'Mehr als Koggen und Kaufleute' II - Die städtische Überlieferung als Basis hansischer Konstruktion, ihre Edition in Urkundenbüchern und ihre Rolle für aktuelle Projekte der Spätmittelalterforschung

Von
Jeanine Marquard, Nico Nolden

(see below for english version)

Die Hanse ist ein fester Bestandteil der Geschichte des Spätmittelalters. Wer zu einem spätmittelalterlichen Thema aus dem Bereich Nordmittel- oder Nordosteuropas forscht, kommt kaum an dieser Institution vorbei. Gleichzeitig ist die Hanse selbst nur noch selten zentraler Gegenstand aktueller Forschungsvorhaben von Nachwuchswissenschaftlern.

Der zweisprachige Workshop (deutsch und englisch) richtet sich daher an Promovierende und Studierende der Geschichtswissenschaften und der Nachbardisziplinen aus ganz Europa – insbesondere Skandinavien, Polen und dem Baltikum. Besonders wendet er sich an solche Nachwuchsforscherinnen und -forscher, die gerade keine Hansespezialisten sind, sondern deren Arbeiten das Thema „Hanse“ in der einen oder anderen Weise berühren: Das können einerseits Studien sein, in denen die Hanse als politischer oder wirtschaftlicher Akteur, als Garant für ökonomische oder rechtliche Infrastruktur oder in anderer Form eine Rolle spielt, andererseits auch solche Untersuchungen, die Schnittpunkte mit der Hansegeschichte aufweisen, wie etwa Fragen spätmittelalterlicher Verfassungsbildung, der Konstitution genossenschaftlicher Strukturen, der Netzwerkbildung oder der Entstehung europäischer transnationaler Strukturen. Gerade bei einer in einem solchen Rahmen nur untergeordneten Auseinandersetzung mit dieser komplexen spätmittelalterlichen Institution besteht die Gefahr, traditionelle Ansichten von der Hanse als einer hierarchisch organisierten, geschlossenen Wirtschaftsorganisation unhinterfragt zu übernehmen, da eine Rezeption der aktuellen Hanseforschung schon aus arbeitsökonomischen Gründen häufig unterbleibt. Umgekehrt muss es ein Anliegen der Hanseforschung sein, sich neueren Denkansätzen und Modellen zu öffnen.

Unter diesen Gesichtspunkten fand bereits im Mai 2010 erstmals ein Nachwuchsworkshop zur Hansegeschichte statt, der sich den möglichen Implikationen bei der Nutzung von Editionen widmete. Die Frage, inwiefern besonders die Edition der Hanserezesse die Forschung prägte, stand dabei im Vordergrund. In gemeinsamer Quellenarbeit wurden zahlreiche Beispiele für die suggestive Kraft identifiziert, welche den Eindruck einer gesamthansischen Beschlussmacht erweckt. Dieser Eindruck erwächst aus der aus der inneren Struktur der Hanserezesse, ihrer Begriffswahl und der bewussten Kompilation ausgewählter Quellen in sinnstiftende Konstruktionen. Im Abgleich mit bspw. den Hamburger Burspraken zeigte sich zudem, dass hansische Beschlüsse keineswegs in jedem Fall die örtlichen Ordnungen durchdrangen. (vgl. ausführlicher den Tagungsbericht zum Workshop 2010 von Ulla Reiß. <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3197>)

Der diesjährige Workshop soll an diese Ergebnisse direkt anknüpfen, indem er sich verstärkt mit der städtischen Überlieferung und ihrer Relevanz für die hansische Geschichtsschreibung befasst. Ein einleitender Vortrag wird die Herausforderungen an eine moderne Urkundenedition dieser städtischen Überlieferungen und ihre impulsgebende Bedeutung für die hansische Geschichtsforschung erläutern.

Je nach Anmeldezahl leisten die Teilnehmer des Workshops in voraussichtlich zwei Panels gemeinsame Quellenarbeit. Ein Konvolut mit Arbeitsmaterialien erhalten die Teilnehmer zur Vorbereitung voraussichtlich Ende März 2012. Hinterfragt wird 1.) die Wortwahl in originalen Textstellen mittelalterlicher Urkunden auf eine mögliche Diskrepanz zwischen der zeitgenössischen äußeren Sicht auf die Hanse und ihrem innerem Selbstverständnis. 2.) Die zweite Ebene untersucht die Implikationen der Begriffswahl in modernen und historischen Editionen zu diesen Urkunden. Zu klären ist, in welcher Weise die historischen Begriffe in neuzeitliche Bezeichnungen einfließen und den Forschungsdiskurs lenken. Die Ergebnisse der Gruppen fügt eine Abschlussdiskussion im Plenum zusammen.

Neben dieser inhaltlichen Ausrichtung war und ist eine wichtige Intention des Workshops die internationale Vernetzung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftlern, weshalb den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben wird, ihre Projekte vorzustellen. Somit wird sich der Workshop aus drei Teilen zusammensetzen:
- Zu Beginn stellt jeder Teilnehmer im Rahmen einer kurzen Präsentation (ca. 5 Minuten) sein Thema im Kontext des Workshops dar: In welcher Funktion erscheint die Hanse in der eigenen Untersuchung? Welche Bezugspunkte bietet die eigene Arbeit zur Hanse bzw. zur Hanseforschung? Welche hansischen Quellen finden Eingang in die eigenen Forschungen?

- Am Morgen des zweiten Tages wird ein Vortrag eines in der Quellenarbeit erfahrenen Redners die gemeinsame Gruppenarbeit einführen und einleiten.

- Anschließend bearbeiten die Teilnehmer vor diesem Hintergrund verschiedene städtische Überlieferungsformen hinsichtlich der oben genannten und anderer Aspekte. Ausdrücklich ist dabei auch erwünscht, eigene Textbeispiele einzubringen.

Anmeldung:
Maximale Teilnehmerzahl: 30.

Grundsätzlich wird wegen der beschränkten Übernachtungskapazitäten in Lüneburg dringend eine frühe Buchung empfohlen. Bei frühzeitiger Anmeldung gibt es die Möglichkeit, auf ein vorreserviertes Kontingent des Hansischen Geschichtsvereins zuzugreifen.

Daher wird eine Voranmeldung bis 15. Februar 2012 erbeten. Teilnehmer, die bis dahin bereits angemeldet sind, werden vorrangig berücksichtigt, sollte es zu viele Interessenten geben. Bitte senden Sie uns vorab schon folgende Informationen zu (Pflichtfelder *):

- Hochschule/Universität*
- Institut*
- Herr/Frau: Name, Vorname
- Studienstatus/Abschluss
- Straße und Nr.
- PLZ und Ort
- Thema*
- Abstract von 400 Worten bis zum 15.3.2012*
- Telefonnummer
- Sprachvermögen (Deutsch/Englisch)*
- Für welche der beiden Arbeitsgruppen interessieren Sie sich?
- Sind Sie einverstanden, dass die Kontaktdaten auch den anderen Teilnehmern zur Verfügung stehen?
- Angabe, ob vor dem 1. März bereits eine verbindliche Anmeldung gewünscht ist.

Durch das Einreichen eines Abstracts von maximal 400 Wörtern bis zum 15. März 2012, welches in deutscher oder englischer Sprache das eigene Thema im Kontext des Workshops umreißt, erfolgt die Umwandlung in eine verbindliche Anmeldung. Unvollständige Anmeldungen können danach nicht mehr berücksichtigt werden.
Wir erbitten die Anmeldungen per E-Mail an hanseworkshop@gmail.com mit dem Abstract als Dateianhang in einem gängigen Format (.doc, .rtf, *.pdf).

Voraussichtlich im März erhalten alle angemeldeten Teilnehmer eine E-Mail mit Literaturhinweisen und weiteren Informationen sowie der Mitteilung, ob Zuschüsse zu Fahrtkosten und Unterkunft gegeben werden können.
Der Workshop ist der Jahrestagung des Hansischen Geschichtsvereins vorgeschaltet und soll auch zur Teilnahme daran einladen (28. bis 31. Mai 2012, ebenfalls in Lüneburg). (Informationen dazu in Kürze unter: http://www.hansischergeschichtsverein.de)

Die Ergebnisse des Workshops werden im Rahmen der HGV Jahrestagung mündlich präsentiert. Eine Publikation der Resultate in schriftlicher Form ist beabsichtigt.

Für Fragen stehen wir unter der Adresse hanseworkshop@gmail.com gern zur Verfügung.

english version

"More than Cogs and Merchants" II - Urban Traditions as Basis for Hanseatic Constructions, their Editions in Source Books and their Role for Current Projects in Late Medieval Research
Workshop for young researchers.

Lüneburg (Germany), May 27-28, 2012.

The Hanseatic League is an important issue in the historiography of the Late Middle Ages. For scholars researching any topic related to the late medieval history of northern Europe there is no getting around dealing with this institution. At the same time, only few scholars researchers focus on the Hanseatic League as a primary subject of their study.

The bilingual workshop (german and english) addresses European graduates and students (especially from Skandinavia, Poland and the Baltic States) in the field of history and related disciplines, who are working on any aspect of the history of the Baltic Sea region in the Late Middle Ages. Within this broad frame, the Hanseatic League can be taken into focus as a primary or a subordinate subject, an actor within economic and cultural transactions, a provider of infrastructure etc. In addition, the workshop provides a network and forum for young researchers of the Late Middle Ages whose projects are dealing with questions that touch traditional areas of Hanseatic League research, like political and institutional history, legal history, local history of the countries of the northern periphery and cultural transfer.

Thus, in a majority of recent scholarly projects the Hanseatic League does not serve as a primary object of research, but is simply being framed as an actor within the political, economic, cultural and legal history during the late Middle Ages. It is even seen as the predecessor of transnational European structures or globalization. Hence, there is a danger of uncritically fostering traditional viewpoints on the Hanseatic League as a closed economic organization. The traditional historiography of the Hanseatic League on the other hand is currently facing the challenge to open itself up to new models and theories.

Facing this background the first workshop took place in May 2010 with graduates and students of history and related disciplines. It focused on the implications in using editions and mainly on the question, how the edition of the Hanserecesse has affected the research of the Hanseatic League.

Teamworking participants detected several examples that showed the influence of the edition for suggestions that the Hanseatic League could have had the power to force any related town into their resolutions. In comparison with sources of urban law it was shown that in many cases resolutions of the Hanseatic League were not implemented in local jurisdiction. For a more detailed review of this first workshop (in german) see the conference report on the workshop of 2010 by Ulla Reiß <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3197>)

This year the workshop will tie in with these conclusions and focus on urban sources and their relevance for hanseatic history. Introductory, a key note speaker will present an overview of challenges to create modern editions of urban sources and will point out their significance for hanseatic research. Subsequently, participants will discuss in working groups, 1.) whether diction in the sources shows a difference between the external regard of the Hanseatic League and its immanent self-image and 2.) if or how the used terms in historical as well as modern editions may influence the discourse of research.

In addition tothe regard of content a main intention for this workshop has been and stays to be a forum for young researchers to discuss theoretical basics for research on the Late Middle Ages and to create an international networking process. Thus the workshop will comprise three sections:

- short presentations of the participants’ own projects (about 5 min) within the context of Hanseatic League research,

- introduction into modern editions of urban sources by a key note speaker,

- cooperative work on sources, edited texts and editorial concepts of urban sourcebooks in small groups. Participants are welcome to introduce own text examples as well.

Application
Number of Participants max. 30.

Because of the limited options for accommodation in Lüneburg we advise to apply soon. We were able to reserve a small number of rooms for our participants. You can use the opportunity of a binding application in advance by February 15th. In case of more applicants than places an advanced application will precede.

Please submit following information (mandatory *):

- college/university*
- institute*
- Mr./Ms.: last name, first name
- state of studies/degree
- street / No.
- postal code and location
- topic*
- abstract of about 400 words by 15.3.2012*
- phone number
- language competence (German/English)*
- Which of the work groups would you like to join?
- Do you agree to provide your contact data to the other participants?
- Please indicate, if you would like a binding application in before March 1st.

By submitting a brief abstract of your research project (max 400 words) by March 15th, that explains its connection to the workshop in german or english language, your application will be fixed. Afterwards incomplete applications can not be considered furthermore.

Please apply by e-mail to hanseworkshop@gmail.com with your abstract as attached file (please use a common format: .doc, .rtf, *.pdf).

Presumably all participants will receive an e-mail with literature and further information in march as well as a notice, whether grants will be awarded that cover some of your travel and accomodation expenses.

The workshop is taking place just before the annual meeting and conference of the Hansischer Geschichtsverein, which you are encouraged to attend too.

If you have any further questions about the workshop, do not hesitate to send an e-mail to: hanseworkshop@gmail.com.

Programm

Kontakt

Jeanine Marquard, Nico Nolden

Universität Hamburg
Historisches Seminar
Arbeitsbereich Mittelalter
Von-Melle-Park 6
20146 Hamburg

hanseworkshop@gmail.com

http://www.threse.uni-hamburg.de/hanseworkshop2010/index.html
Redaktion
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Deutsch
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