Die Geschichte der Herolde in Europa (12.-18. Jahrhundert). Forschungsstand und Perspektiven

Die Geschichte der Herolde in Europa (12.-18. Jahrhundert). Forschungsstand und Perspektiven

Veranstalter
Torsten Hiltmann, Historisches Seminar, Universität Münster
Veranstaltungsort
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.03.2014 - 28.03.2014
Deadline
30.11.2013
Von
Torsten Hiltmann

(English version below)

Zusammenfassung

Ziel des Workshops ist es, allen am Heroldsamt und dessen Geschichte Interessierten die Gelegenheit zu bieten, das gemeinsame Thema unter einem systematischen Zugang zu diskutieren und damit ein Forschungsfeld genauer zu umreißen, dessen möglicher Beitrag zu einem besseren Verständnis der europäischen Geschichte des 12.-18. Jahrhunderts im Allgemeinen und der politischen, sozialen und kulturellen Umbrüche zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit im Besonderen bisher noch kaum untersucht wurde.

Präsentation

Die Geschichte der Herolde ist noch weitgehend unerforscht. Trotz der herausgehobenen Rolle, welche die Herolde in der spätmittelalterlichen Adelskultur (und darüber hinaus) spielten, haben sie in der bisherigen Forschung nur wenig Aufmerksamkeit erfahren. Eine Situation, die sich in den letzten Jahren jedoch zunehmend ändert. Der internationale Workshop an der Universität Münster möchte diese Entwicklungen unterstützen und allen am Heroldsamt und dessen Geschichte Interessierten die Gelegenheit bieten, miteinander ins Gespräch zu kommen und über das gemeinsame Forschungsfeld zu diskutieren.

Ziel der Initiative

Ziel des in zwei Teilen angelegten Workshops (26.-28. März 2014 und 25.-27. März 2015) ist es, die verschiedenen in Europa vorhandenen Forschungsinteressen und Einzelprojekte zu einer ersten Synthese zusammenzuführen. Am Ende soll ein in Co-Autorschaft verfasster Band stehen, der den aktuellen Forschungsstand dokumentiert, die in gemeinsamer Diskussion entwickelten Perspektiven für die weitere Erforschung der Heroldsgeschichte nachzeichnet und die vielfältigen Anschlussmöglichkeiten für weiterführende Fragestellungen und Themenbereiche offenlegt.

Das Heroldsamt

Wenn wir von der Geschichte der Herolde sprechen, fallen wir immer wieder ins gleiche Narrativ zurück: Der Ursprung des Amtes ist auf den Turnieren des 12. Jahrhunderts zu suchen, auf denen sich die Herolde durch besondere Fähigkeiten hervortaten. Allein anhand des Wappens konnten sie die einzelnen Kämpfer identifizieren und von deren vormaligen Taten berichten. Lange Zeit in einer prekären sozialen Stellung als Fahrende verharrend, nahmen die Herolde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen erstaunlichen Aufstieg. Sie fanden jetzt Anstellung in königlichen, adeligen und städtischen Diensten und auch ihr Tätigkeitsbereich erweiterte sich erheblich. Sie übernahmen Aufgaben im Kriegswesen und der Diplomatie, dienten als Berichterstatter und Chronisten und zum Teil selbst als Richter in Ehrfragen und wurden zu zentralen Funktionsträgern der höfischen Repräsentation. Spätestens am Übergang zum 15. Jahrhundert fanden die Herolde in ganz Europa Verbreitung und waren zwischen Portugal und Litauen, Zypern und Schweden an beinahe jedem Hof zu finden, bis ihre Zahl zu Beginn des 16. Jahrhunderts dann ebenso unvermittelt wieder zurückging. Das Amt – nun weitgehend von Adeligen besetzt – schien nunmehr, auf rein zeremonielle Funktionen reduziert, seinen Niedergang zu erfahren.
Dass dieses Narrativ durch zahlreiche Leerstellen gekennzeichnet ist und einer grundlegenden Revision bedarf, ist offensichtlich. Eine nähere, intensivere Auseinandersetzung mit der Geschichte des Heroldsamtes kann dabei auch für zahlreiche weitere Themenbereiche neue Perspektiven eröffnen.

Perspektiven für die Forschung

Die Geschichte des Heroldsamtes, die sich vom 12. bis teilweise in die Gegenwart erstreckt, ist eng mit den jeweiligen zeitgenössischen Entwicklungen verbunden, wobei sie insbesondere für die grundlegenden sozialen und kulturellen Umbrüche zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit bisher unbekannte Einblicke bieten kann. Die Vielfalt der Aufgaben und Funktionen der Herolde, die noch weitgehend unerforscht sind, bieten zugleich neue Perspektiven auf eine ganze Bandbreite weiterer Forschungsgegenstände, mit der stets immanenten Möglichkeit zum europäischen Vergleich. Angefangen bei der adeligen und ritterlich-höfischen Kultur, über die Geschichte von Turnier und Krieg, Diplomatie und Spionage, bis hin zu Fragen der symbolischen Kommunikation, von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit und den Modi der Informationsverbreitung.

Forschungsstand

Einiges hat die Forschung in den letzten Jahren bereits aufarbeiten können, insbesondere mit Blick auf den burgundischen Hof des 15. Jahrhunderts, der auch im Rahmen des Workshops eine wichtige Rolle spielen wird. Doch wurden bisher meist nur Einzelaspekte beleuchtet, wobei der Fokus fast ausschließlich auf der Hochphase des Amtes im 15. Jahrhundert lag. Weder die Frage, wie es eigentlich zu dem erstaunlichen Aufstieg des Amtes kam, ist bisher befriedigend geklärt, noch scheint die Annahme richtig, dass der quantitative Rückgang des Amtes zu Beginn der Frühen Neuzeit tatsächlich als dessen Niedergang zu lesen ist. Das große komparatistische Potential des Themas – zwischen den verschiedenen Entwicklungen des Amtes in den einzelnen Ländern und Regionen Europas wurde bisher kaum unterschieden – blieb bis dato noch völlig ungenutzt.
Was fehlt, ist ein strukturierender Überblick über die Geschichte des Amtes, der die verschiedenen bisherigen und zukünftigen Arbeiten und Projekte miteinander verbindet und einen gemeinsamen Interpretationsrahmen für deren Ergebnisse bietet. Hierzu möchten der Workshop und die geplante Publikation einen Beitrag leisten.

Mögliche Themen

Folgende Fragenkomplexe könnten den gemeinsamen Zugang zum Thema gliedern:
- Die historische Entwicklung des Amtes (12. bis 18. Jh., Ausbreitung des Amtes in Europa, etwaige regionale Sonderentwicklungen, die innere Hierarchie des Amtes, die sich wandelnden sozialen Hintergründe etc.);
- Die Besonderheiten des Amtes und seiner Geschichte (Schwur, Dienstkleidung, Dienstnamen, diplomatische Immunität, weitere Privilegien etc.);
- Aufgaben und Funktionen des Amtes (die verschiedenen Tätigkeitsbereiche, Wissen und Kompetenzen, die Beziehung zwischen Herolden und Heraldik etc.);
- Die literarische Produktion der Herolde (Chroniken, Berichte, Traktate, Wappenbücher, Gedichte etc.);
- Die Wahrnehmung und Darstellung des Heroldsamtes durch die Herolde selbst und durch andere (Herkunftsgeschichten, Spottgedichte, Ikonographie etc.).

Der Workshop ist inhaltlich offen konzipiert. Vorschläge zu weiteren Themenbereichen wie auch zur Struktur des Workshops sind willkommen.

Für weitere Informationen und zum Fortgang der Planungen (vorgesehen ist u.a. die Einrichtung einer gemeinsamen Bibliographie zum Workshop) siehe:

http://heraldica.hypotheses.org/category/historyofheralds

Anmeldung mit einer kurzen Zusammenfassung der eigenen Interessen am Thema (100 Wörter) und einem kurzen CV bitte bis zum 30.11.2013 in Deutsch, Englisch oder Französisch per Email an: hiltmann@uni-muenster.de

Der Workshop wird unterstützt von:
“Die Performanz der Wappen” (Dilthey Fellowship of the VolkswagenStiftung)
“Fondation pour la protection du patrimoine historique, culturel et artisanal" (Lausanne)
International Office der Universität Münster

Programm

CfP: The History of Heralds in Europe (12th-18th c.). State of the art and new perspectives (Workshop, Münster/Germany, Part 1: March 26-28, 2014)

The history of heralds is a largely underexplored one. In spite of the important role the office of heralds played in the late medieval courtly culture and beyond, only few scholars have dedicated their attention to this office by now. However, their number has been growing over the past years.

The workshop at the University of Münster will offer an occasion to scholars interested in the research of the office of arms to meet and discuss their interests and their common topics under a systematic approach. The workshop aims to structure the field of research in mutual discussions and to combine the different efforts and ideas to a first synthesis. The goal of the two-part workshop (March 2014, March 2015) is to elaborate a compendium on the history of the office of arms written in co-authorship. It is supposed to identify the state of the art, to define the broad lines for future research, and to demonstrate the topic’s huge opportunities for historical research.

Perspectives

A better knowledge of the history of heralds will not only contribute to a better understanding of the social and cultural development and function of this office itself. It will also offer new perspectives on such different topics like aristocratic and courtly culture, diplomacy, tournaments and warfare, communication, literature, honour or espionage, as well as on the evolution from feudal society to the princely state at the end of the Middle Ages. The workshop will particularly emphasise the comparative potential of this pan-European phenomenon.

The office of arms

If we speak of the history of heralds, we usually fall back to the same narrative: It starts with their emergence at the tournaments of the 12th century and their persistent humble existence as constant wanderers. It continues with their astonishing rise in the middle of the 14th century when they suddenly entered the services of kings and princes, cities and noblemen all over Europe. Their scope of duties widened immensely, now also including tasks in the military, courtly representation and diplomacy, and their office became closely linked to the idea of honour and chivalry. The narrative usually ends with the apparent decline of heralds at the turn of the 16th century, when their numbers rapidly decreased again and their office – now in the hands of noblemen – shrunk to a mere ceremonial one. It is obvious that this narrative is full of blind spots and in strong need of clarification and differentiation.

State of the art

Since the studies of Anthony R. Wagner in the middle of the last century and since scholars such as Maurice Keen and especially Gert Melville brought up this topic again 25 years ago, some research has certainly been done. Especially on the court of Burgundy in the 15th century, which will play an important role in the workshop as well. But focusing primarily on the heydays of the office, the different papers and studies published so far nevertheless only scratch the surface. What is even more, they invariably focus on individual aspects. Neither has the incredible rise of this office in the 14th century and its spread all over Europe been sufficiently explained, nor have the antecedents of this rise or the development of the office after its apparent decline in the beginning of the 16th century been explored at all. There has not been a structured overall assessment of the history of heralds so far – which is nevertheless urgently needed to link the different existing and upcoming studies and initiatives and to provide a common frame for the interpretation of their results. The potentialities for long-time comparative studies this pan-European office offers have yet to be assessed.

General topics structuring the workshop could be, for instance:
- General historical development of the office (from 12th to 18th c., its spread over Europe, the inner hierarchy of the office, social backgrounds, etc.);
- Particularities of the office and its history (the oath, the habit, the office names, its immunity, privileges, etc.);
- Functions, duties and missions (different fields of function, competences and knowledge, the link between heralds and heraldry, etc.);
- The writings of heralds (chronicles, reports, treatises, armorials, poems, etc.);
- The perception of the office of arms by the heralds themselves and by others (legends of origins, satirical poems, etc.).

All suggestions are most welcome.

Scholars interested in participating in the workshops are warmly invited to send a message including a summary of their interests in the presented field of research (100 words) and a short CV in English, French or German by 30.11.2013 to: hiltmann@uni-muenster.de

For further information and an update on the progress of the project (e.g. the group on Zotero that is planned for the workshop), please have a look at:

http://heraldica.hypotheses.org/category/historyofheralds

The Workshop is sponsored by:
The performance of coats of arms” (Dilthey Fellowship of the VolkswagenFoundation)
“Fondation pour la protection du patrimoine historique, culturel et artisanal” (Lausanne)
International Office of the University of Münster

Kontakt

Jun.-Prof. Dr. Torsten Hiltmann
Juniorprofessur für die Geschichte des Hoch- und Spätmittelalters / Historische Hilfswissenschaften
Historisches Seminar
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Domplatz 20-22
48143 Münster

Email: hiltmann@uni-muenster.de

http://heraldica.hypotheses.org/category/historyofheralds