Wie nationalsozialistisch waren die Deutschen?

Wie nationalsozialistisch waren die Deutschen?

Veranstalter
Evangelische Akademie Tutzing; in Koop. mit Department Psychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltungsort
Evang. Akademie Tutzing, Schlossstr. 2+4, 82327 Tutzing
Ort
Tutzing
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.12.2011 - 11.12.2011
Deadline
25.11.2011
Von
Dr. Ulrike Haerendel

Wie nationalsozialistisch waren die Deutschen?
Dieser Frage wollen wir aus historischer, sozialpsychologischer und psychoanalytischer Perspektive nachgehen und eine Diskussion zwischen den Disziplinen anregen.

Das NS-Regime war auf die Loyalität und Mitarbeit der Bevölkerung angewiesen. Den Beitrag der großen Mehrheit der Deutschen zum Funktionieren des Regimes zu untersuchen, fällt angesichts des Ausmaßes der NS-Verbrechen immer noch schwer. Die Einschätzung der Art und Tiefe der Bindung an den Nationalsozialismus wirft auch für die Kinder und Enkel der „Volksgenossen“ emotionale und moralische Probleme auf.

In der Forschung zur Motivbasis des Nationalsozialismus zeigen sich große Differenzen: Machten sich die meisten Deutschen den rassischen Antisemitismus der Nazis zu eigen? Standen sie den genozidalen Plänen des Regimes zustimmend oder distanziert gegenüber? Wie wichtig waren Führerkult und Inszenierungen der Volksgemeinschaft? Welche Bedeutung kam psychischen Motiven wie Größenvorstellungen, Rachewünschen, Gewaltfaszination, narzisstischen Gratifikationen zu? Erklärt sich die Akzeptanz der Ideologie und der Politik aus einer eher oberflächlichen Mobilisierung, aus opportunistischer Vorteilsannahme, aus resignierter Unterwerfung, aus Nationalstolz? Oder waren die Menschen durch den Nationalsozialismus psychisch so stark geprägt, dass diese Identifikationen auch nach 1945 weiterwirkten und sogar auf die nachfolgenden Generationen übertragen wurden?

Bis in die Gegenwart sind die Debatten über Motive und Ausmaß der (Mit-)Täterschaft von starken Emotionen und moralischen Verurteilungen geprägt. Das gilt selbst für die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen. Dem massiven Vorwurf, die Verbrechensbeteiligung zu verharmlosen oder zu entschuldigen, steht der Vorwurf einer Preisgabe wissenschaftlicher Standards zugunsten des moralischen Rundumschlags gegenüber.

Auf der Tagung wollen wir mit Hilfe einer durchgehenden Prozess-Beobachtung versuchen, die sicher auch dort aufkommenden Emotionen zu reflektieren.

Dr. Gudrun Brockhaus, Dr. Ulrike Haerendel

Programm

Freitag, 9.12.2011

18.00 Abendessen

19.00 Begrüßung und Grußwort

Dr. Ulrike Haerendel, Historikerin, Stellv. Direktorin, Evang. Akademie Tutzing

Prof. Dr. Heiner Keupp, Prof.em., Sozialpsychologie, LMU München

19.30 Herrenkinder
Film von Eduard Erne/Christian Schneider

21.00 Diskussion mit PD Dr. Christian Schneider, Sozialpsychologe, Frankfurt a.M.

Moderation: Heiner Keupp

Samstag, 10.12.2011

9.00 Einführung in das Tagungsthema
Dr. Gudrun Brockhaus, Sozialpsychologin, Psychoanalytikerin, München

I. IDEOLOGISCHER KONSENS?

9.30 "Davon haben wir nichts gewusst" - Die Deutschen und die Judenverfolgung
Prof. Dr. Peter Longerich, Historiker, Royal Holloway College, University of London

10.00 Interview mit Peter Longerich
Marina Mayer, Soziologin, Dr. Falk Stakelbeck, Psychoanalytiker, München

10.45 Kaffeepause

11.15 "Volksgemeinschaft" der Augenzeugen? Bilder als soziales Medium im Nationalsozialismus
PD Dr. Habbo Knoch, Historiker, Privatdozent an der Universität Göttingen, Geschäftsführer Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Celle

12.00 Diskussion (Fishbowl) zu den Beiträgen des Vormittags
Moderation: Marina Mayer, Dr. Falk Stakelbeck

12.45 Mittagessen

14.30 Tagungsbeobachtungen
Martin Weimer, Gruppenanalytiker

II. SELBSTMOBILLISIERUNG FÜR DIE VOLKSGEMEINSCHAFT?

14.45 Wie aus Deutschen Nazis wurden
Prof. Dr. Peter Fritzsche, Historiker, University of Illinois at Urbana, USA

15.30 Ein Kommentar zu Peter Fritzsche
J.-Utz Palußek-Spanl, Psychoanalytiker, München

15.50 Kaffeepause

16.15 Der doppelte Mythos von der Volksgemeinschaft: propagandistische Wunschformel und politische Fiktion
Prof. Dr. Hans Mommsen, Historiker, Prof. em. für Zeitgeschichte an der Universität Bochum, Feldafing

17.00 Diskussion (Fishbowl) zu den Beiträgen des

Nachmittags
Moderation: Dr. Ulrike Haerendel

18.00 Tagungsbeobachtungen
Martin Weimer, Gruppenanalytiker

18.15 Abendessen

19.30 "Urlaub von der Geschichte"-Identifikationsangebote der Spielfilmproduktion im Nationalsozialismus
Claudia Lenssen, Journalistin, Autorin, Filmkritikerin, Berlin

21.00 Diskussion
Moderation: Dr. Joachim Hohl, Sozialpsychologe, Department Psychologie, LMU München

Sonntag, 11.12.2011

III. ZUR PSYCHOLOGIE DES NATIONALSOZIALISMUS

9.00 Warum es schwierig ist (sich) einzugestehen, dass Morden Freude macht
Prof. Dr. Rainer Krause, Psychoanalytiker, Professor an der International Psychoanalytic University Berlin, Prof. em. f. Psychologie d. Univ. Saarbrücken

9.40 Diskussion im Plenum
Moderation: Dr. Joachim Hohl

10.00 Sozialpsychologie des Nationalsozialismus
Dr. Gudrun Brockhaus

10.30 Diskussion im Plenum
Moderation: Dr. Joachim Hohl

10.50 Pause

11.15 Podiumsdiskussion
Dr. Sophinette Becker, Sexualwissenschaftlerin, Frankfurt a.M., Prof. Dr. Peter Fritzsche, Priv.-Doz.
Dr. Christian Schneider, Prof. Dr. Malte Thießen, Historiker, Universität Oldenburg
Moderation: Dr. Joachim Hohl

12.30 Tagungsbeobachtungen und Feedback
Martin Weimer

12.45 Ende der Tagung mit dem Mittagessen

Kontakt

Rita Niedermaier

Evangelische Akademie Tutzing
08158-251-128
08158-996428

niedermaier@ev-akademie-tutzing.de

http://www.ev-akademie-tutzing.de
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