Medievalism and Music. Das Mittelalter zwischen historisch‐kritischer Aufführungspraxis und Rockkonzert

Medievalism and Music. Das Mittelalter zwischen historisch‐kritischer Aufführungspraxis und Rockkonzert

Veranstalter
Simon Maria Hassemer / Imke von Helden / Sven Kommer, DFG Forschergruppe 875 "Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart"
Veranstaltungsort
Ort
Freiburg im Breisgau
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.04.2013 - 27.04.2013
Deadline
05.04.2013
Von
Simon Maria Hassemer

Das Mittelalter ist in der Populärkultur allgegenwärtig geworden und zunehmend beschäftigen sich auch die verschiedenen mediävistischen Disziplinen mit den populären Erscheinungsformen jener „fernen und manchmal komplett fiktiven Epoche“ (Groebner 2008) in Kinofilmen, Historischen Romanen, Videospielen oder auf Mittelaltermärkten. Eine weiterreichende Auseinandersetzung mit mittelalterlichen Klängen in der (Pop)Musik als einem der erfolgreichsten Medien der Mittelalter‐Imagination steht dagegen noch aus, dieses Feld ist bislang kaum bis gar nicht bearbeitet. In der Musikwissenschaft finden sich zwar erste Auseinandersetzungen mit Mittelalterrezeptionen in der Musik (Kreutziger‐Herr 2003), allerdings klammern diese den populären Sektor vollständig aus. In der Jugendkulturund Szeneforschung wiederum gibt es wenige, vor allem auf die jeweilige ‚Szene‘ beschränkte Hinweise, die jedoch auf dezidiert musikalische Fragen kaum eingehen. Der Workshop „Medievalism & Music“, veranstaltet von der DFG‐Forschergruppe Historische Lebenswelten an der Albert‐Ludwigs‐Universität Freiburg nähert sich dem Thema Mittelalter in populärer Musik aus verschiedenen Perspektiven, indem ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis zusammengebracht werden. Neben der Frage nach der Darstellung von Mittelalter (Medievalism) auf der musikalischen, textlichen und performativen Ebene soll es dabei um die Produzenten und Rezipienten gehen.

Das Symposium gliedert sich in drei Panels, die mit ihren unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen einen Einblick in die historischen Entwicklungslinien und in unterschiedliche Genres geben. In allen drei Panels sollen dabei insbesondere die folgenden Fragen und Schwerpunkte bearbeitet werden: Wie gestalten sich die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Mittelalter in den verschiedenen „Szenen“ und Genres? Woher rührt die Begeisterung für „Mittelalterliches“ in Musik, Texten, Bildern und Performance? Welche Mittelalterbilder werden durch die Darbietungen und Distributionsmedien von Musik (auch im Vergleich mit anderen Medien) konstruiert? Welches Interesse und welche Motivation treibt sowohl Rezipienten als Produzenten der Musik an? Wo liegt die Motivation, bestimmte Bilder aufzugreifen und an welche kulturellen, politischen und geschichtlichen Traditionen wird dabei angeknüpft?
Welche Bedeutung hat historische Authentizität in den verschiedenen Aufführungspraxen und im Bezug auf welche Aspekte der Szene? Und letzten Endes: Was ist das Mittelalter in der Musik von Richard Wagner, Carl Orff, Ougenweide, Qntal, In Extremo und Enslaved?

Panel 1: Mittelalterrezeption in der ‚klassischen‘ Musik (E-Musik) (Sven Kommer)
Lange bevor die populäre Musik die Klänge eines (vor allem imaginierten) Mittelalters entdeckt hat, finden sich in der klassischen Musik Mitteleuropas mittelalterliche Klänge. So werden zum einen alte Musiken wiederentdeckt, zum anderen finden sich mittelalterliche Anmutungen nicht nur bei Richard Wagner. Spätestens mit Carl Orffs „Carmina Burana“ kann von einer ersten Popularisierungswelle gesprochen werden. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts sind die Formen der Mittelalterrezeptionen im Feld der E-Musik kaum mehr zu überblicken. Historische Aufführungspraxen verbinden sich mit kommerziell erfolgreichen Varianten des Cross-Over, die Werke von Wagner und anderen erfahren immer neue Aufführungspraxen und längst hat sich eine akademische Szene der alten Musik etabliert.

In diesem Panel wird die historische Entwicklung und der aktuellen Stand der emusikalischen Mittelalterrezeption vorgestellt und nach möglichen theoretischen Rahmungen gefragt.

Panel 2: Musik der Mittelalterszene (Sven Kommer)
Das zweite Panel wendet sich einer populärkulturellen Artikulation mittelalterlicher Sounds zu: Den musikalischen Praxen im Kontext der (deutschen) Mittelalterszene. Folgt man den Darstellungen einiger der damals Beteiligten, so ist der Anfang der deutschen Mittelalterszene aufs Engste verbunden mit der Suche nach adäquaten Orten für eine nicht an der akademischen Alten-Musik-Kultur orientierten Rahmen. Gesucht war ein Ambiente jenseits des Konzertsaals, das eine als weitaus authentischer empfundene Aufführungspraxis ermöglichte.

Heute ist im Kontext von Mittelaltermärkten und anderen Events ein breites Spektrum von musikalischen Aufführungen zu beobachten: Da ist der auf ‚Authentizität‘ zielende Minnesänger, der mühsam versucht, sich Gehör zu verschaffen, der eher jugendbewegte und Lautenschlagende Spielmann neben einer vor allem an Fantasy-Scripten orientierten Frauen-Combo (mit weltmusikalischem Einschlägen) zu hören. Und natürlich die verschiedensten Varianten von Mittelalter-Rock. Das Panel nimmt diese vielfältigen laien- und popkulturellen Musikpraxen in den Blick, wobei zunächst einmal die Perspektive der MusikerInnen im Zentrum steht. Darüber hinaus wird nach den Produktionsbedingungen und Publikumserwartungen gefragt.

Panel 3: Populärer Mittelalterrock und Metal (Imke von Helden und Simon Maria Hassemer)
In diesem Panel richtet sich der Blick vor allem auf die inhaltliche, also textliche und bildliche Dimension von populärem Mittelalterrock und Heavy Metal, sofern letztgenannter mittelalterliche Texte, Ereignisse und Perioden wie die Wikingerzeit rezipiert. Bereits in einer frühen Entwicklungsphase der beiden Musikgenre (etwa Ende der 1980er Jahre mit den schwedischen BATHORY) wurden vermeintlich typische mittelalterliche Themen wie Schlachten und Waffen in der Szene etabliert und mit Motiven aus dem zu dieser Zeit boomenden Fantasy-Genre vermischt. Spätestens seit den 2000er Jahren ist 'das Mittelalter' in verschiedenen Formen und Ausprägungen im Metal-Mainstream angekommen und inspiriert ganze Subgenres, wie Viking, Folk und Pagan Metal. Diese Formen eines „Metal Medievalism“ haben andere Wurzeln als die des populären Mittelalterrocks, obwohl die Instrumentierung beider Stile ähnlich ist und mitunter eine gemeinsame Fan-Schnittmenge haben: So treten beim diesjährigen Wacken Open Air Bands wie IN EXTREMO und SCHANDMAUL zusammen mit dem Viking-Metal-Act AMON AMARTH vor einem Massenpublikum auf. Dem populären Mittelalterrock kommt also eine Scharnierposition zwischen Musik der Mittelalterszene (vgl. Panel 2) und den hier genannten Erscheinungsformen von Heavy Metal zu.

Programm

Freitag, 26.04.2013
13:00-13.30 Begrüßung/ Eröffnung

13:30-14:30
Mittelalternative, Retromania, Neuschöpfung: Notizen zum Umgang mit alter Musik (Janina Klassen, Freiburg)

14:30-15:00 Kaffeepause

15:00-16:00
Enigma – ein Rätsel zwischen populärer Musik, Ästhetik und Religion (Michael Fischer, Freiburg)

16:00-17:00
Die historische Aufführungspraxis im Wandel der Zeit: Musikalische Tendenzen, Szenemechanismen und neue Phänomene (Robert Braumüller, Wien)

17:00-17:30 Kaffeepause

17:30-18:30
Klang und Musik von der Eiszeit bis zum Frühmittelalter und deren Darstellung im Museum (Susanna Rühling, Mainz)

20:00
Die Leidenschaft des Bertram Hase – Ein Vortrag über das Sackpfeifenspiel in Deutschland vom Beginn der Neuzeit bis in die Gegenwart (Ralf Gehler, Hagenow)

Samstag, 27.04.2013
08:30-09:00 Wake up mit Metal (Imke von Helden und Simon Hassemer, Freiburg)

09:00-10:00
«Schmutzig, aber echt.» Eine akteurszentrierte Perspektive auf Schweizer «Mittelaltermusik» (Anna-Katharina Höpflinger, Zürich)

10:00-10:30 Kaffeepause

10:30-11:30
Hard Rock in Mittelerde. Zur Fantasy- und Mittelalter-rezeption in der Rockmusik (Florian Heesch, Hannover)

11:30-12:30
Die Burg als Thema, Symbol und Motiv im (Heavy) Metal (Michael Losse, Marburg)

12:30-13:00 Mittagsimbiss

13:00-14:00 Abschlussdiskussion

Kontakt

Katharina Baier

Skandinavisches Seminar Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Platz der Universität 3
79085 Freiburg i. Br.
+49 761 203 3365

katharina.baier@skandinavistik.uni-freiburg.de

http://portal.uni-freiburg.de/historische-lebenswelten/veranstaltungen/Medievalism_Music/Medievalism_Music_Symposium
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Deutsch
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