Die Praxis der/des Echo. Vom Widerhall in den Künsten, dem Theater und der Geschichte

Die Praxis der/des Echo. Vom Widerhall in den Künsten, dem Theater und der Geschichte

Veranstalter
Dr. Veronika Darian / Dr. Micha Braun / Jeanne Bindernagel, Institut für Theaterwissenschaft, Universität Leipzig
Veranstaltungsort
Schaubühne Lindenfels, Grüner Salon, Karl-Heine-Straße 50, 04229 Leipzig
Ort
Leipzig
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.02.2013 - 09.02.2013
Von
Braun, Micha

Ein Symposium des Leipziger Instituts für Theaterwissenschaft schlägt Anfang Februar 2013 die Brücke zwischen kulturwissenschaftlicher Forschung und künstlerischer Praxis. Hierfür kommen Geschichts-, Theater- und Literaturwissenschaftler aus dem In- und Ausland mit Praktikern der Performance arts und bildenden Künste in der Schaubühne Lindenfels zusammen. Anhand der mythischen Figur der Echo werden sie über eine eigene künstlerische wie kulturelle Qualität von Phänomenen des Widerhalls, des Wiederholens oder auch des Erinnerns diskutieren. In Vorträgen, dialogischen Formaten und Workshops werden hierbei Resonanzen und Synergieeffekte zwischen verschiedenen theoretischen und praktischen Wissenshorizonten und Methoden der vertretenen Disziplinen aufgezeigt.

Dem Mythos nach ist die Nymphe Echo dazu verdammt, stets die letzten Worte ihres Gegenübers zu wiederholen. Nur fähig zum Widerhall fremden Ausdrucks, ist sie oft Sinnbild eines defizitären, abhängigen Wesens; es fehlt ihr das vermeintlich Originäre. Deswegen taugt sie, im Gegensatz zu Narziss, unter keinen Umständen zur Identifikationsfigur abendländischen Selbstverständnisses.

Doch der Widerhall birgt mehr als die Wiederholung des unmittelbar Vorhergegangenen: Echo zeigt sich auch als Widerstand, Verweigerung, sogar Streik. In ihrer scheinbar zwanghaften Nachahmung scheint das Wiederholte als eine Offenlegung genau solcher Strukturen auf, die in kulturellen Selbstdarstellungen zumeist verdrängt werden: Der Sinn der Rede entgleitet und lässt Sprache gerade nicht als gelungene Kommunikation, sondern als einen vom Scheitern bedrohten Versuch der Mitteilung erscheinen. Echo lässt sich so nicht allein als unwillentliche und unmittelbare Reaktion verstehen, sondern kann ebenso eine bewusst gewählte Praxis meinen, die Wiederholungen auf ihr Besonderes untersucht. Diesem Ansatz einer eigenen ›Originalität‹ der Echo wird sich das Symposium widmen und damit einer Präsenz der/des Echo in gegenwärtigen künstlerischen Produktionen und deren wissenschaftlichen Reflexionen nachspüren.

Das Symposium wird vom 7. bis 9. Februar 2013 einen lebendigen Austausch von Theorie und Praxis fördern, indem es sich der Arbeit zwischen den Disziplinen bzw. in wechselseitiger Reflexion von Wissenschaft und Kunst widmet. Die beinahe zwanzig Vorträge und zwei Workshops sind oftmals als dialogische Formate angelegt, in denen verschiedene Forschungsfelder sich ein gegenseitiges Echo geben oder künstlerische Positionen mit denen ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung ins Gespräch kommen.

Das öffentliche Programm eröffnet am Donnerstagabend ein Vortrag des niederländischen Geschichtstheoretikers Eelco H. Runia (Groningen) im Festsaal der Universitätsbibliothek Albertina. Anhand des antiken Mythos der sprachlich entmächtigten Echo und des von seinem Selbstbezug beherrschten Narziss wird er nach Strategien der Originalität in der Rede sowie deren nötiger Verschleierung und Unterbrechung, einem »being spoken to«, in Kunst und Geschichtswissenschaft fragen. Am Freitagnachmittag werden zwei parallele Workshops von Heike Roms (Aberystwyth) und Miško Šuvaković (Belgrad) zur Performance von Oral History und der Oral History von Performance sowie zur Konstruktion von Zeitgenossenschaft in der Kunst durch Widersprüche, Konflikte und »›gifts‹ of history« die Gratwanderung zwischen Kunst und Wissenschaft produktiv machen. Hierfür können sich noch bis 1. Februar Teilnehmer anmelden (symposium@echo2013.de).

Am Freitagabend wird um 20 Uhr im Ballsaal der Schaubühne Lindenfels die Performance »Repeater. Tanszstück mit Vater« von Martin Nachbar (Berlin) gezeigt, welche Fragen nach der intergenerationalen Wiederkehr von Gesten und Verhaltensweisen nachspürt. Zudem wird das Symposium begleitet durch die performative Installation »ECHO/RAUM #1: Echo und Narziss« der Leipziger freien Theater- und Performancegruppe friendly fire sowie durch die Ausstellung »Auf anmutige Art eine Bestie zu bändigen« der Künstlerin und Kulturtheoretikerin Jana Seehusen aus Hamburg und Berlin.

Die Publikation der Forschungsergebnisse ist für den Sommer 2013 in einem <em>Open access</em>-Format und darüber hinaus in einem Sammelband geplant, der im Anschluss an das für den Herbst des gleichen Jahres anberaumte Nachwuchskolloquium zur Integration des Forschungsfeldes in die Lehre vor allem des Masterstudienganges erscheinen soll.

Das Symposium wird gefördert von der VolkswagenStiftung, der Vereinigung der Förderer und Freunde der Universität Leipzig e.V. sowie der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften der Universität Leipzig.

Programm

Veranstaltungstermine und -orte:

07.-09.02.2013 - Schaubühne Lindenfels - Grüner Salon - Symposium mit internationalen Beiträgern (detailliertes Programm siehe unten)

07.02.2013 - 18 Uhr - Festsaal der Bibliotheca Albertina - »Being spoken to« - Öffentlicher Abendvortrag von Eelco H. Runia (Rijksuniversiteit Groningen)

07.-09.02.2013 - Südseite - »Auf anmutige Art eine Bestie zu bändigen« - Ausstellung von Jana Seehusen

08.02.2013 - 20 Uhr - Schaubühne Lindenfels - »Repeater. Tanzstück mit Vater« - Performance von Martin Nachbar

08.-09.02.2013 - Tipi im Westwerk - »ECHO/RAUM #1: Echo und Narziss« - Performative Installation von friendly fire

Programm des Symposiums:

Donnerstag, 7. Februar 2013

13.00 Uhr Eröffnung

14.00–17.00 Uhr Panel Ia: Echo/Lot – Widerhall der Geschichte
Moderation: Günther Heeg (Leipzig)

Ulrike Haß & Marita Tatari (Bochum): Doppeltes Echo auf Laurent Chétouanes Erdbeben in Chili

Gerda Baumbach (Leipzig): Das doppelte Echo Guglielmos oder Meyerholds Rückruf

Daniel Fulda & Ingo Uhlig (Halle-Wittenberg/Münster): »Der scherzenden, der ernsten Maske Spiel …« Wallenstein-Wiederholungen bei Rimini-Protokoll

18.00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag - Festsaal der Universitätsbibliothek Albertina
Eelco H. Runia (Groningen): Being spoken to
Moderation: Daniel Fulda (Halle-Wittenberg)

Freitag, 8. Februar 2013

9.30–11.00 Uhr Panel Ib: Echo/Lot – Widerhall der Geschichte
Moderation: Hans-Thies Lehmann (Berlin)

Eiichiro Hirata (Tokio): Theaterversuche »Mit Tokatonton«. Zur Vielfältigkeit der Echo-Kräfte in Chitens Tokatonton to

Günther Heeg (Leipzig): Meeresrauschen. Das Echo der Antigone in Masataka Matsudas und Marebito-no Kais szenischer Begehung von Minami-soma

11.15–13.15 Uhr Panel II: Echo/Lalie – Ich und der/das Andere
Moderation: Nikolaus Müller-Schöll (Frankfurt a.M.)

Bettine Menke (Erfurt): respondance: die Andere der Antwort, die Echoräume der Rede (mit Ovids Echo)

Veronika Darian (Leipzig): Alter Ego – Alter(s) Echo

Lars Krüger (Leipzig): Endlich leben. Heiner Müllers Theater der Zukunft

14.15 Uhr Auftakt zur Ausstellung
Jana Seehusen (Hamburg/Berlin): Auf anmutige Art eine Bestie zu bändigen

15.00–19.00 Uhr Workshop-Session (2 parallele Workshops)

Heike Roms (Aberystwyth): Echo/Ortung (Echo/Location): Performing and Locating Memories in Oral History

Miško Šuvaković (Belgrad): Theory as Performing Practice. Art and Knowledge between Lecture and Performance

20.00 Uhr Performance

Martin Nachbar (Berlin): Repeater. Tanzstück mit Vater

Samstag, 9. Februar 2013

9.30–10.45 Uhr Panel IIIa: Echo/Gramm – Mediale Praktiken
Moderation: Sabine Huschka (Berlin)

Gerald Siegmund (Gießen): Der Knopf im Ohr, oder wenn das Sprechen des Schauspielers zum Echo wird

Petra Maria Meyer (Kiel): Echos der Unübersetzbarkeit. Stimme als Widergängerin und Sprache im Widerhall

11.00–12.15 Uhr Panel IIIb: Echo/Gramm – Mediale Praktiken
Moderation: Ulrike Haß (Bochum)

Jeanne Bindernagel (Leipzig): Der doppelte Körper Freuds: Strategien der (Selbst)Verschriftlichung in den Fallstudien der Hysterie

Nikolaus Müller-Schöll (Frankfurt a.M.): Das letzte Lachen. Spielart des Eigensinns und Verhaltensweise der Kälte

12.45–13.30 Uhr Künstlergespräch
Martin Nachbar & Sabine Huschka (Berlin): Im Widerhall gestischer Muster. Fragen zum Echolot generativer Verwandtschaft

15.00–17.00 Uhr Panel IV: Echo/Loge – Strategien der Anrufung
Moderation: Gerald Siegmund

Micha Braun (Leipzig): Anrufung als Auf-Gabe von Akteur und Zuschauer

Patrick Primavesi (Leipzig): Dem Echo nachgehen. Zur Inszenierung von Tonspuren im öffentlichen Raum

Hans-Thies Lehmann & Helene Varopoulou (Berlin/Athen): Der Zuschauer als Echofigur

17.30 Uhr Abschlussdiskussion und Präsentationen der Workshops

Kontakt

Dr. Veronika Darian / Dr. Micha Braun / Jeanne Bindernagel

Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig
Ritterstraße 16
04109 Leipzig

Tel. +49 341 97-30406
Fax +49 341 97-30409
symposium@echo2013.de

http://www.echo2013.de