Bilder vom Anderen in Mittel- und Osteuropa. Kontinuität und Wandel wechselseitiger Wahrnehmungen zwischen 1968 -1989

Bilder vom Anderen in Mittel- und Osteuropa. Kontinuität und Wandel wechselseitiger Wahrnehmungen zwischen 1968 -1989

Veranstalter
Deutsches Historisches Institut Warschau (DHI); Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität (ENRS); Institut für Politische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften (ISP PAN); in Kooperation mit der Professur für Kultur- und Länderstudien Ostmitteleuropas der Technischen Universität Chemnitz
Veranstaltungsort
Warschau, Aleje Ujazdowskie 39
Ort
Warschau
Land
Poland
Vom - Bis
15.11.2012 - 17.11.2012
Deadline
01.07.2012
Website
Von
Deutsches Historisches Institut Warschau

Anm. d. Red.: Die Frist zum Einreichen von Beiträgen wurde bis zum 01.07.2012 verlängert.

Die beiden Jahrzehnte zwischen der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 und dem Fall der kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa 1989 waren nicht nur von großen politischen Konjunkturen, sondern auch von einer Vielfalt politischer, sozialer, kultureller, religiöser und anderer Vorstellungen geprägt, die einerseits von innergesellschaftlichen Entwicklungen, andererseits aber auch durch Ereignisse in den Nachbarländern beeinflusst wurden. Wachsende grenzüberschreitende Eindrücke und Erfahrungen – innerhalb der Gesellschaften und darüber hinaus – führten zu einer allmählichen Horizonterweiterung und einer Ausdifferenzierung von Denk- und Verhaltensweisen sowie zu einer entsprechend komplexeren Wahrnehmung fremder Positionen.

Auf der geplanten Konferenz sollen diese Veränderungen der „Bilder vom Anderen“ sowohl im eigenen Land als auch gegenüber dem Ausland nachgezeichnet werden. Mit dem Begriff des Anderen sind andere soziale Schichten, Gruppen und Individuen gemeint, die für den jeweiligen Betrachter relevant waren. Dies gilt sowohl für Angehörige einer Gesellschaft als auch für Angehörige anderer Nationen – sei es innerhalb des eigenen Bündnisses oder über den Eisernen Vorhang hinweg.

Die Perzeption „Anderer“ war einerseits die Folge von Erfahrung und Erinnerung, andererseits prägten die so konstruierten Bilder weitere Phasen der Wahrnehmung. Diese Entwicklung beeinflussten äußere und innere Faktoren: Neben der Entspannungspolitik der 1970er Jahre zählten dazu auch grenzüberschreitende (globale) Tendenzen der Zeit wie eine kulturelle Liberalisierung, der Generations- und Wertewandel oder die Etablierung der „Konsumgesellschaft“.

Auf der Tagung sollen u.a. folgende Fragen Beachtung finden:
- Welche Rolle spielten Modernisierungsphänomene (Wertewandel, Migration in die Städte, Bildung) für die Lebenswelt von Personen und Gesellschaften?
- Wie wurden innerhalb eines Landes die eigenen Lebensumstände mit denen anderer Personen(gruppen) verglichen?
- Welche Wechselwirkungen gab es zwischen den Erfahrungen mit Bürgern anderer Länder und den staatlichen Vorgaben bzgl. der erwünschten „Bilder vom Anderen“?
- Welche Bedeutung hatten positive, negative und neutrale Stereotypen – auch noch aus der Zeit vor 1945 – für die Wahrnehmung des Anderen?
- Welche Wirkungen hinterließen Auslandserfahrungen für das Leben im eigenen Land und für das Verhältnis zu anderen Gruppen?
- Welche Bedeutung hatte die Wahrnehmung eines gemeinsamen europäischen ‚Schicksals’ im Kalten Krieg für die individuellen und kollektiven Identitäten?
- Schufen gemeinsame Diktaturerfahrungen eine besondere Art der Empathie zwischen den Gesellschaften im sowjetischen Herrschaftsbereich?
- Auf welche Weise beeinflusste die diktatorische Wirklichkeit der Länder Ostmitteleuropas die Wahrnehmung seiner Bürger im Westen?

Die Konferenz soll die Vielschichtigkeit der diesen Bildern und ihren Veränderungen zugrundeliegenden gesellschaftlichen Kommunikationsprozesse zeigen wie auch die Mannigfaltigkeit an Kontakten staatlicher und nichtstaatlicher Akteure etwa in den Bereichen Kultur, Medien, Politik, Wirtschaft, Bildung und Sport. Stichworte sind hier Eigen- und Fremdbilder bzw. Auto- und Heterostereotype.

Ein besonderes Augenmerk der Tagung gilt dem Kulturtransfer über System- und Landesgrenzen hinweg. Insbesondere mit Hilfe der Perspektive „von unten“ sollen gesellschaftliche Kontakte und Begegnungen untersucht werden, bei denen langlebige Bilder und kulturelle Muster interferierten. In der Terminologie der historischen Gedächtnisforschung gefasst, geht es um das Verhältnis von individuellem, kollektivem und kulturellem Gedächtnis vor allem in den realsozialistischen, aber auch in demokratischen Gesellschaften.

Den zu bildenden Panels wird jeweils ein Kommentator beigeordnet werden.

Die Veranstalter begrüßen insbesondere geographisch und/oder zeitlich übergreifende Themenvorschläge, die (komparatistisch oder beziehungsgeschichtlich) mehrere Länder bzw. längere Entwicklungsprozesse in den Blick nehmen, gerade auch über die mit der Solidarność verbundene Zäsur 1980-81 hinweg.

Der geographische Bezugsrahmen soll Mittel- und Osteuropa sein, hier in erster Linie verstanden als die seinerzeitigen sozialistischen Staaten DDR, Polen, Tschechoslowakei und Ungarn sowie die „alte“ Bundesrepublik und Österreich. Es sind aber auch Beiträge willkommen, die Bezüge zwischen dieser Kernregion und anderen Ländern zum Gegenstand haben; das schließt neben Westeuropa auch die damaligen Hegemonialmächte Sowjetunion und USA sowie Kanada ein.

Themenvorschläge werden bis zum 15. Juni 2012 an folgende Adresse erbeten:

Deutsches Historisches Institut Warschau, z. Hd. Dr. Jens Boysen, Aleje Ujazdowskie 39,
PL-00-540 Warszawa
E-Mail: neighbours_imges_2012@dhi.waw.pl

Sie sollten ein inhaltliches und methodisches Exposé des Themas sowie einen kurzen Lebenslauf des Autors enthalten (Gesamtumfang max. 1,5 Seiten) sowie Angaben zu aktiven und passiven Sprachkenntnissen.

Die Publikation der Beiträge ist beabsichtigt.

Konzept und Organisation:
Prof. Dr. hab. Wanda Jarząbek (ISP PAN)
Dr. Jens Boysen (DHI)
Dr. Burkhard Olschowsky & Dr. Dominik Pick (ENRS)

Programm

Kontakt

Jens Boysen

00-540 Warszawa, Al. Ujazdowskie 39

+48 22 5258312
+48 22 5258337
boysen@dhi.waw.pl