Mit diesem Call for Papers möchten wir junge Wissenschaftler_innen und Künstler_innen auffordern, sich im Rahmen der »Forschungsbörse« [Mi 29.8.2012, 14:30-17:30 Uhr; ab 20:00 Uhr Screenings von FilmemacherInnen und BIldproduzentInnen] um eine Möglichkeit zu bewerben, ihre aktuelle Arbeit im thematischen Umfeld der diesjährigen Sommer-Universität vorzustellen und mit den Teilnehmenden zu diskutieren.
Leider ist es uns nicht möglich, den jungen Wissenschaftler_inne_n und Künstler_inne_n eine Honorierung oder Kostenübernahme anzubieten [Die Teilnahmekosten betragen 135 EUR (Mo-Fr) bzw. 159,50 EUR (So-Fr bei vorheriger Anreise) und decken die Unterkunfts- und Verpflegungskosten in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte / Jugendherberge Ravensbrück. Die Unterbringung erfolgt in Mehrbettzimmern]. Wir garantieren aber konstruktive Debatten mit hoch kompetentem Publikum!
Bitte bewerben Sie sich mit Ihrem Beitrag bis spätesten zum 15. Juli 2012. Die Präsentationsmöglichkeiten in der Forschungsbörse sind begrenzt. Sollten alle Plätze bereits vor dem 15. Juli 2012 kompetent besetzt sein, garantiert nur eine frühe Anmeldung dieChance, selber präsentieren zu können.
Zum Hintergrund: Für die mediale Repräsentation der Geschichte des Nationalsozialismus und der nationalsozialistischen Massenverbrechen sind zwei Entwicklungen von besonderer Bedeutung: Die sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Nationalsozialismus sind nicht nur durch verschiedene, sich wandelnde mediale Repräsentationsformen (Film, Radio, Fernsehen, Computer und Internet) geprägt, sondern auch durch den Wandel von großpolitischen Konstellationen, damit verbundenen Kriegen und Terror. Zusammengenommen bilden diese beiden Dimensionen einen »Referenzrahmen« für öffentliches und privates Erinnern.
Unter dem Begriff »Erinnerungs-Medienbiografien« soll die Europäische Sommer-Universität Ravensbrück 2012 den Fokus darauf richten, inwiefern die Formen der Erinnerung an die nationalsozialistischen Massenverbrechen nicht nur durch ihre sich stetig erweiternden Formen ihrer medialen Vermittlung geprägt sind, sondern auch durch die mediale Vermittlung großpolitischer Ereignisse, die ihre Spuren in der generationellen Wahrnehmung hinterlassen (haben). Das bietet auch die Möglichkeit, vielfach unhinterfragte Vorstellungen zu generationellen Verortung mit Blick auf den Nationalsozialismus und die nationalsozialistischen Massenverbrechen zu berprüfen, sie in ihren eigenen historischen und gesellschaftlichen Kontext zu setzen und auf ihre analytische Wirksamkeit hin zu untersuchen. Die TeilnehmerInnen der Sommer-Universität sollen dabei in selbstreflexiven Seminarelementen in ihrer eigenen »Zeitzeugenschaft« Gelegenheit haben, die theoretische, deskriptiv-analytische Auseinandersetzung mit generationellen Verortungen von auf Nationalsozialismus und die nationalsozialistischen Massenverbrechen bezogenen »Erinnerungs-Medienbiografien« auf eigene Erfahrungen, identitäre Konstruktionen und wissenschaftliche Praxis zu beziehen. Dabei erscheint uns die nicht nur auf Wissenschaftsdisziplinen und Internationalität, sondern auch die auf das Lebensalter der Teilnehmenden bezogene Heterogenität der Teilnehmenden eine hervorragende Voraussetzung für eine reflexive Schärfung der Begriffe.
Die Thematik der geplanten Sommeruniversität ist in Grenz- und Überschneidungsbereichen von interdisziplinärer Forschung (Geschichte, Medien- und Kulturwissenschaften, Kunst), historischer Vermittlung und selbstreflexiven Prozessen angesiedelt. Dies soll sich in den Arbeitsweisen widerspiegeln, in denen theoretische und wissenschaftlich empirische Perspektiven sowie die konkrete Rekonstruktion und Reflexion eigener »Medienbiografien« Hand in Hand gehen soll.
Eine zentrale Ausgangsthese des Konzeptes für die Sommeruniversität im Jahr 2012 ist, dass das mit den Kriegen und Konflikten der Nachkriegszeit verbundene Ansichtig-Werden von - medial vermittelter - systematischer Gewalt, von entgrenzter staatlicher und terroristischer Gewalt, die Blicke auf und Fragen an die Geschichte beeinflusst, dass dadurch Umdeutungen und »Reaktualisierungen« evoziert werden, eben auch diejenige eines als singulär geltenden historischen Ereignisses wie der nationalsozialistischen Massenverbrechen und des Holocaust.
Wir wollen folgenden Fragen nachgehen:
- Gibt es für den historischen Referenzpunkt »Holocaust« / nationalsozialistische Massenverbrechen eindeutige, generationell zu fassende Wahrnehmungsformen?
- Lassen sich spezifische (Neu-/Um-)Deutungen dieses historischen Geschehens im Kontext jeweils zeitgenössischer, generationell verortbarer und wirksamer politischer Großereignisse und deren medialer Vermittlung ausmachen?
- Erzeugen Medien beschreibbare generationenspezifische »Erinnerungsskripte« - oder evozieren sie trans-/intergenerationelle »Erinnerungsskripte«, die sich als - bewusste oder unbewusste - Konventionalsierungen oder Verhandlungsprozesse markieren, beschreiben und deuten lassen?
- Begründen Veränderungen medialer Techniken und Kompetenzen Veränderungen medialer Repräsentanz, Wahrnehmung und Produktion der Erinnerung an die nationalsozialistischen Massenverbrechen?
- Was folgt daraus für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Bildern, die im medialen Gedächtnis bereit gehalten sind bzw. sich überlagern?
Diese Fragestellungen sollen auch aus heuristischen Gründen auf historische »Knotenpunkte« fokussiert werden, an denen sich mediengeschichtliche Umbrüche mit politischen Großereignissen (Krieg, systematische staatliche Gewalt und Terror) überschneiden. Hier soll die Frage nach signifikanten geschichtspolitischen und erinnerungskulturellen »Reartikulationen« der nationalsozialistischen Massenverbrechen bzw. des »Holocaust« konkretisiert und geschärft werden.
»Gender« - die Art und Weise, in der Geschlechterentwürfe in die Gegenwarts- und Vergangenheitsrepräsentationen eingeschrieben sind oder auch umgeschrieben werden, erscheint uns auch hier als eine zentrale Dimension bei der analytischen Schärfung der Begriffe von »Generationalität« und »Medienbiographien« in ihrer jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Rahmung.
Ausgangspunkt in der Betrachtung von Geschichtsdiskursen und Erinnerungsprozessen sind somit nicht primär die Zäsuren in der Aufarbeitung und Vermittlung der Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen und des »Holocaust« wie z.B. der Auschwitz-Prozess oder die Ausstrahlung der Fernsehserie »Holocaust« (auch wenn diese in ihrem Zusammenwirken mit den im Zentrum des Interesses stehenden Ereignissen in den Blick genommen werden können). Stattdessen wird der Blick auf jene historischen Konstellationen gerichtet, in denen nach 1945 kriegerische Gewalt in neuer Weise medial und weltweit vermittelt wurde.
Dies steht im Einklang mit der grundlegenden gedächtnistheoretischen Einsicht der Rekonstruktivität jeder Erinnerung - der Tatsache also, dass jede Hinwendung zur Vergangenheit aus einer bestimmten Gegenwart heraus geschieht und durch deren Fragestellungen, Deutungsmuster und kulturelle Repräsentationsweisen geprägt ist.
Vorbereitungsgruppe:
Katja Anders - Katja Baumgärtner - Arnold Dreyblatt - Insa Eschebach - Andrea Genest - Juliane Heise - Christiane Hess - Matthias Heyl - Katja Jedermann - Sonja Kmec - Johanna Kootz - Claudia Lenz - Janna Lölke - Silke Wenk
Die Teilnahmekosten von von 135 EUR [Mo-Fr] bzw. 159,50 EUR [So-Fr bei vorheriger Anreise] decken die Unterkunfts- und Verpflegungskosten in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte / Jugendherberge Ravensbrück. Die Unterbringung erfolgt in Mehrbettzimmern.