Die Gleichschaltung des Fußballsports 1933–1950

Die Gleichschaltung des Fußballsports 1933–1950

Veranstalter
Schwabenakademie Irsee
Veranstaltungsort
Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4, 87660 Irsee
Ort
Irsee
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.02.2013 - 03.02.2013
Deadline
15.05.2012
Von
Markwart Herzog

In der nationalsozialistischen und staatssozialistischen Diktatur waren den Kultur- und Sportvereinen sowohl innen- als auch außenpolitische Aufgaben zugedacht: den Machthabern gesellschaftliche Unterstützung zu verschaffen, der Bevölkerung Kurzweil und Unterhaltung zu bieten sowie die Überlegenheit des eigenen politischen Systems zu demonstrieren. Gleichwohl stand die freiheitliche Organisation des bürgerlichen Vereinswesens im Gegensatz zu den Herrschaftsstrukturen der NS-Diktatur und des SED-Regimes.

Nach der „Machtergreifung“ dekretierte die NSDAP eine Gleichschaltung des gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens. Dies hatte Folgen auch für den Sport. Die Verbände und Vereine der Kirchen und der Linksparteien wurden liquidiert. Im Bereich des Sports wurden die politisch neutralen bürgerlichen Verbände in „Fachämter“ überführt. Die Existenz der Turn- und Sportvereine indes wurde zunächst nicht angetastet, wenn sie sich den Vorgaben des neuen Regimes anpassten.

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) blieb nach 1933 bestehen, wurde aber sukzessive abgewickelt, bis er 1940 auch formal im Fachamt Fußball des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen (NSRL) aufging. Abgesehen vom Ausschluss jüdischer Mitglieder aus zahlreichen Vereinen bedeutete diese Gleichschaltung zunächst keinen gravierenden Einschnitt. Dies änderte sich mit dem Ende der Olympischen Spiele und der danach einsetzenden „zweiten Gleichschaltung“. Als schließlich der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen (DRL) Ende 1938 in den NSRL überging, schien auch die Stunde der Sportvereine geschlagen zu haben, die in NS-Ortssportgemeinschaften übergeleitet werden sollten. Der Krieg allerdings unterband diese letzte Etappe der Gleichschaltung.

Eine solche umfassende Gleichschaltung gelang, wenn auch unter anderen ideologischen Vorzeichen, erst der Sportpolitik in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der frühen DDR. In diesem Herrschaftsbereich wurden nach Kriegsende alle kulturellen und gesellschaftlichen Kräfte, und damit auch der Sport, der Partei und dem Staat vollständig unterworfen. Die Neu- bzw. Wiedergründung freier Arbeitersportvereine oder politisch neutraler Fußballclubs wurde verhindert, stattdessen übernahm die DDR, grosso modo, das Sportsystem des Nationalsozialismus.

Viele Details der über etliche Jahre sich hinziehenden und im Nationalsozialismus letztlich unvollendeten Gleichschaltung sowie die Entwicklungen in den lokalen Turn- und Sportvereinen unter beiden deutschen Diktaturen sind nach wie vor weitgehend unbekannt und noch nicht quellennah erforscht.

Den Anlass der sporthistorischen Konferenz bildet die achtzigjährige Wiederkehr des Beginns der „ersten Gleichschaltung“ des Fußballsports. Die Bearbeitung folgender Themenkomplexe steht auf der Agenda:
– Gleichschaltung der lokalen Fußballclubs in den Phasen 1933–1936, 1936–1939, in den Kriegsjahren und danach: Gemeinsamkeiten und Unterschiede im gesamten Deutschen Reich einschließlich der angeschlossenen und besetzten Gebiete sowie in der SBZ und der frühen DDR
– Vereinsfusionen als Instrument der Gleichschaltungspolitik
– handelnde Subjekte der Gleichschaltungspolitik: Lokal- und Regionalpolitiker, Funktionäre der regionalen und nationalen Körperschaften
– Politisierung des Vereinslebens und Strategien des Ausschlusses missliebiger Mitglieder aus den paritätischen Turn- und Sportvereinen
– Kriegsspielgemeinschaften als Übergangs- und Zwischenlösung für reine NS-Ortssportgemeinschaften
– Gleichschaltung von Sportgemeinschaften in der Frühphase der Sportpolitik der DDR
– Gründung freier Sportvereine und deren Unterdrückung und Liquidierung zugunsten eines reinen Parteisports im „real existierenden Sozialismus“
– die faktische Ausschaltung der im BGB garantierten Rechte, Freiheiten und Handlungsspielräume der Sportvereine
– Widerstand und Resistenz der Fußballclubs gegen die Maßnahmen der Gleichschaltung unter der nationalsozialistischen und staatssozialistischen Diktatur.
Darüber hinaus gehende Erkenntnisinteressen und Themenstellungen im Kontext des Rahmenthemas Gleichschaltung sind willkommen.

Vorgesehen sind noch nicht publizierte Beiträge von maximal 30 Minuten mit anschließender Diskussion von 15 Minuten. Arbeitstitel, maximal einseitige Projektskizze und Kurzvita sind einzureichen bei der Schwabenakademie Irsee bis 15. Mai 2012. Das Tagungsprogramm wird Ende Juni 2012 aus den vorgeschlagenen Beitragsthemen erstellt und publiziert. Die Konferenz findet statt von Freitag bis Sonntag, 1. bis 3. Februar 2013. Eine Publikation der Tagungsergebnisse ist vorgesehen.

Programm

Kontakt

Markwart Herzog

Schwabenakademie Irsee
Klosterring 4, 87660 Irsee
0049 (0)8341 906 660
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