Die Reformierten in Schlesien. Vom 16. Jahrhundert bis zur Altpreußischen Union von 1817

Die Reformierten in Schlesien. Vom 16. Jahrhundert bis zur Altpreußischen Union von 1817

Veranstalter
Internationale Fachtagung der Historischen Kommission für Schlesien; und des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte Mainz; wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Joachim Bahlcke; Prof. Dr. Irene Dingel
Veranstaltungsort
Kupfermuseum (Muzeum Miedzi w Legnicy)
Ort
Liegnitz/Legnica
Land
Poland
Vom - Bis
27.06.2013 - 30.06.2013
Website
Von
Dr. des. Mona Garloff

Die spezifische Internationalität des europäischen Calvinismus, sein grenzüberschreitender Charakter und die hohe Mobilität seiner Prediger und Anhänger sind der Forschung als Muster und Struktur seit langem bekannt. Umso mehr muss es verwundern, dass sich diese Internationalität in der tatsächlichen Forschung nicht wirklich abbildet: Die regionalen Schwerpunkte liegen eindeutig im Westen und in der Mitte Europas – dem östlichen Europa dagegen, beginnend mit den älteren Reichsterritorien im Osten über traditionelle Zentren wie Polen-Litauen und Ungarn bis hin zu den baltischen Herrschaftsbildungen und Siebenbürgen, wird traditionell nur eine periphere Bedeutung für diese Zusammenhänge zugemessen. Diese Ausblendung hat naturgemäß zeitpolitische und auch sprachliche Gründe. Schlesien bildete allerdings nicht nur mit Blick auf Politik und Gesellschaft, sondern auch hinsichtlich seiner spezifischen religiösen Struktur während der Frühen Neuzeit eine wichtige Brückenlandschaft in Ostmitteleuropa. Dies lässt sich allgemein an grenzübergreifenden Kontakten ebenso nachweisen wie an den besonderen Lebens- und Ausbildungswegen reformierter Theologen oder Eheverbindungen.

Nicht nur im humanistisch-gelehrten Umfeld der schlesischen Metropole Breslau, auch im Bereich der einzelnen Territorialherrschaften und regionalen Stadtzentren Schlesiens sind reformierte Einflüsse seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisbar. Die kleinräumige Territorialorganisation Schlesiens mit zahlreichen semi-souveränen Fürsten, die Schwäche der katholischen Kirchenorganisation und das Fehlen personeller und finanzieller Ressourcen des katholischen Oberherrn ermöglichten Freiräume, die der Ausbreitung reformierter Vorstellungen zugutekamen. Über die innerschlesischen Entwicklungen hinaus nimmt die Tagung insbesondere auch die Außenbeziehungen der schlesischen Reformierten in den Blick, die sich aus Studienkontakten, dynastischen Beziehungen und Folgen eines seit der Reformation verdichtenden Wissens- und Ideentransfers ergaben. Diese Prozesse vollzogen sich jeweils in zwei Richtungen: Zum einen gingen die Initiativen von Schlesien aus, zum anderen wurde die Region gerade an den beiden Jahrhundertwenden – um 1600 ebenso wie um 1700 – von auswärtigen reformierten Höfen, Dynastien oder Gruppen als Aktionsraum entdeckt, um auf den Kaiser direkt bzw. auf die Habsburger als katholische Vormacht einzuwirken. Die Europäisierung der causa religionis in Schlesien konzentrierte sich nahezu vollständig auf die Reformierten.

Die internationale und interdisziplinäre Fachtagung „Die Reformierten in Schlesien. Vom 16. Jahrhundert bis zur Altpreußischen Union von 1817“ strebt neue Forschungsperspektiven an, um landeseigene wie sachliche und zeitliche Spezifika eines schlesischen Reformiertentums vom 16. bis zum 19. Jahrhundert herauszuarbeiten. Diese regionalen Entwicklungen sollen stets in breitere, gesamteuropäische Zusammenhänge eingeordnet werden.

Gäste sind auf der Tagung mit Voranmeldung herzlich willkommen.

Programm

Donnerstag, 27.6.2013

15.00 Uhr
Begrüßung

Einführung in das Thema der Tagung

Moderation: Herman Selderhuis, Apeldoorn

15.30–17.00 Uhr

Theologie und kirchliches Leben

Irene Dingel, Mainz
Spuren reformierter Konfessionalität in fürstlichen Leichenpredigten

Dietrich Meyer, Herrnhut
Die reformierten Hofprediger und Pfarrer im Herzogtum Liegnitz-Brieg im 17. Jahrhundert

17.00–17.30 Uhr Kaffeepause

17.30–19.00 Uhr
Gabriela Wąs, Breslau/Wrocław
Calvinismus als Faktor für die Herausbildung von Landesbewusstsein bei den schlesischen Eliten im 16. und 17. Jahrhundert

Hans-Jürgen Bömelburg, Gießen
Die Kontakte der schlesischen Reformierten zum preußisch-polnischen und litauischen Adel in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts

19.00 Uhr Abendessen

Freitag, 28.6.2013

Moderation: Kęstutis Daugirdas, Mainz

9.00–10.30 Uhr
Mona Garloff, Stuttgart
Verwandtschaft, Konfession und Gelehrsamkeit im 16. Jahrhundert. Die Beziehungen der französischen Familie Hotman nach Schlesien

Luka Ilić, Mainz
Andreas Dudith und sein reformiertes Netzwerk in Breslau am Ende des 16. Jahrhunderts

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–12.30 Uhr

Innerschlesische Entwicklungen und überregionale Ausstrahlungen

Henning Jürgens, Mainz
Anticalvinistische Flugblätter und Traktate
in und über Schlesien im 16. und 17. Jahr-hundert

Jiří Just, Kuttenberg/Kutná Hora
Die Beziehungen der Brüder-Unität in Böhmen und Polen zu den schlesischen Reformierten in der Frühen Neuzeit

12.30 Uhr Mittagessen

anschließend, bis ca. 20.30 Uhr
Exkursion zu schlesischen Schlössern
und Kirchen
Leitung: Maximilian Eiden, Görlitz

Sonnabend, 29.6.2013

Moderation: Maciej Ptaszynski, Warschau/Warszawa

9.00–10.30 Uhr
Tobias Sarx, Marburg
Kontakte der schlesischen Reformierten um 1600 zu westlichen Reichsterritorien

Joachim Bahlcke, Stuttgart
Die Reformierten in Schlesien im Umfeld der Altranstädter Konvention von 1707

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–12.30 Uhr
Roland Gehrke, Stuttgart
Die Haltung der schlesischen Reformierten zur Altpreußischen Union von 1817

Künste und kulturelle Prägungen

Klaus Garber, Osnabrück
Calvinismus und literarisches Leben im frühneuzeitlichen Schlesien

12.30–14.30 Uhr Mittagessen

Moderation: Thomas Wünsch, Passau

14.30–16.00 Uhr
Wojciech Mrozowicz, Breslau/Wrocław
Humanismus und Kryptocalvinismus. Genese und Bedeutung der Bibliothek des Breslauer Gelehrten Thomas Rhediger (1540-1576)

Ulrich Schmilewski, Würzburg
Adel und reformierte Bildungsbestrebungen in Schlesien. Die Herren von Schönaich und das Beuthener Schönaichianum im 16. und 17. Jahrhundert

16.00–16.30 Uhr Kaffeepause

16.30–18.45 Uhr
Lucyna Harc, Breslau/Wrocław
Reformierte Kirchengeschichtsschreibung in Schlesien im 17. und 18. Jahrhundert

Jan Harasimowicz, Breslau/Wrocław
Reformierter Kirchenbau im frühneuzeitlichen Schlesien

Aleksandra Adamczyk, Breslau/Wrocław
Die kryptocalvinistische Lehre Leonhard Krenztheims über die Erlösung der tot-geborenen Kinder und ihr Einfluss auf die schlesische Sepulkralkultur des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts

18.45 Uhr Schlusskommentar
Arno Herzig, Hamburg

Schlussdiskussion

Sonntag, 30.6.2013

9.00 Uhr Gottesdienst

10.00 Uhr Stadtführung

12.00 Uhr Abreise

Kontakt

Alexandra Schellenberg
Sekretariat der Abteilung:
Geschichte der Frühen Neuzeit
Universität Stuttgart
Keplerstr. 17
70174 Stuttgart

0711-685-82341
Alexandra.Schellenberg@hi.uni-stuttgart.de


Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger