Der Erste Weltkrieg als Laboratorium für eine Politik der Sinne

Der Erste Weltkrieg als Laboratorium für eine Politik der Sinne

Veranstalter
IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz
Veranstaltungsort
IFK Wien, Reichsratsstraße 17
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
21.11.2013 - 22.11.2013
Website
Von
Ingrid Söllner-Pötz

Die Verunsicherung der Sinne, das Auseinanderbrechen der gedeuteten Welt hat längst schon vor dem Ausbruch des Weltkrieges begonnen. Die Schrecken der Vernichtung und Zerstörung haben aber diesen Prozess rabiat vertieft. Gewalt im Krieg hat eine unmittelbar sinnliche Dimension.

Politik im Krieg, so die These, ist zuerst Versicherung von Wahrnehmungsweisen und Sinnzuschreibungen angesichts der überwältigenden, die gedeutete Welt zerstörenden Konfrontation mit menschengemachtem Massentod. Wer hätte es nicht gelesen – oder vielleicht überlesen – unter dem Eindruck der starken Zeile „Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang“? Kaum sechs Zeilen weiter heißt es in Rilkes „Erster Duineser Elegie“: „… und die findigen Tiere merken es schon, dass wir nicht sehr verlässlich zu Hause sind in der gedeuteten Welt.“ Die Verunsicherung der Sinne fand ihren Anfang schon vor dem Gewaltgetose des Ersten Weltkriegs. Die Schrecken der Vernichtung und Zerstörung haben aber diesen Verlauf vehement verstärkt. Gewalt im Krieg hat eine unmittelbar sinnliche Dimension. Dann erscheint es möglich, dass die Tiere diese letzte Schrecklichkeit des Krieges, die Zerstörung der Sicherheit der Wahrnehmung, eher begriffen haben als die Menschen, die Kombattanten wie die Nichtkombattanten. Denn die Menschen waren und sind gerade in Zeiten extremer Gewalt findig. Sie entwickeln scheinbar aus der hohlen Hand, in Wirklichkeit aber in Anverwandlung allgemein anthropologischer und partikulär kultureller Reservoirs von Selbstversicherungen, Taktiken und Politiken der Wahrnehmung, die ihnen auch eine zerstörte Sinneswelt lesbar machen. Sie erweitern und verengen den Blick; sie hören Gefahr; sie fühlen Tod; sie panzern den Körper der Wahrnehmung.

Programm

IFK
Do., 21. November 2013
9.00
Begrüßung
Helmut Lethen
Einführung
Michael Geyer

DEN KRIEG VORSTELLEN
9.30
Christoph Nübel
Die Anpassung an die Kriegslandschaft – Militärgeschichte
als Überlebensgeschichte

10.30
Jay Winter
An Aural History of War

11.30
Kaffeepause

12.00
Alexander Honold
„Pfeifen oder Singen“: Klangpoetik im Feld

13.00
Mittagspause

DEN KRIEG DARSTELLEN

14.30
Stefan Kaufmann
Kommunikationstechnik und Kriegführung

15.30
Kaffeepause

16.00
Nicolas Detering
Kriegslyrik im Ersten Weltkrieg

17.00
Valentin Groebner
Feldpost an die Madonna: Bilder beschützen Körper

18.00
Ende

Fr., 22. November 2013:

DEN KRIEG VERTRETEN

9.00
Anton Holzer
Fotografie und Propaganda

10.00
Laura Engelstein
Russian War Caricatures

11.00
Kaffeepause

11.30
Pierre Purseigle
British/Allied War Propaganda

12.30
Mittagspause

DEN KRIEG VERKÖRPERN

14.00
Julia B. Köhne
Kriegshysteriker: Bilder und mediale Techniken

15.00
Hans Georg Hofer
Österreichische Militärpsychiatrie

16.00
Kaffeepause

16.30
Anton Kaes
Shell Shock Cinema

17.30
Julia Encke
Die Panzerung der Sinne

18.30
Ende

Konzeption:
Michael Geyer (Department of History, University of Chicago)
Helmut Lethen (IFK, Wien)
Lutz Musner (IFK, Wien)

TeilnehmerInnen:
Nicolas Detering (Deutsches Seminar – Neuere deutsche Literaturgeschichte,
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Julia Encke (FAZ, Frankfurt / M.)
Laura Engelstein (Department of History, Yale University)
Michael Geyer (Department of History, University of Chicago)
Valentin Groebner (Historisches Seminar, Universität Luzern)
Hans-Georg Hofer (Medizinhistorisches Institut, Universität Bonn)
Anton Holzer (Zeitschrift Fotogeschichte, Wien)
Alexander Honold (Deutsches Seminar, Universität Basel)
Anton Kaes (Department of German, University of California at Berkeley)
Stefan Kaufmann (Institut für Soziologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Julia Köhne (Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien)
Christoph Nübel (Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin)
Pierre Purseigle (Department of History, Yale University)
Jay Winter (Department of History, Yale University)

Kontakt

Söllner-Pötz

IFK Reichsratstraße 17, 1010 Wien

soellner-poetz@ifk.ac.at

www.ifk.ac.at
Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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