1989 haben die Länder Ost- und Ostmitteleuropas den sozialistischen Weg zu einer gesellschaftlichen Modernisierung ad acta gelegt. Der
seinerzeit versprochene zukunftsweisende Fortschritt ist nicht nur nicht eingetreten, im Gegenteil, die Prozesse der gesellschaftlichen
Ausdifferenzierung wurden im Namen einer „harmonischen“ sozialen
Entwicklung für Jahre unterbunden. Die Folge war die Notwendigkeit Mauer und Stacheldraht aufzuziehen, um „Flüchtlinge aus der Zukunft“ zu stoppen.
1989 wurde in der Region ein neues Modernisierungsprojekt gestartet,
diesmal mit dem Ziel, an die westeuropäischen Entwicklungen
anzuschließen. Als Weg dorthin wählte man Importe: von Ideen,
Institutionen, Technologien und Kapital. Unweigerlich löste diese
Modernisierungsstrategie einen Konflikt aus, der mittlerweile auch den
„Kern“ der Europäischen Union ergriffen hat. Die Spannung zwischen dem Politischen und Ökonomischen, die die Diskussionen in Ost- und
Ostmitteleuropa seit Jahren stark polarisiert, ist im Verlauf der seit
2007 andauernden Finanzkrise auch im Westen präsent geworden. Der
Konflikt resultiert aus dem Widerspruch zwischen dem politischen Recht der Völker/Nationen auf Mitgestaltung der gesellschaftlichen Sphäre und den „ökonomischen Zwängen“, die mit der Sicherung des sozialen Fortschritts begründet werden. Die Transformationsdilemmata Ost- und Ostmitteleuropas stellen damit eine Variante der ambivalenten Entwicklungen der modernen Gesellschaften dar.
In den Vorträgen setzen sich international renommierte Experten mit
diesen Fragen auseinander. Im Sinne von Florian Znaniecki diskutieren
sie die Transformationsprozesse der letzten zwanzig Jahre als
Kulturphänomene, in denen dem „humanistischen Koeffizient“ eine
entscheidende Rolle beigemessen wird. Sie fragen nach den Besonderheiten und Universalitäten der Entwicklungen in der Region und sprechen darüber, welche gesamteuropäischen Auswirkungen diese Prozesse haben können.