Religiöse Gewalt als politische Praxis in der europäischen Moderne: 1848 bis heute

Religiöse Gewalt als politische Praxis in der europäischen Moderne: 1848 bis heute

Veranstalter
Dr. Eveline G. Bouwers; Prof. Dr. Heinz-Gerhard Haupt
Veranstaltungsort
Ort
Bielefeld
Land
Deutschland
Vom - Bis
30.11.2011 -
Website
Von
Bouwers, Eveline G.

Als im Jahre 1906, nur ein Jahr nach der Trennung von Kirche und Staat, die Inventare von religiösen Gemeinschaften erstellt werden sollten, kam es in verschiedenen französischen Kommunen zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Beamten und Bürgern. Trotz Warnung der Regierung, griffen lokale Behörden massiv auf Polizei und Armee zurück, was zum Widerstand von großen Teilen der katholischen Bevölkerung führte. Mehrere Verletzte und sogar Tote waren die Folge. Drei Jahre später kam es in Barcelona zu Gewalttätigkeiten, als Arbeiter gegen die Einberufung von 40.000 Reservisten für den Krieg um Melilla protestierten. Die Proteste richteten sich gegen Aristokratie und Bürgertum, deren Söhne sich vom Kriegseinsatz freikaufen konnten. Rasch wurde aber auch die auf konservativer Seite stehende katholische Kirche angegriffen. Hunderte von Klöstern und Kirchen wurden während der ‚tragischen Woche’ geplündert; einige Klerikale starben.

Die Anwendung von Gewalt zur Verteidigung bzw. Herausforderung religiöser Identitäten hat eine lange Geschichte. Die ‚Islamische Expansion’, die Kreuzzüge, die französischen Hugenottenkriege, der dreißigjährige Krieg zeigen, wie religiöse Zugehörigkeit eine entscheidende Rolle für das Auslösen von Krieg und politischer Gewalt spielte. Seit dem Westfälischen Frieden ist religiöse Gewalt, zumindest in Europa, angeblich seltener geworden. Besonders seit den Terroranschlägen am 11. September 2001, liegt der Fokus eher auf dem religiösen Terrorismus.

Ziel dieses Workshops ist es dagegen, die Anwendung von religiöser Gewalt innerhalb des europäischen politischen Raums seit 1848 zu behandeln. Es geht dabei sowohl um Gewalteinsatz zur Verteidigung religiöser Interessen als auch um Gewalt gegenüber Gläubigen. Folgende Fragen lassen sich stellen: Wann hat religiöse Gewalt eine entscheidende Rolle in der europäischen Geschichte nach 1848 gespielt und wie verhält sie sich zu den Entwicklungen im politischen Raum? Welche Akteure benutz(t)en religiöse Gewalt und zu welchem Zweck? Wie wurde/wird religiöse Gewalt legitimiert? Wie reagier(t)en politische Akteure auf religiöse Gewalt? Spielte religiöse Gewalt eine Rolle in Modernisierungs- und Demokratisierungsprozessen, oder führte sie stattdessen zu politischer Instabilität und wachsendem Konservatismus? Wann wird politische Gewalt religiös und religiöse Gewalt politisch?

Die Veranstalter haben den Workshop interdisziplinär konzipiert. Auf der einen Seite wird versucht, sowohl historische als auch aktuelle Beispiele von Gewaltanwendung in Weltanschauungskonflikten zu thematisieren. Dadurch steht die Teilnahme nicht nur Historikern offen, sondern auch Soziologen, Politikwissenschaftlern und Theologen. Auf der anderen Seite wird der Gewaltbegriff breit definiert. Anders, als es häufig in der Gewaltforschung der Fall ist, wird hier nicht nur physische sondern auch symbolische Gewalt – man denke an Gotteslästerung oder sonstige Verspottungen in Wort und Bild – miteinbezogen. Ziel des Workshops ist es zu untersuchen, inwieweit trotz des liberalen Vermächtnisses des 19. Jahrhunderts, religiöse Gewalt seit 1848 einen wichtigen Kommunikationsmechanismus im europäischen politischen Raum darstellt.

Der Workshop findet am Mittwoch den 30. November 2011 in Bielefeld statt. Die Universität Bielefeld wird die Reisekosten aller Teilnehmer bis zu einer Höhe von 200 Euro übernehmen. Zusätzlich wird sie in Ausnahmefällen, und nur wenn kein eigenes Budget vorhanden ist, ein Teil der Übernachtungskosten erstatten. Teilnehmer, die finanzielle Unterstützung für die Hotelkosten brauchen, sollten dieses schon in ihrer Anmeldung anmerken.

Für weitere Auskünfte schicken Sie bitte einen E-Mail an Dr. Eveline G. Bouwers (eveline.bouwers@uni-bielefeld.de). Abstracts von 200-400 Wörtern können bis Freitag den 22. Juli 2011 an gleiche Adresse eingereicht werden.

Programm

Kontakt

Dr. Eveline G. Bouwers

Universität Bielefeld
Universitätsstrasse 25
33615 Bielefeld

eveline.bouwers@uni-bielefeld.de