Religiöse Devianz im reformatorischen und konfessionellen Zeitalter

Religiöse Devianz im reformatorischen und konfessionellen Zeitalter

Veranstalter
Sonderforschungsbereich 804 „Transzendenz und Gemeinsinn“, Teilprojekt „Gottlosigkeit und Eigensinn. Religiöse Devianz in der Frühen Neuzeit“, Prof. Dr. Gerd Schwerhoff, TU Dresden
Veranstaltungsort
Ort
Dresden
Land
Deutschland
Vom - Bis
08.03.2012 - 10.03.2012
Deadline
10.06.2011
Von
SFB 804, Teilprojekt F "Gottlosigkeit und Eigensinn"

Die Tagung „Religiöse Devianz im reformatorischen und konfessionellen Zeitalter“ will Zuschreibungen von und Praktiken des Umgangs mit religiöser Abweichung zwischen 1500 und 1700 in den Blick nehmen. In der bisherigen Forschung standen insbesondere Fragen nach religiöser Identität, nach Mehr- oder Interkonfessionalität und nach der sozialen Praxis von verfolgten Gruppen im Mittelpunkt. Die Aspekte der Zuschreibung von und des Umgangs mit religiöser Devianz wurden hingegen weniger stark beachtet. Ziel der Tagung ist es, genau diese Zugänge stärker ins Zentrum der Fragestellung zu rücken.

Als religiöse Abweichung konnten zeitgenössisch sowohl Formen religiöser oder konfessioneller Heterodoxie als auch unterschiedlichste Ausprägungen eines als „unchristlich“ oder „gottlos“ gewerteten Lebenswandels gedeutet werden. Auf der Tagung sollen diese verschiedenen Phänomene religiöser Devianz diskutiert und einander gegenübergestellt werden. Zu fragen wäre hierbei unter anderem, welche interkonfessionellen Vergleichspunkte und Parallelen – zum Beispiel in Bezug auf überkonfessionell als „unchristlich“ stigmatisierte Verhaltensweisen – und welche konfessionellen Unterschiede im Umgang mit religiöser Devianz, deren Konstruktion, Stigmatisierung und Sanktionierung sich herausstellen lassen. Hierfür ist die Überlegung entscheidend, dass die Idee eines durch ein einheitliches Glaubens- und Sittenfundament geschlossenes corpus christianum unter den Bedingungen herrschaftlicher, konfessioneller und lebensweltlicher Heterogenität frühneuzeitlicher Gesellschaften und (Stadt-)Gemeinschaften vielfach durch alternative Bezugssysteme gebrochen sein konnte.

Mit der Einnahme der Devianz-Perspektive geraten überdies der Normenhorizont und die norm(durch)setzenden Akteure genauer in den Blick. Denn Devianz lässt sich, so eine zentrale Annahme des Tagungskonzepts, allein relational verstehen. Das Verhältnis von Devianzkonstruktionen zu Normen, zu normsetzenden Obrigkeiten und sozialen Bezugsgruppen im Alltag gilt es somit auch auf der Tagung genau zu bestimmen. Des Weiteren wären unter diesem Punkt Fragen nach Argumenten oder Argumentationsfiguren, die zur Begründung bzw. Rechtfertigung der Ahndung religiöser Abweichung herangezogen werden konnten oder vielleicht sogar mussten (z. B. „Zorn Gottes“), zu diskutieren.

Neben diesen Zuschreibungsprozessen von Außen will die Tagung aber auch die Dimension des Selbstverständnisses der „Devianten“ selbst berücksichtigen. So ist nach Formen der gruppenspezifischen oder individuellen Aneignung der und Reaktionen auf die von Außen herangetragenen Stigmatisierungen zu fragen. Findet sich beispielsweise ein ‚eigensinniger‘ Umgang mit dem Konformitätsdruck bei gleichzeitiger konfessioneller Heterogenität (Dissimulation, Indifferentismus, Konversion)? Zudem konnten die als deviant Beschriebenen sich nicht nur als nicht-deviant, sondern darüber hinaus ihre Umwelt als abweichend von christlichen Idealen und Normen wahrnehmen, wie es sich etwa bei den verschiedenen Spielarten des Täufertums zeigt. Auch diese Mehrdimensionalität der Phänomene religiöser Devianz soll auf der Tagung schärfer konturiert werden.

Gewünscht sind insbesondere Beiträge, die Erscheinungsformen religiös konnotierter Devianz in einem weiteren Sinn – von Häresie und Blasphemie über Aufruhr, Sittendelikte und Magie bis hin zu „Übelhausen“ oder Trunksucht – exemplarisch beleuchten oder in Fallstudien zu einzelnen Orten bzw. Herrschaftsgebiete vergleichend untersuchen. Aber auch Referate zu einschlägigen Diskursen aus politikgeschichtlicher, rechtsgeschichtlicher, kunstgeschichtlicher oder literaturwissenschaftlicher Perspektive sind willkommen.

Die Tagung wird ausgerichtet vom Teilprojekt F „Gottlosigkeit und Eigensinn. Religiöse Devianz in der Frühen Neuzeit“ unter Leitung von Prof. Dr. Gerd Schwerhoff im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 804 „Transzendenz und Gemeinsinn“ an der Technischen Universität Dresden. Die Tagung findet an der Technischen Universität Dresden vom 8. bis zum 10. März 2012 statt.

Bei Bewerbungen wird um ein kurzes Abstract (ca. 300 Wörter) gebeten, zu richten an Eric Piltz (Eric.Piltz@tu-dresden.de). Bewerbungsende ist der 10. Juni 2011. Tagungs- und Abstract-Sprachen sind Deutsch und Englisch.

Programm

Kontakt

Eric Piltz, M.A.

TU Dresden
SFB 804, TP F
01062 Dresden
Tel. +49 (0)351 463 35720
Fax. +49 (0)351 463 37774

eric.piltz@tu-dresden.de

http://www.sfb804.de