu beschränken, zu eruieren, um vor diesem Hintergrund die Geschichte der Transformation "ökonomischer" Wissensbestände in der europäischen Geschichte zu rekonstruieren.

Angesetzt wird in einem ersten Schritt in der griechischen Antike des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., die einerseits durch haus- und polisübergreifende Wirtschaft und eine Bedeutungszunahme der Agora gekennzeichnet war, in der sich andererseits, prominent bei Xenophon und Aristoteles, Konzeptionen der Oikonomia etablierten, die bewusst gegen ausdifferenziert wirtschaftliche Beziehungsmuster und Rationalitäten (Chrematistike) Stellung nahmen und den Bereich des Hauses als den Ort männlicher "despotischer" Herrschaft über Frau, Kinder und Sklaven sowie als die Basis des "guten Lebens" in der politischen Gemeinschaft der Polis konzeptualisierten.

In einem zweiten Schritt soll es um die Transformation des antiken Theorie- und Wissensbestandes in der Renaissance gehen. Seit dem 15. Jahrhundert zeichnet sich, zunächst in Italien, später vor allem in Frankreich und England, ein intensiver Rückgriff auf die Oikonomia-Konzepte von Aristoteles und Xenophon ab, dessen Motive und Reichweite bislang angesichts der Privilegierung der Rezeption ethischen und politischen Wissens nicht zureichend herausgearbeitet wurden.

Im Einzelnen stellen sich folgende Fragen:

1) Welche ökonomischen Entwicklungen (Bankwesen, etc.) motivieren die Auseindandersetzung mit dem antiken Wissen, welche Selektionen lassen sich beobachten und wie sind sie funktional zu verstehen?

2) Welche konzeptuellen Innovationen zeichnen sich als Reaktion auf neue komplexe ökonomische Praktiken ab? In welchem Bezug stehen sie zu mittelalterlichen theologischen Konzepten?

3) In welchen Formen manifestiert sich die Transformation des ökonomischen Wissens und wie sind diese mit ökonomischen Praktiken verknüpft? Das Spektrum reicht hier vom ökonomischen Hausbuch über Traktat- und Dialogformen bis zu fiktionalen Durcharbeitungen.

Programm

7. November – ANTIKE

9.00 Iris Därmann (HU Berlin), Aloys Winterling (HU Berlin): Grußworte und Einführung

9.15 Neville Morley (University Bristol): Rethinking the Ancient Economy

10.45 Moritz Hinsch (HU Berlin): Die ökonomische Funktion des Haushalts im klassischen Griechenland

12.15 Peter Spahn (FU Berlin): Xenophons Oikonomikos

15.00 Colin G. King (HU Berlin): Aristotle's critique of money-making

16.30 Armin Eich (Bergische Universität Wuppertal): Haus- und polis-übergreifende geldwirtschaftliche Beziehungen im 5. und 4. Jh.

18.00 Darel Engen (California State University San Marcos): Reconsidering the Economy: Traditional Values and Philosophical Theory versus Public and Private Practice in Fourth Century B.C.E. Athens

8. November – FRÜHE NEUZEIT

9.00 Helmut Pfeiffer (HU Berlin): Einführung

9.15 Rudolf Schüßler (Universität Bayreuth): Die erste Welle. Scholastische Ansätze zu einer Wirtschaftstheorie

10.45 Wolfram Keller (HU Berlin): Geoffrey Chaucer's Household Dreams

12.15 Helmut Pfeiffer (HU Berlin): Temporalisierung der Oikonomia. Albertis Della famiglia

15.00 Germano Maifreda (University of Milan): Theology, Biology, and Bibliography: the Conceptual Model of oikonomia in Early Modern Europe

16.30 Birger Priddat (Universität Witten/Herdecke): Die Oikos-Polis-Differenz als prägende Struktur der neuzeitlichen Ökonomie/Politik-Formation

Kontakt

Thomas Skowronek

TOPOI, Hannoversche Straße 6, 10099 Berlin

+49-(0)178-1350031

thomas.skowronek@topoi.org

http://www.topoi.org/event/15230/