1881 öffnete Papst Leo XIII. das Vatikanische Archiv für die historische Forschung. Über Jahrzehnte und Jahrhunderte war dort eine Fülle von brisanten Dokumenten unter Verschluss gehalten worden, um das bestehende Machtgefüge nicht ins Wanken zu bringen. Der Drang nach dem lange Zeit im Verborgenen gehaltenen Wissen dieses Archivs war enorm. Nacheinander gründeten Frankreich, Österreich und schließlich auch Preußen Institute in Rom, um die dort bislang gehüteten Geheimnisse wissenschaftlich aufarbeiten zu können.
Immer wieder in der Geschichte haben unterschiedliche Institutionen Wissen gesammelt und vor dem Licht der Öffentlichkeit verborgen, z. B. um das bestehende System vor vermeintlichen „Verrätern“ zu schützen. Nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten Osteuropas vor nunmehr über 20 Jahren blieben enorme Mengen an Geheimdienstmaterial zurück. Es kann zu vielerlei Themen Aufschluss geben.
Wie geht man jedoch mit diesem Material um, besonders in einer Zeit, in der Täter und Opfer noch leben? Welche Zugriffe auf Geheimdienstakten sind derzeit in den ehemaligen Ostblock-Staaten möglich? Welche Schritte haben die einzelnen Länder und jungen Demokratien eingeleitet, um dieses Material auszuwerten? Was bedeutet die Öffnung ehemals geheimer Archive für die Erinnerungskultur einer Gesellschaft?
Zu einer Diskussion dieser und weiterer Fragen laden wir Sie herzlich ein in das Gebäude der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, das am Abend des 4. Dezember 1989 im Rahmen der Leipziger Montagsdemonstrationen friedlich von Demonstranten besetzt wurde und in dem sich heute das Museum in der „Runden Ecke“ befindet.
Eine gemeinsame Veranstaltung der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, der Sächsischen Akademie der Wissenschaften mit der Veranstaltungsreihe „Geisteswissenschaft im Dialog“.