Abenteuer: Paradoxien zwischen Sicherheit und Ausbruch

Abenteuer: Paradoxien zwischen Sicherheit und Ausbruch

Veranstalter
Nicolai Hannig, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München; Hiram Kümper, Abteilung Geschichtswissenschaften, Universität Bielefeld
Veranstaltungsort
Historisches Kolleg
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.09.2012 - 15.09.2012
Website
Von
Nicolai Hannig

Sicherheit, menschliches Sicherheitsbedürfnis, aber auch das Scheitern menschlicher Sicherungssysteme spielen bereits seit einigen Jahren eine wachsende Rolle in den Geschichtswissenschaften. Das hat gewiss auch lebensweltliche und akut politische Gründe, erlebten doch die westlichen Gesellschaften in den vergangenen Jahrzehnten einige tiefgreifende Erschütterungen ihres Vertrauens in solche modernen Sicherheitssysteme. All den Forschungen ist die Grundannahme gemein: Der Mensch strebt grundsätzlich nach Sicherheit. Dies würde in dieser Allgemeinheit wohl auch niemand bestreiten.

Die Münchner Tagung widmet sich im Gegensatz dazu einem zweiten Grundmuster moderner menschlicher Existenz, das in einem scheinbar paradoxen Verhältnis zu diesem Grundbedürfnis nach Sicherheit steht: dem bewussten Verzicht auf Sicherheit oder, anders formuliert, der Suche nach Abenteuern. Denn offenbar wohnt dem Menschen auch ein Drang inne, Sicherheiten freiwillig aufzugeben. Das Abenteuer ist seinem Selbstverständnis nach damit mehr als ein bloßes Mittel zum Zweck. Es ist etwas fundamental anderes als ein Risiko, das um eines anderen Zieles willen in Kauf genommen und eingerechnet wird. Das Abenteuer wird bewusst gesucht, verliert jedoch selten seinen Ausnahmecharakter und bleibt so stets auf die Rückkehr zum Gewohnten bezogen, wohin es selbst nicht mitgenommen werden kann. Wie lang dieses kulturelle Grundmuster zurückreicht, worauf es gründet und ob es nicht gar auf eine anthropologische Grundverfasstheit verweist, bleibt für uns noch zu fragen.

Die Tagung hat sich daher zwei Ziele gesetzt: Wir möchten zum einen das Abenteuer als Gegenstand und Forschungsperspektive für die historisch orientierten Kulturwissenschaften anschlussfähig machen. Zum anderen möchten wir versuchen, den Ort des Konzepts Abenteuer innerhalb des Diskurses um Sicherheit und Risiko genauer zu bestimmen. Abenteuer markieren in der derzeitigen kulturwissenschaftlichen Sicherheitsdiskussion eine Leerstelle, die bislang kaum gesehen worden ist, aber gerade dann dringend in Betracht gezogen werden muss, wenn Sicherheit abseits der großen Katastrophen und in Zeiten relativer Stabilität in den Blick genommen wird.

Anmeldungen bitte an:
Nicolai.Hannig@lmu.de oder Hiram.Kuemper@uni-bielefeld.de

Programm

Freitag, 14. September 2012

9:00 Eröffnung und Begrüßung
Dr. Hiram Kümper (Bielefeld) / Dr. Nicolai Hannig (München): Abenteuer und Geschichte – Zur Einführung in ein paradoxes Verhältnis

Sektion 1: Der Abenteurer – ein Typus des Heldischen?
Moderation: Prof. Dr. Helmut Zedelmaier (München)

10:00
Dr. Sabine Kalff (Berlin): Unfreiwillige Abenteurer: Ärzte im Staatsdienst während der Mailänder Epidemie von 1629/30, Ludovico Settala und Alessandro Tadino

Dr. Daniel Schmidt (Münster): Abenteuer Freikorps. Das wilde Leben deutscher Konterrevolutionäre zwischen Selbstentgrenzung und Selbststilisierung

11:00 Kaffeepause

11:30 Dr. Stefanie Samida (Berlin): Ausgrabung als Abenteuer? Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf ein populäres Bild

13:00 gemeinsames Mittagessen

Sektion 2: Abenteuerräume – Zwischen Entgrenzung und Eingrenzung
Moderation: Dr. Vito Gironda (Bielefeld)

15:00 Jun.-Prof. Dr. Philipp Felsch (Berlin): Physiologische Abenteuer. Die Alpen als Ausnahmezustand

Prof. Dr. Julia Angster (Kassel): Ordnung als Abenteuer. Die Royal Navy und die europäische Expansion im 18. und 19. Jahrhundert

16:30 Kaffeepause

Sektion 3: Abenteuer im Zeitalter der Sicherheit
Moderation: Prof. Dr. Friedrich Lenger (Gießen)

17:00
Jun.-Prof. Dr. Arno Müller (Leipzig): „Flirten mit dem Tod“ ­ Eine philosophische Betrachtung des Abenteuers im Sport, bewusst sein Leben aufs Spiel zu setzten

Prof. Dr. Detlef Siegfried (Kopenhagen): Abenteuerspielplätze in Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland

19:30 gemeinsames Abendessen

Samstag, 15. September 2012

Sektion 4: Rhetoriken des Abenteuers
Moderation: Dr. Beatrice Michaelis (Gießen)

9:30
Dr. Georg Strack (München): Der Erste Kreuzzug – ein Abenteuer? Zur Historia Ihersolimitana des Robertus Monachus

Dr. Benjamin Herzog (Bochum): Warten auf das Abenteuer: Bereitschaft als politischer Habitus der Zwischenkriegszeit

10:30 Kaffeepause

11:00 Prof. Dr. Volker Depkat (Regensburg): Gefahrensuche in einer abenteuerlosen industriellen Welt: Zur narrativen Konstruktion von Abenteuerräumen im Werk von Karl May

Abschlussdiskussion
12:30 Zusammenfassung durch die Veranstalter und gemeinsame Diskussion

13:30 gemeinsamer Mittagsimbiss, danach Abreise

Kontakt

Dr. Nicolai Hannig

Historisches Seminar der LMU, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München

089 21806389

Nicolai.Hannig@lmu.de


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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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